KW 32: Funkfrequenzen, Kritik von Henryk M. Broder, Volksabstimmung gegen Hohenzollern, …

... Kulturpolitischer Problemfall Italien, gamescom congress, #Unteilbar Sachsen, Veranstaltungen, Buchempfehlung der Woche

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

für Theater, Orchester und andere Veranstalter sind Funkmikrofone unverzichtbar, damit die Künstlerinnen und Künstler das Publikum erreichen. Bei Musiktheatern sind aufwendige Performances überhaupt nur mit Funkmikrofonen möglich. Jedes einzelne Mikrofon braucht eine eigene Frequenz, die bei der Aufführung nicht gestört werden darf. Dafür eignen sich aber nur bestimmte Frequenzen.

 

In den vergangenen Jahren gingen für den Kulturbereich durch die Versteigerung der Rundfunk- und Kulturfrequenzen an den Mobilfunk bereits die Hälfte der für diesen Sektor wichtigen Frequenzen verloren. Auch wenn es sich vorrangig um eine technische Frage zu handeln scheint, geht es im Kern um nicht weniger als die Funktionsfähigkeit der Kultur- und Kreativwirtschaft. Denn neben den Theatern und Orchestern sind viele weitere Veranstalter, wie z.B. Kirchen, Stadthallen, soziokulturelle Zentren, Volksfeste von dem Thema betroffen.

 

Die im Oktober 2019 beginnenden Weltfunkkonferenz (WRC-19) könnte weitere Rundfunk- und Kulturfrequenzen (600 MHz-Band) für den Mobilfunk öffnen. Die Bundesregierung muss sich bei der WRC-19 dafür einsetzen, dass das 600 MHz-Band nicht für den Mobilfunk freigegeben wird und langfristig für den Rundfunk und die Kultur- und Kreativwirtschaft gesichert wird und sie muss schnellstens in einen Masterplan vorlegen, damit ausreichend und geeignete Frequenzbereiche für den dauerhaften Einsatz von Funkmikrofonen erhalten bleiben. Lesen Sie hier die Stellungnahme des Deutschen Kulturrates „Deutscher Kulturrat fordert Masterplan für Kulturfrequenzen“ zu diesem wichtigen Thema.

 

Weitere kulturpolitische Nachrichten aus der 32. KW:

 

  • Immer wenn Henryk M. Broder sich in einer seiner ironischen Veröffentlichung mit dem Deutschen Kulturrat beschäftigt, haben wir etwas falsch gemacht. Auch dieses Mal legt Broder seinen Finger in eine von mir zu verantwortende Wunde. Er schreibt: „Und deswegen unterstützen wir die Forderung des Geschäftsführers des Deutschen Kulturrates vom ganzen Herzen. Mehr Kultur wagen! Was uns nur ein wenig stutzig macht, ist die Forderung, es dürfe „keine Sonderbehandlung der Kultur“ mehr geben. War auf dem letzten Kirchentag wirklich die Endlösung der Kulturfrage geplant?“ Recht hat er, der Begriff „Sonderbehandlung“ in der von mir verfassten Pressemitteilung war deplatziert. Sorry! (Lesen Sie hier den ganzen Text von Broder.)

 

  • Die Linke in Brandenburg will eine Volksabstimmung gegen die Rückerstattungsansprüche der Hohenzollern starten. Dies ist sicher auch eine PR-Maßnahme im Landtagswahlkampf. Ziel sei es, so die Linke, „kein Eigentum des Volkes an die Hohenzollern zu verschenken“. Die Hohenzollern verhandeln schon seit Jahren in Geheimverhandlungen mit dem Kulturstaatsministerin Monika Grütters und den Ländern Berlin und Brandenburg über die Rückgabe von Kunstgegenständen und Schlössern, die einmal im Besitz der Familie waren. Beim Begriff „Eigentum des Volkes“ musss ich unwillkürlich an so eine Art neuer VEB Kultur denken, doch wo die Linke Recht hat, eine neue Adels-Kultur ist noch verstörender.

