17. Mai 2019 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 20: Kunstfreiheit, Demos: Ein Europa für Alle + UNITE & SHINE, Ein Jahr DSGVO, ...


... Veranstaltungen, Personalia, Exilkultur

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

vor drei Tagen habe ich mir den heiligen Zorn von Shermin Langhoff, der Intendantin des Gorki Theaters in Berlin, bei einer Veranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag zugezogen. Was war passiert? Die Grünen hatten den Kulturbereich zu einem Kulturabend unter dem Motto „Under Pressure. Kunst und Freiheit“ eingeladen, um über die Bedrohung der Kunstfreiheit zu sprechen.

 

Petra Kohse beschreibt in der FR und der Berliner Zeitung den Vorfall so: „Es war Olaf Zimmermann, der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, der sich aus dem Publikum erhob und nach der Haltung der Grünen gegenüber der von Göring-Eckardt angesprochenen Kritik am „Deckmantel“ Kunstfreiheit fragte. Schon im Mai-Editorial der Kulturrat-Zeitung „Politik & Kultur“ hatte er gemahnt, dass man sich „trotz der zunehmenden gedankenlosen oder bewussten Nutzung rassistischer Stereotypen von rechts wie links“ die Freiheit des Wortes nicht selbst verbieten dürfe. Jetzt bezog er sich auf das Beispiel des wegen Verdachts auf Sexismus übermalte Gedicht von Eugen Gomringer an der Außenwand der Alice-Salomon-Hochschule und wollte wissen, ob die Grünen die Übermalung richtig gefunden hätten. Er nämlich nicht.

 

Darauf ergriff, ebenfalls aus dem Publikum, Shermin Langhoff das Wort und geißelte Zimmermanns Aufruf, die Freiheit der Kunst auch gegen links zu verteidigen, scharf. Es sei doch immer die Frage, wer wen kritisiere und wie die Machtpositionen dabei verteilt seien. Darin, „große Meister zu verteidigen, die seit Jahrhunderten die Macht haben“, sehe sie keinen Fortschritt, vielmehr hätten – sinngemäß – Personen, deren Existenz in der Kunst von anderen ausgedeutet werde, das Recht, sich dagegen zu verwahren.“

 

Martin Hufner sah die Sache in der neuen musikzeitung so: „Schließlich forderte Olaf Zimmermann als Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates die Grünen auf, doch präzise zu benennen, wo sie die Grenzen der Kunstfreiheit ziehen wollten und wie sie diese begründen. Diese Frage empfand in ihrer Antwort Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters Berlin als deplatziert, man solle sich darin doch nicht aufhalten, es gäbe genug Beispiele grenzüberschreitender Kunstproduktionen, wichtig sei vor allem der Kampf gegen Rechts – das alles in einem Tonfall und mit Gesten vorgetragen, die man nur noch mit Wohlwollen als „engagiert“ bezeichnen kann. Erhard Grundl antworte ebenfalls: Mit Bezug auf die Übermalung des Gomringer-Gedichtes sagte er, dass er sich, wenn die Jugend etwas stürzen wolle, sich deren Position „anschließe“ (wobei der zustimmende Applaus allerdings mager blieb).“

 

Petra Kohse in der FR, Berliner Zeitung schrieb weiter: „Sowohl Katrin Göring-Eckardt als auch Erhard Grundl antworteten in der Folge auf Zimmermanns Frage, dass sie die Übermalung des Gomringer-Gedichtes richtig gefunden hätten. Göring-Eckardt wollte sich immer auf die Seite derjenigen stellen, die keine Stimme hätten. Grundl fand, dass jede Generation neu bestimmen könne, womit sie leben wolle und womit nicht.“

 

Ich finde es wichtig, dass wir uns klar und eindeutig gegen die Einschränkung der Kunstfreiheit, ob sie von rechts oder links, aus religiösen oder welchen Gründen auch immer versucht wird, wehren.

 

Ohne Frage wird zur Zeit die Kunstfreiheit besonders von rechts bedrängt. Deshalb gehöre ich auch zu den Erstunterzeichner der Berliner Erklärung der Vielen, des Offenen Briefes von Shermin Langhof „Keine Kriminalisierung kritischer Kunst! – Für die Kunstfreiheit“ und der vom kulturpolitischen Sprecher der Grünen, Erhard Grundl, initierte „Brüsseler Erklärung – für die Freiheit der Kunst„. Doch bedeutet das für mich aber nicht, dass die Einschränkung der Kunstfreiheit außerhalb des rechten Spektrums hingenommen werden kann.

 

Zur Entfernung des angeblich sexistischen auf Spanisch verfassten Gedichts („Alleen, Alleen und Blumen, Blumen, Blumen und Frauen, Alleen, Alleen und Blumen und Frauen und ein Bewunderer.“) von Eugen Gomringer auf Druck von Studierenden von der Fassade der Berliner Alice Salomon Hochschule habe ich mich deshalb auch eindeutig geäußert.

