KW 23: Das Zeitalter der grünen Kulturpolitik hat begonnen

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

werden Bündnis 90/Die Grünen in der neuen Landesregierung von Nordrhein-Westfalen das Kulturressort übernehmen? Die Gerüchteküche brodelt heftig. Sicher ist, die Grünen haben den Kulturbereich für sich entdeckt. Also spricht vieles dafür, dass sie auch versuchen, die Kulturpolitik im größten Bundesland in der Zukunft zu gestalten.

 

In Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen stehen die Grünen in den Ländern schon in Kulturverantwortung. Auf der Bundesebene stellen sie nicht „nur“ mit Claudia Roth die Kulturstaatsministerin im Kanzleramt, sondern mit Staatsministerin Katja Keul auch die Verantwortliche für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik im Auswärtigen Amt und mit Robert Habeck als Wirtschaftsminister den Verantwortlichen für die Kulturwirtschaft.

 

Die SPD hat nach der Regierungsbildung auf Bundesebene überraschenderweise keine Verantwortung für den Kulturbereich übernommen und stellt noch die Kulturministerinnen und -minister in Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und dem Saarland.

 

Die CDU/CSU ist in der Kulturverantwortung auf die Länder Bayern, Sachsen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt geschrumpft. Die Kulturministerin von NRW ist parteilos.

 

Die Linke stellen in Berlin und Thüringen die Kulturminister.

Das Zeitalter der grünen Kulturpolitik hat mit der kulturpolitischen Verantwortungsübernahme auf der Bundesebene deutlich begonnen. Spätestens, wenn Bündnis 90/Die Grünen auch die Kulturministerin oder den Kulturminister in NRW stellen, sollten besonders die SPD und die CDU darüber nachdenken, ob sie der Kulturpolitik wirklich genug Aufmerksamkeit schenken.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 

PS. Heute gründet sich die Schriftstellervereinigung PEN Berlin (PEN = Poets, Essayists, Novelists). Nachdem Deniz Yücel am 14. Mai als PEN Zentrum-Deutschland Präsident zurückgetreten ist, wollen heute mehr als 200 Autorinnen und Autoren, Journalisten und Verleger mit dem PEN Berlin eine Gegenorganisation zum alten PEN Deutschland, oder wie Yücel sagt einen „besseren“ PEN gründen. Ich hatte bereits vor drei Wochen den Streit im PEN im kulturpolitischen Wochenreport (KW 20) kommentiert.

 


 

Mit Zusammenhalt gegen Rassismus: Best-of der fünften Jahrestagung der Initiative kulturelle Integration

 

Unter dem Titel „Zusammenhalt gegen Rassismus“ fand am 2. Juni die fünfte Jahrestagung der Initiative kulturelle Integration in Berlin statt. Über 150 Gäste aus Politik, Kultur und Zivilgesellschaft folgten der Einladung, in Anwesenheit von Kulturstaatsministerin Claudia Roth mitzudiskutieren, sich auszutauschen und zu vernetzen.

 

 


 

1700 Jahre Jüdisches Leben: „Wem gehört Erinnerungskultur? Wie geht sie weiter? Bilanzen aus dem Gedenkjahr“

 

Die letzten anderthalb Jahre standen im Zeichen der Erinnerung an 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland. Die Vielschichtigkeit und die Unterschiedlichkeit des jüdischen Lebens in Deutschland in Vergangenheit und Gegenwart wurde in Ausstellungen, Tagungen, Publikationen und anderem mehr aufgezeigt. In wenigen Wochen endet das offizielle Gedenkjahr. Ein guter Anlass, eine erste Bilanz zu ziehen und zu fragen: Wem gehört Erinnerungskultur?

 

In Berlin haben die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, der Deutsche Kulturrat und die Initiative kulturelle Integration in einer Diskussionsveranstaltung am 30. Mai eine erste Bilanz gezogen.

 

Hören Sie die gesamte Diskussion hier nach.

 

Hören Sie hier Kommentare zur Veranstaltung:

 

 


 

Hörempfehlung: Kulturpolitischer Salon

 

Ukrainische Kultur im Krieg – Zwischen Zerstörung und Aufschwung

 

Was geschieht mit der Kultur, wenn Krieg ist? Auf der einen Seite erlaubt der Krieg in vielen Teilen der Ukraine nicht mehr, dass Kultur stattfinden kann. Auf der anderen Seite ist gerade der Bedarf an Kultur besonders hoch als Spiegel der Identität – oder nicht? Oder ist die Kultur auf ihre Weise nichts anderes als ein Schauplatz des Krieges?

 

Die aktuelle Situation der Kultur in der Ukraine, ihre Bedeutung für die Identität der Ukraine und kulturelles Hegemoniestreben als Teil des Kriegskalküls waren im Kulturpolitischen Salon im Deutschen Theater Thema. Im Gespräch waren der ukrainische Schriftsteller und Dramaturg Pavlo Arie, die Künstlerische Leiterin des Ogalala Kreuzberg Christine Dissmann, die langjährige Korrespondentin Gesine Dornblüth und der Osteuropa-Historiker Wilfried Jilge.

 

Hier können Sie die Diskussion nachhören.

 

Der Kulturpolitische Salon wurde initiiert vom Deutschen Kulturrat, Deutschen Bühnenverein, Deutschen Theater Berlin und Deutschlandfunk Kultur. In diesem Diskussionsforum wollen sie regelmäßig kulturpolitischen Fragestellungen Raum geben und Kulturschaffende und die Kulturpolitik miteinander ins Gespräch bringen. Die Debatten werden im Deutschen Theater Berlin aufgezeichnet und auf Deutschlandfunk Kultur ausgestrahlt.

 


 

Einladung: Fachtagung „Frauen in Führung“

 

Der Deutsche Kulturrat lädt am 27. und 28. Juni zur Fachtagung Frauen in Führung ein: Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Kreativwirtschaft beleuchten in Diskussionsrunden und Kurzvorträgen die Situation von Frauen im Arbeitsmarkt Kultur.

 

Fünf Jahre nach Erscheinen der Kulturrats-Studie „Frauen in Kultur und Medien“ soll reflektiert werden, inwiefern sich die Situation von Frauen im Arbeitsmarkt Kultur und Medien geändert hat.

 

Hier finden Sie das Tagungsprogramm.

 

Die Tagung findet analog statt: Villa Elisabeth, Invalidenstraße 3 in Berlin-Mitte.

 

Montag, den 27. Juni von 13:00 – 22:00 Uhr
Dienstag, den 28. Juni von 9:00 – 13:30 Uhr

 

Ausgewählte Programmpunkte werden über die Webseite des Deutschen Kulturrates und auf unserem YouTube-Kanal als Live-Stream übertragen.

 

Bitte melden Sie sich hier bis zum 15. Juni 2022 an.

 

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos.

 


 

Text der Woche: Johann Michael Möller „Über Nacht ist alles ganz anders. Zur Geschichte des Goethe-Instituts“

 

In diesen beunruhigenden Zeiten reden wir viel über Waffen und geostrategische Fragen, aber erstaunlich wenig über Kultur, die unter Schönwetterbedingungen gerne als die dritte Säule der außenpolitischen Beziehungen unseres Landes gehandelt wird. Was hört man von den großen Kulturinstitutionen, die in ihrer Arbeit von der Situation im Osten Europas unmittelbar betroffen sind? Dem Goethe-Institut etwa, das sich ja nie als ein Instrument nationaler Repräsentationskultur verstanden hat und seit sieben Jahrzehnten seine sensiblen Fühler in die Welt hinausstreckt.

 

Johann Michael Möller ist freier Publizist.

 

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