 

  • Nach Ungarn und Polen wird Italien immer mehr zu einem kulturpolitischen Problemfall. Der scheidende Leiter des Museums Palazzo Ducale in Mantua, Peter Assmann, beklagt eine Nationalisierung und eine Zentralisierung der italienischen Kulturpolitik. Unter dem Kulturminister Alberto Bonisoli, der der Fünf-Sterne-Bewegung angehört, sei eine „Kehrtwendung“ erfolgt, sagte Peter Assmann. Wörtlich sprach er von einem kulturpolitischen Motto des „Ausländer raus“. Gestern Abend hat der italienische Innenminister und Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, erklärt, er sehe keine Zukunft mehr für das Regierungsbündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung. Vielleicht könnten Neuwahlen oder ein neues Regierungsbündnis in Italien zu einer kulturpolitischen Befreiung führen. Die Hoffnung stirbt zuletzt!

 

  • Der gamescom congress (21. August, Köln Messe), die auch in diesem Jahr wieder in Kooperation mit dem Deutschen Kulturrat stattfindet, ist Europas führende Konferenz für die Potenziale von Computer- und Videospielen. Über 100 Sprecherinnen und Sprecher aus dem In- und Ausland zeigen in mehr als 40 Keynotes, Panels und Talks auf, wie Computerspiele und Games-Technologien in nahezu allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen wichtige Impulse für Innovationen und Digitalisierung geben. Der gamescom congress findet alljährlich im Rahmen der gamescom statt, dem weltweit größten Event für digitale Spiele. Neben namhaften Sprecherinnen und Sprechern aus Afrika, Amerika, Asien und Europa werden erneut zahlreiche Spitzenpolitiker erwartet. Das weitere Programm des Tages verteilt sich auf die Themenschwerpunkte „Lernen mit Games“, „Leben mit Games“, „Zukunft mit Games“ und „Recht und Games“. Das komplette Programm und Karten für den gamescom congress gibt es auf www.gamescom-congress.de.

 

Der gamescom congress ist für Lehrer und Pädagogen als Fortbildungsmaßnahme anerkannt. Sie sehen, Computerspiele können sogar pädagogisch wertvoll sein, also auf nach Köln!

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


#UNTEILBAR Sachsen – Großdemonstration in Dresden

 

Für eine offene und freie Gesellschaft – Solidarität statt Ausgrenzung Demokratie, Menschenrechte, soziale und gesellschaftliche Teilhabe sind nichts, was einfach da ist. Sie müssen täglich erstritten und verteidigt werden. Angesichts der fortschreitenden Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten hat sich das sächsische #unteilbar-Bündnis gegründet, um gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft einzustehen. Mit unserem Bündnisaufruf stellen wir uns deutlich gegen die politische Verschiebung und erteilen Rassismus und Menschenverachtung eine klare Absage. Wir lassen nicht zu, dass Sozialstaat, Flucht und Migration gegeneinander ausgespielt werden. Daher laden wir euch herzlich dazu ein, euch hier dem Aufruf anzuschließen.

 

Weitere Informationen zur Großdemonstration am 24. August 2019 in Dresden sowie zu weiteren Veranstaltungen und Aktionen von #UNTEILBAR Sachsen finden Sie hier.

 


Veranstaltungen des Deutschen Kulturrates

 

21.08.2019: Spielen versetzt Berge – gamescom congress

• Termin: 21.08.2019 • 12:00 – 13:00
• Ort: Messegelände Köln (parallel zur gamescom)
• Aufzeichnung und Ausstrahlung durch WDR3 •

 

Milliarden Menschen weltweit lieben digitale Spiele – es sind Menschen mit ganz vielfältigen kulturellen Hintergründen und Lebensumständen. Weil Games zunehmend online gespielt werden, miteinander und gegeneinander, entscheidet schriftliche und verbale Kommunikation nicht nur über Sieg und Niederlage, sondern auch über die Qualität der menschlichen Erfahrung im Spiel. Spiele bauen Brücken, überwinden Gräben und lassen ungewöhnliche Freundschaften entstehen. Gleichzeitig können Spielinhalte aber auch Sichtweisen auf Kulturen und gesellschaftliche Minderheiten kultivieren und verfestigen. Das Panel diskutiert im Rahmen einer Kooperation mit der „Initiative kulturelle Integration“ und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturrat die Integrationskraft von Computerspielen als gemeinsame, kulturübergreifende Erfahrung und die Möglichkeiten und Herausforderungen in einer sich zunehmend diversifizierenden Gesellschaft. WDR3 zeichnet die Diskussion auf.

