Selbständigkeit sichern – Scheinselbständigkeit entgegentreten

Stellungnahme des Deutschen Kulturrates

Berlin, den 09.01.2019. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, setzt sich für gute Arbeit im Kultur- und Medienbereich ein. Künstlerinnen und Künstler sowie andere im Kultur- und Medienbereich Tätige haben ähnlich anderen Freiberuflern und abhängig Beschäftigten das Recht und den Anspruch auf angemessene Vergütung sowie adäquate Arbeitsbedingungen.

 

Die Arbeitswelt im Kultur- und Medienbereich ist durch unterschiedliche Formen der Erwerbstätigkeit geprägt. Im Vergleich zu anderen Branchen zeichnet sie sich durch einen hohen Anteil an Selbständigen unter den Erwerbstätigen aus.

 

Die Angehörigen vieler Berufsgruppen aus dem Kultur- und Medienbereich arbeiten selbständig und sind, sofern die Kriterien erfüllt sind, in der Künstlersozialversicherung versichert. Dies gilt auch dann, wenn die Betreffenden für längere Zeit ausschließlich für einen Auftraggeber arbeiten, weil der Umfang des Auftrags dies gebietet. Überdies gehört die Selbständigkeit zum Selbstverständnis von vielen Künstlerinnen und Künstlern. Des Weiteren brauchen Kultur- und Medienunternehmen bzw. Kultur- und Bildungseinrichtungen Spezialistinnen und Spezialisten für begrenzte Zeiträume und spezifische Aufgaben. Spezialisierte Freiberuflerinnen und Freiberufler bieten hier optimale Lösungen.

 

Neben der gewünschten und selbstgewählten Selbständigkeit gibt es im Kultur- und Medienbereich aber auch Scheinselbständigkeit. Wenn Erwerbstätige nur für einen Auftraggeber tätig, in den betrieblichen Ablauf eingebunden und weisungsgebunden sind, wenn sie an vom Auftraggeber bestimmten Orten arbeiten und in kurzen Abständen über ihre Arbeit Bericht erstatten müssen, dann handelt es sich um Scheinselbständigkeit. Der Deutsche Kulturrat sieht das Erfordernis, Scheinselbständigkeit entgegen zu treten.

 

Ein Grund für Scheinselbständigkeit im Kultur- und Medienbereich ist der Mangel an Stellen für abhängig Beschäftigte. Dies gilt unter anderem für öffentlich geförderte Kultur- und Medienbetriebe, die feste Stellenpläne haben. Um die Aufgaben zu erfüllen, werden Erwerbstätige zwar als Selbständige beauftragt, sind aber so intensiv in den betrieblichen Ablauf eingebunden und weisungsabhängig, dass es sich um Scheinselbständigkeit handelt.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert daher die öffentliche Hand, Bund, Länder und Kommunen, sowie Stiftungen auf, geförderte Einrichtungen so auszustatten, dass mit abhängig Beschäftigten gearbeitet werden kann. Ausreichende Personalmittel sind eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Arbeit. Das schließt nicht aus, mit Freiberuflerinnen und Freiberuflern inhaltlich und zeitlich befristet zusammenzuarbeiten, wenn sie ihr Spezialwissen einbringen und weisungsunabhängig sind. Was die Honorierung angeht, müssen hier die öffentliche Hand und gemeinnützige Stiftungen eine Vorbildrolle für angemessene Vergütung einnehmen.

 

Bei Betrieben und Einrichtungen des Kultur- und Medienbereiches sowie bei Unternehmen anderer Branchen besteht darüber hinaus Unsicherheit hinsichtlich der Einordnung von Erwerbstätigen als Selbständige oder als abhängig Beschäftigte. Das liegt unter anderem an unterschiedlichen Auffassungen der Deutschen Rentenversicherung bei Betriebsprüfungen. Das führt teilweise dazu, dass Selbständige in die abhängige Beschäftigung gedrängt werden oder dass statt mit Selbständigen mit abhängig Beschäftigten gearbeitet wird. Selbständige verlieren so Auftraggeber, was ihre Existenz bedrohen kann. Andere Auftraggeber behalten bis zur endgültigen Statusfeststellung einen Teil des Honorars ein, um gegebenenfalls nachträglich anfallende Sozialabgaben entrichten zu können. Dies geht letztlich zu Lasten der Auftragnehmer. Zumal überdies die Statusfeststellungsverfahren deutlich zu lang dauern.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert ferner den Gesetzgeber auf, die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD zugesicherte Beschleunigung der Statusfeststellungsverfahren schnell umzusetzen. Die bestehende Praxis geht letztlich zu Lasten der Auftragnehmer, die sich vielfach ohnehin in einer schwächeren Position befinden.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert daher die Sozialversicherungsträger auf, bei der Erarbeitung der Besprechungsergebnisse den Sachverstand aus den Verbänden einzubeziehen. Die Gewerkschaften und Berufsverbände sowie die Branchenverbände aus dem Kultur- und Medienbereich bieten ihre Expertise aus der konkreten Arbeitswelt an, um sachgerechte Lösungen zu entwickeln, die den Spezifika der jeweiligen Branchen Rechnung tragen. Die Besprechungsergebnisse müssen bundeseinheitliche Anwendung finden, um so Rechtssicherheit für die Betriebe und die Selbständigen herzustellen.

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