Berlin, den 19.06.2025. Der Deutsche Kulturrat[1], der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt ausdrücklich, dass in den nächsten zwölf Jahren 500 Milliarden Euro investiert werden sollen, um die Infrastruktur in Deutschland zu ertüchtigen und dass 100 Milliarden Euro für den Klima- und Transformationsfonds bereitgestellt werden sollen. Gleichfalls unterstützt der Deutsche Kulturrat, dass den Ländern und Kommunen aus den zur Verfügung stehenden Summen Mittel zugewiesen werden sollen, um in die Infrastruktur zu investieren.
Der Deutsche Kulturrat fordert für die Umsetzung:
- dass die Kultur wie die Verkehrsinfrastruktur, Bildung und Sportstätten integraler Teil des Investitionspakets wird,
- dass Bund, Länder und Kommunen Investitionen in die kulturelle Infrastruktur im Rahmen des Investitionspakets vorsehen,
- dass neben der öffentlichen Hand auch private Eigentümer von Kulturimmobilien und kulturell nutzbaren Gebäuden an den Investitionsmitteln partizipieren können, sofern sie sich zu einer weiteren Kulturnutzung zu günstigen Konditionen (z. B. Mietbindung) verpflichten,
- dass bei den Antrags- und Vergabeverfahren im Kulturbereich die Expertise von Fachverbänden genutzt wird,
- dass bei der Umsetzung die Bauantrags- und Zuwendungsverfahren verschlankt und die Digitalisierung vorangetrieben werden, um möglichst schnell die Mängel zu beseitigen,
- dass Investitionen in die technische Infrastruktur des Kulturbereiches Teil der Investitionsvorhaben werden,
- dass bei allen Bauvorhaben grundsätzlich die Sanierung, Modernisierung und Umnutzung von Bestandsbauten einen Vorrang vor Neubau und Ersatzneubau erhalten, insbesondere bei baukulturell bedeutsamen bzw. denkmalgeschützten Bauten,
- dass in visiblen und sensiblen Bereichen wie Innenstädten, Denkmalbereichen und geschützten Landschaften baukulturell qualitätssichernde Verfahren eingehalten werden.
Begründungen
Der vielfach konstatierte Investitionsstau, der mittels Investitionspaket aufgelöst werden soll, kann auch im Kulturbereich festgestellt werden, für den das Deutsche Institut für Urbanistik allein im Verantwortungsbereich der Kommunen einen Investitionsstau von 2,4 Milliarden Euro ermittelt. Hierin sind die Investitionsbedarfe der Länder, des Bundes und nicht staatlicher Akteure im Kultursektor noch nicht enthalten. Es bedarf also einer konzertierten Aktion von Bund, Ländern und Kommunen, um Kulturorte zu sanieren und zu erweitern, sowie auch zur Errichtung neuer Bauten und Einrichtungen. Das Investitionspaket ist hierfür das richtige Signal.
Das Investitionspaket der Bundesregierung betrifft den Kulturbereich mehrfach: Zum einen besitzt jedes Bauvorhaben auch eine baukulturelle Dimension, dies gilt insbesondere in visiblen und sensiblen Bereichen wie Innenstädten, Denkmalbereichen und geschützten Landschaften. Gebäude und Infrastrukturbauten bilden nicht nur die physische Grundlage einer funktionierenden Gesellschaft, sondern prägen das soziale Miteinander und wirken identitätsstiftend. Im Sinne der „Bauwende“, des Paradigmenwechsels hin zu Erhalt und Qualifizierung des Baubestandes, kommt dabei der Sanierung, Modernisierung und Umnutzung von Bestandsbauten ein besonderes Gewicht zu.
Zum anderen finden viele kulturelle Aktivitäten – angefangen bei künstlerischen Produktionsprozessen und Proben über Unterricht und die Präsentation bis zur Nutzung durch unterschiedliche Publika – in Gebäuden statt, die spezielle Anforderungen und Architekturen aufweisen.
Kultur und mithin die Kulturorte sind für eine resiliente Gesellschaft unverzichtbar. Kulturorte sind Orte der Verständigung und Reflektion, sie sind Begegnungsstätten von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Geschichte sowie verschiedenen Alters, sie bieten Raum zur Information, zum Austausch, zum gemeinsamen Tun und nicht zuletzt zur Zusammenkunft und zum Verweilen. An ihnen und durch sie wird das kulturelle Erbe bewahrt und gepflegt. Sie sind Bildungsorte, und sie sind Identifikationsorte für die Bürgerinnen und Bürger. Kulturorte bieten Räume für Aushandlungsprozesse und damit für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie tragen dazu bei, dass kulturelles Handeln, Wohnen, Leben, Bildung und Arbeiten stärker miteinander verzahnt werden, was für die Lebendigkeit von Stadtvierteln, speziell auch für Innenstädte, bedeutsam ist. Kulturelle Infrastruktur und soziale Infrastruktur sind eng miteinander verbunden, müssen zusammengedacht und gefördert werden.
Kulturorte und -gebäude, in denen die Kulturakteure arbeiten, befinden sich sehr oft in einem schlechten baulichen und technischen Zustand und entsprechen oft nicht den aktuellen Nutzungsanforderungen, was Energieeffizienz, Lärmschutz, Akustik, Licht, Barrierefreiheit und andere Voraussetzungen an modernes, nachhaltiges Bauen angeht. Viele Gebäude eignen sich nur bedingt für zeitgenössische künstlerische Produktionsprozesse, Ausdrucks- und Präsentationsformen. In vielen können moderne Bildungsangebote, speziell Angebote der kulturellen Bildung einschließlich der Aus- und Weiterbildung, aufgrund der mangelhaften baulichen und technischen Ausstattung, nur ungenügend stattfinden. Die Voraussetzungen zum Einsatz moderner Technik sind in vielen Gebäuden nur unzureichend vorhanden.
Die Beseitigung dieser Mängel wirkt sich positiv auf die künstlerische Arbeit und Produktion aus. Zeitgenössische Präsentationsformen einschließlich des Einsatzes digitaler Technik werden ermöglicht. Die Zugangsmöglichkeiten für das Publikum und aktuelle Vermittlungsformate werden erweitert. Potenziale für effiziente und wirtschaftliche Arbeitsabläufe werden gehoben, hierdurch entstehen positive Wirkungen auf die Wirtschaftlichkeit, einschließlich der Erhöhung von Einnahmen.
[1] Dem Deutschen Kulturrat gehören folgende Sektionen an: Deutscher Musikrat, Rat für darstellende Kunst und Tanz, Deutsche Literaturkonferenz, Deutscher Kunstrat, Rat für Baukultur und Denkmalkultur, Deutscher Designtag, Deutscher Medienrat, Rat für Soziokultur und kulturelle Bildung, Deutscher Fotorat. Sie repräsentieren 285 Bundeskulturverbände und -organisationen unterschiedlicher Bereiche des kulturellen Lebens.