 

Diskussion mit:

 

Prof. Dr. Linda Breitlauch, Professorin für Game Design, Hochschule Trier
Aiman Mazyek, Vorsitzender, Zentralrat der Muslime in Deutschland
Kathrin Trattner, Lehrbeauftragte und Doktorandin, Karl-Franzens-Universität Graz
Olaf Zimmermann, Geschäftsführer Deutscher Kulturrat, Sprecher der Initiative kulturelle Integration

 

Weitere Informationen finden Sie hier!

 


21.08.2019: Workshop „Flucht und Spiel“ – gamescom congress

 

• Termin: 21.08.2019 • 15:15
• Ort: Messegelände Köln (Parallel zur gamescom)

 

„Flucht und Spiel“ titelt der Workshop, der am 21. August 2019 um 15.15 Uhr an die Paneldiskussion „Spielen versetzt Berge“ anschließt.

 

Nach einer Begrüßung durch den Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Sprecher der Initiative kulturelle Integration, Olaf Zimmermann und einer Einführung durch den Historiker Felix Zimmermann werden Georg Hobmeier, Produzent Causa Creations und Abdullah Karam, Protagonist und gleichzeitig Entwickler des Computerspiels „Path out“, das weltweit einzigartige autobiografische Spiel einer Flucht aus Syrien vorstellen.

 

Der Workshop bietet damit Einblick in den Bereich der Entwicklung von Dokumentarfilm-Computerspielen und untersucht den Einsatz von „Path out“ für die Integrationsarbeit oder den Unterricht an Schulen.

 

Weitere Informationen finden Sie hier!

 


03.09.2019: Zweite Jahrestagung der Initiative kulturelle Integration

 

Im dritten Jahr ihres Bestehens lädt die Initiative Integration am 3. September 2019 ab 10.00 Uhr zu ihrer Jahrestagung in die Michael Blumenthal Akademie des Jüdischen Museums in Berlin.

 

Einen „Klimawandel in der Kommunikation“ weg von der „Empörungsdemokratie“ fordert der Medienwissenschaftler Prof. Dr. Bernhard Pörksen der Universität Tübingen, der den Eröffnungsvortrag halten wird.

 

Vor dem Hintergrund der bereits stattgefundenen Europaparlamentswahlen und der drei anstehenden Landtagswahlen in Deutschland, sowie der Jubiläen: 70 Jahre Grundgesetz, 30 Jahre Wiedervereinigung und 100 Jahre Weimarer Republik soll in diesem Jahr das Thema „Zusammenhalt und Demokratie“ den Fokus der Jahrestagung bestimmen. Dabei wird hierzu insbesondere die Rolle der Medien kritisch zu beleuchten sein.

 

Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters, MdB und die Präsidentin des Deutschen Kulturrates Prof. Dr. Susanne Keuchel eröffnen die Tagung.

 

Anschließend diskutieren prominente Vertreter verschiedener Medienrichtungen über die Demokratiewachsamkeit in Zeiten des sogenannten Strukturwandels der Öffentlichkeit durch die digitalen Medien.

 

Am Nachmittag findet ein Perspektivwechsel von den „Sendern“ zu den „Empfängern“ von Informationen statt. In einer zweiten Diskussionsrunde wird die Frage gestellt: Was tun wir und tun wir genug, um Bürgerinnen und Bürgern, egal ob oder ohne Migrationshintergrund, die Chance zu geben, sich zu bilden und zu informieren, um an demokratischen Prozessen teilhaben zu können? Hier sollen auch Sie zu Wort kommen. Diese Podiumsrunde diskutiert im Fischbowl-Format, sodass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Diskussion Ihre Meinungen, Ideen und Argumente unmittelbar einbringen können.

 

Das Programm der Jahrestagung sowie das Anmeldeformular finden Sie hier.
• Die Teilnahme an der Jahrestagung ist kostenlos.

 


06.09.-07.09.2019: Geht Heimat immer nur verloren oder kann sie neu entstehen?

 

Leipzig: Freitag, den 06.09. bis Samstag, den 07.09.2019

 

Ein kritischer Blick auf den Kulturbegriff Heimat. Die Veranstaltung ist ein Kooperationsprojekt mit dem BUND, mit Unterstützung durch den Rat für Nachhaltige Entwicklung.