 

Ich kann nicht verstehen, warum Bündnis 90/Die Grünen offensichtlich die Einschränkung der Kunstfreiheit jeweils nach dem Bedroher unterschiedlich bewerten.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

Ein Europa für Alle: Großdemonstration in sieben Städte am 19. Mai

 

Zu einer Großdemonstration Europa für Alle werden am Sonntag in Berlin zehntausende Menschen erwartet. Zu der Veranstaltung unter dem Motto „Solidarität in Vielfalt – Gerechtes Europa, statt rechtes Europa“ seien 50.000 Teilnehmer angemeldet worden, teilte die Polizei am Mittwoch in Berlin mit. Insgesamt sind in sieben deutschen Städten Demonstrationen für ein vielfältiges Europa geplant. Neben Berlin sind das Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart. Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Demonstationen. Bei der Auftaktkundgebung in Berlin sprechen u.a. die Präsidentin des Deutschen Kulturrates, Prof. Dr. Susanne Keuchel und der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann.

 

Auf der Auftaktkundgebung spricht die Präsidentin des Deutschen Kulturrates, Prof. Dr. Susanne Keuchel, um 12.35 auf dem Wagen Demokratie, Toleranz und Vielfalt zur „Bedeutung von Vielfalt in Europa“.

 

Ebenfalls auf der Auftaktkundgebung (Wagen NaturFreunde) spricht ab 12.10, Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates zum Thema „Kulturelle Dimension der Nachhaltigkeit“.

 

Ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus mehr als 60 Organisationen und Initiativen, darunter auch der Deutsche Kulturrat führen am 19. Mai Großdemonstrationen in sieben Städten Deutschlands durch. Eine Woche vor der Europawahl wollen Zehntausende Menschen unter dem Motto „Ein Europa für Alle – Deine Stimme gegen Nationalismus!“ für eine EU der Menschenrechte, Demokratie, sozialen Gerechtigkeit und des ökologischen Wandels auf die Straße gehen.

 

Hier finden Sie Informationen zu den Demos in:

Berlin
Frankfurt
Hamburg
Köln
Leipzig
München
Stuttgart

 

Weitere Informationen:

Aufruf
Bündnis
Presse
Kontakt

 

Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Demonstration.

 


 

Für den 19. Mai 2019 rufen DIE VIELEN zu bundesweiten GLÄNZENDEN DEMONSTRATIONEN in Berlin

 

Die Einschränkung der Kunstfreiheit ist in Ländern Europas wie der Türkei und Russland, aber auch innerhalb der Europäischen Union in Ungarn oder Polen bereits bittere Realität. Die Bedrohung der Kunstfreiheit ist auch in Italien oder Österreich nicht unrealistisch. Auch in Deutschland sowie in weiteren EU-Staaten könnte die Kunstfreiheit durch nationalistische oder rechtsautoritäre Regierungsbeteiligungen in Gefahr geraten.

 

Weitere Informationen finden Sie hier.

 

Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Demonstration.

 


 

Ein Jahr DSGVO: Kultureinrichtungen haben kaum Probleme

 

Vor einem Jahr trat die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft – begleitet von intensiven Diskussionen. Kultureinrichtungen befürchteten mehr Bürokratie und Strafen. Wie sieht heute die Realität aus? MDR KULTUR hat nachgefragt.

 

Ein Jahr nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung haben sich die Kultureinrichtungen in Deutschland gut auf die neuen Regeln eingestellt. Das sagte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, MDR KULTUR. Die Umstellung habe für die Theater, Museen, Vereine und Initiativen zwar viel Arbeit bedeutet, große Probleme seien jedoch ausgeblieben.

 

Lesen Sie hier beim MDR weiter…

 


 

Veranstaltungen mit Beteiligung des Deutschen Kulturrates

 

 


 

Personalia

 

Die Geschäftsführerin der Stiftung Kunstfonds, Dr. Karin Lingl, wurde zur Vorsitzenden des Fachausschusses Steuern des Deutschen Kulturrates gewählt. Die Stiftung Kunstfonds fördert zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler. Zur Stiftung Kunstfonds gehört das Archiv für Künstlernachlässe, das gesamte Werkkomplexe der jüngeren Kunst fachgerecht erfasst, sichert und aufbewahrt.

 

Zum Vorsitzender des Fachausschusses Arbeit und Soziales wurde der ehemalige Bassposaunist im Philharmonischen Orchester der Stadt Trier, Hartmut Karmeier, gewählt. Er war von 2003-2015 Vorsitzender des Gesamtvorstandes der DOV und von 2003-2015 Vorsitzender des Beirates der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL). Seit 2003 ist er Mitglied des Sprecherrates des Deutschen Kulturrates und seit 2005 Mitglied des Präsidiums des Deutschen Musikrates.

 


 

Exilkultur
Ende der kommenden Woche erscheint die neue Politik & Kultur 6/2019 mit dem Schwerpunkt „Exilkultur“. Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller schreibt den Leitartikel unter dem Tiel „Exil – Die Lücke in der deutschen Erinnerungskultur “ in der Ausgabe.

 


 

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