Marktverzerrung durch Mehrwertsteueränderung entgegen wirken

Resolution des Deutschen Kulturrates

Berlin, den 07.05.2012. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, verfolgt mit großer Sorge, dass die Bundesregierung offenkundig der Aufforderung der EU-Kommission Folge leisten und den ermäßigten Umsatzsteuersatz für bildende Kunst abschaffen will. Dieses wird den Kunstmarkt empfindlich treffen und steht im Widerspruch zu der ansonsten von der Bundesregierung betriebenen Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft. Der Kunstmarkt gehört zu den kulturwirtschaftlichen Märkten, der bislang ohne direkte Unterstützungsmaßnahmen sich im internationalen Handel bewährt hat. Eine zentrale indirekte Förderung ist dabei die ermäßigte Umsatzsteuer für Kulturgüter.

 

Im Jahr 2007 wurde eigens die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung ins Leben gerufen, um die „Wettbewerbsfähigkeit der Kultur- und Kreativwirtschaft zu stärken und das Arbeitsplatzpotenzial noch weiter auszuschöpfen. Darüber hinaus sollen die Erwerbschancen innovativer kleiner Kulturbetriebe sowie freischaffender Künstlerinnen und Künstler verbessert werden.“ Die geplante Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für die bildende Kunst ist aber genau das Gegenteil. Die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kunstmarktes verschlechtert sich und die Erwerbschancen innovativer, kleiner Galerien werden sich verringern.

 

Das Argument der Bundesregierung, dass Deutschland bereits seit vielen Jahren EU-rechtswidrig den ermäßigten Umsatzsteuersatz für bildende Kunst anwendet, zieht aus Sicht des Deutschen Kulturrates nicht. Die Bundesregierung hätte sich bereits seit Jahren für eine Aufnahme von Gegenständen der bildenden Kunst in die Liste derjenigen Gegenstände und Dienstleistungen einsetzen können, die mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz belegt werden können. Hier wurde über viele Jahre nicht gehandelt, so dass nun der Kunstmarkt den Schaden tragen muss.

 

Spätestens mit der Ratifizierung der „UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ (Konvention Kulturelle Vielfalt) durch die Bundesrepublik Deutschland sowie die Europäische Union im Jahr 2005 stand ein völkerrechtlich verbindliches Instrument zur Verfügung, um Maßnahmen zur Schutz des Kunstmarktes zu ergreifen. Die Konvention Kulturelle Vielfalt ist auch ein Instrument zum Schutz und zur Förderung der Kulturmärkte. Es ist daher ausdrücklich vorgesehen, dass politische Maßnahmen ergriffen werden können, um die Kulturwirtschaft zu schützen und zu stärken.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert die Bundesregierung auf, sich unverzüglich für eine Änderung der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie stark zu machen, damit Gegenstände der bildenden Kunst uneingeschränkt nachdem nationalen Recht mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz belegt werden können.

 

Da diese Änderung im europäischen Recht einige Zeit in Anspruch nehmen wird, sieht der Deutsche Kulturrat die Bundesregierung gefordert, entsprechende Ausgleichsmaßnahmen für die Verschlechterung der Rahmenbedingungen des heimischen Kunstmarktes jetzt zu ergreifen.

 

Der Deutsche Kulturrat geht davon aus, dass die Bundesregierung mit der Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes ausschließlich darauf abzielt, dem angedrohten Vertragsverletzungsverfahren zu entgehen. Der Deutsche Kulturrat folgert daraus, dass kein fiskalischer Nutzen intendiert ist.

 

Er fordert daher, dass die Bundesregierung mindestens folgende Maßnahmen ergreift:

  • im Rahmen der Möglichkeit der EU-Mehrwertsteuerrichtliche Verkäufe direkt vom Künstler weiterhin mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7% zu besteuern, wie es beispielsweise in Frankreich gemacht wird,
  • eine Verbesserung der Margenbesteuerung ähnlich den in Frankreich für den Bereich des Kunsthandels geltenden Regelungen, so dass eine pauschale Handelsspanne von 25 % des Verkaufspreises als Marge dem regulären Umsatzsteuersatz unterworfen werden kann,
  • eine Klarstellung im Anwendungserlass zum Umsatzsteuergesetz, dass die Margenbesteuerung auch für neue Werke gilt,
  • eine Verstärkung der Messeförderung für den Kunsthandel,
  • eine Erhöhung der Ankaufsetats von Museen, damit diese nicht zusätzlich ihre Ankäufe aufgrund höherer Preise, verringern.
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