 

Das Programm:

 

14:30 Uhr: Führung durch das Museum der bildenden Künste Leipzig durch Freiherr Speck von Sternburg. Er ist der Nachfahre eines berühmten Wollhändlers, der, aus Süddeutschland kommend, zum Kunstmäzen in der Stadt wurde. 1994 wurde ihm die Familien-Kunstsammlung rückübertragen. 1996 gründete er die Maximilian Speck von Sternburg-Stiftung, um die Sammlung der Stadt Leipzig zur öffentlichen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die Sammlung umfasst 202 Gemälde, 126 Zeichnungen, mehr als 500 druckgrafische Blätter aus dem 14. bis 19. Jahrhundert. Mit Freiherr Speck von Sternburg werden wir auch besprechen, welchen Beitrag Kunst und Kultur zur Beheimatung leisten kann. Kaffeepause im Museum (Achtung: begrenzte Teilnehmendenzahl)

 

16:30 Uhr: Lesung von Regine Möbius „Schneisen der Zeitgeschichte“ im Museum der bildenden Künste Leipzig

 

18.30 Uhr: Diskussion inmitten des Museums der bildenden Künste Leipzig:

 

Geht Heimat immer nur verloren oder kann sie neu entstehen? Kritischer Blick auf den Kulturbegriff Heimat

 

• Grußwort des Museums der bildenden Künste Leipzig
• Begrüßung: Susanne Keuchel, Präsidentin Deutscher Kulturrat
• Intermezzo: Sprachkultureller Beitrag von Gunter Böhnke
• Einführung: Helix Heyer, Leipzigerin von der BUNDjugend

 

Podiumsdiskussion:

 

Regine Möbius (Schriftstellerin)
Valerie Schönian (Journalistin, Schriftstellerin)
Hubert Weiger (Vorsitzender BUND)
Olaf Zimmermann (Geschäftsführer Deutscher Kulturrat)

 

Moderation: Reinhard Bärenz, Leiter der Hauptredaktion Kultur MDR

 

Die Podiumsdiskussion wird aufgezeichnet und zu einem späteren Zeitpunkt vom MDR Hörfunk gesendet.

 

Am Samstagvormittag (07.09.2019) gibt es ein zusätzliches Programm-Angebot im Neuseenland, einem ehemaligen Braunkohle-Tagebaugebiet. Dieses wird vom BUND Leipzig organisiert. Dabei sollen auch Gespräche mit Betroffenen geführt werden, die früher hier lebten und durch den Braunkohlebergbau ihre Heimat verloren haben. Gemeinsam erleben wir mit Bus und Boot, wie Heimat zerstört wurde und vollkommen anders neu entstanden ist.

 

Hier können Sie sich anmelden.

 


Buchempfehlung der Woche: Wertedebatte – Von Leitkultur bis kulturelle Integration

 

Die Debatte um die Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten und auf die sich die Mehrheit, der in Deutschland Lebenden beziehen, gleicht einer Fieberkurve. Mal geht die Tempe¬ratur hoch, hitzig, fieberhaft wird diskutiert, gestritten, polemisiert, was erlaubt ist, was in Deutschland üblich ist, wer was tun muss, um dazugehören, wie unsere Leitkultur auszusehen hat. Dann wieder sinkt die Temperatur der Debatte etwas. Es finden mehr sachliche Diskussionen statt, die sich durch ernsthaftes Nachdenken und eine kritische Reflexion auszeichnen. Die Wertedebatte gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Diskussionen der letzten Jahre.

 

Spätestens nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen am 01. September wird die Diskussion wieder aufflammen.

 

In dem Buch „Wertedebatte – Von Leitkultur bis kulturelle Integration“ sind Beiträge aus Politik & Kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates aus über zehn Jahren zusammengefasst, die viele Facetten der Fieberkurve zeigen.

 

Es geht um die Themen Leitkultur, Werte und Tugenden, den Kulturstaat und das Staatsziel Kultur, die Kunstfreiheit, die Diskussion um einen Kanon, um die Fragen Was ist deutsch? Was ist Heimat?, um Deutschland vom Auswanderungs¬ zum Einwanderungsland, um kulturelle Integration und Erwerbsarbeit, um kulturelle Integration als Thema der Medien und der Zivilgesellschaft, um kulturelle Integration als Aufgabe für Kultureinrichtungen und der kulturellen Bildung und die besondere Rolle der Religion in der Integrationsdebatte.

 

Hg. v. Olaf Zimmermann und Theo Geißler ISBN: 978-3-947308-06-4, 548 Seiten, 22,80 Euro

 

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Ältere kulturpolitische Wochenreporte können Sie hier nachlesen. 

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