6. Januar 2023 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 1: 2023: Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft


Themen im Newsletter:

  1. 2023: Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft
  2. Bundeskulturpolitik: Grüne haben Verantwortung vollständig übernommen
  3. Stellungnahme: Verbesserungen in der gesetzlichen Krankenversicherung für Selbstständige jetzt umsetzen!
  4. Einladung: Equal Pay Zukunftskongress
  5. Einladung: Lesereise der Gewinnertexte des Schreibwettbewerbs L’Chaim
  6. Politik & Kultur Dezember/Januar
  7. Einladung: Friedhof als Fokus von Kulturpolitik: Geht das?
  8. Kommentar der Woche: „Traumata lindern. Demokratische Gedenkkultur in Spanien“ von Johann Hinrich Claussen

 


 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich hoffe sehr, dass es das Jahr 2023 sein wird, indem der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine endet. Einen großen Krieg mitten in Europa konnte ich mir vor einem Jahr nicht vorstellen, ich habe mich geirrt und wir mussten gemeinsam lernen, dass die Sicherheitsstrukturen in Europa extrem fragil sind.

 

Kulturkontakte

 

Ich hoffe sehr, dass der Kulturbereich in diesem Jahr eine seiner besonderen Stärken wieder ausspielen kann, nämlich dort Kontakte zu knüpfen, wo es der Politik noch schwer möglich ist.

 

Ukraine-Hilfe

 

Die Hilfsaktionen aus dem Kulturbereich bei der Unterstützung der Kulturinstitutionen in der Ukraine, aber auch bei der Unterstützung von ukrainischen Künstlerinnen und Künstler, die nach Deutschland kommen, werden natürlich fortgesetzt.

 

Das Jahr 2023 bringt darüber hinaus viele weitere kulturpolitische Herausforderungen mit sich:

 

Corona

 

Die Auswirkungen der Coronapandemie sind im Kulturbereich noch überall gegenwärtig. Selbst wenn die Pandemie in diesem Jahr überwunden werden sollte, wird der Kulturbereich noch einige Jahre brauchen, um wieder in die Vor-Corona-Situation zurück zu finden.

 

Eine wichtige Aufgabe des Kulturbereiches wird in diesem Jahr sein, die durch die Pandemie entstandenen gesellschaftlichen Umbrüche und Verletzungen in künstlerischer Art und Weise zu interpretieren. Ich bin sehr gespannt, was wir in diesem Jahr auf den Theaterbühnen, auf den Leinwänden, zwischen den Buchdeckeln und auch in den Ausstellungen erleben werden.

 

Energiefonds

 

Die deutliche Erhöhung der Energiekosten, ausgelöst durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, treffen viele Kulturorte intensiv. Wir diskutieren deshalb schon seit Monaten mit Bund und Ländern über die Einrichtung eines Energiefonds, der hoffentlich in den nächsten Wochen an den Start gehen kann.

 

Soziale und wirtschaftliche Lage der Künstlerinnen und Künstler

 

Weiter werden wir in diesem Jahr einen Schwerpunkt unserer Arbeit auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Künstlerinnen und Künstler legen. Die Kulturministerkonferenz hatte im letzten Jahr einen Vorschlag für Basishonorare entwickelt, an dessen Konzeption wir beteiligt waren. Ich hoffe, dass dieser Vorschlag in den Ländern, aber auch auf der Bundesebene und von den Kommunen nun zügig umgesetzt wird.

 

Außerdem diskutieren wir intensiv eine Arbeitslosenversicherung für Künstlerinnen und Künstler. Ich gehe davon aus, dass wir in Kürze konkrete Vorschläge vorlegen werden

 

Humboldt Forum und documenta

 

Unsere kurz vor Weihnachten vorgestellten Stellungnahmen zur Zukunft des Humboldt Forum und zur Reform der documenta haben große Beachtung gefunden.

 

Besonders gefreut hat mich, dass unser Vorschlag, dass der Bund dem Land Berlin ein Angebot bezüglich der durch die Stiftung Stadtmuseum Berlin genutzten Flächen im Humboldt Forum machen soll, beim Kultursenator von Berlin, Klaus Lederer, auf positive Resonanz gestoßen ist. Diese Flächen im Humboldt Forum, so unser Vorschlag, sollen nach der Übernahme in Bundesbesitz und einer baulichen Ertüchtigung für das Museum für Europäische Kulturen zur Verfügung stehen.

 

Kultur braucht Inklusion

 

Besonders wichtig ist für mich, die Ende 2022 gemeinsam mit dem Bundesbehindertenbeauftragten Jürgen Dusel gestartete Reihe von Werkstattgesprächen zum Thema „Kultur braucht Inklusion“. Die UN-Behindertenrechtskonvention nimmt den Kulturbereich eindeutig in die Pflicht. Das heißt, wir müssen für die Besucherinnen und Besucher barrierefreie Kulturorte schaffen und wir müssen die Teilhabe von Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderungen am Kulturbetrieb ermöglichen. Jeder im Kulturbereich muss das berücksichtigen. Doch der Wille allein reicht nicht, ihm muss die konkrete Handlung folgen. Die Werkstattgespräche mit dem Bundesbehindertenbeauftragten sollen den Weg zu mehr Inklusion im Kulturbereich ebnen.

 

Motto 2023

 

Lassen Sie mich zum Schluss Ihnen mein kleines Jahresmotto vorstellen: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“ Das Motto stammt natürlich nicht von mir sondern von Albert Einstein, trifft aber meine Stimmung zu 100%.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

2. Bundeskulturpolitik: Grüne haben Verantwortung vollständig übernommen

 

In der Augsburger Allgemeinen habe ich auf die anhaltenden Folgen der Coronapandemie im Kulturleben hingewiesen und die umfassenden parteipolitischen Veränderungen in der Bundeskulturpolitik benannt.

 

„Die Grünen haben die Kulturpolitik auf allen Ebenen im Bund übernommen, mit Claudia Roth im Kanzleramt für die innere Kulturpolitik, mit Annalena Baerbock im Außenministerium für die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und mit Robert Habeck im Wirtschaftsministerium für die ökonomischen Belange. Das hat es noch nie gegeben, dass eine Partei quasi den gesamten Kulturbereich in der Bundesregierung vertritt.  Das ist spannend und zeigt, wie groß das Interesse der Grünen am Bereich der Kulturpolitik bei der Regierungsbildung gewesen ist und wie klein das Interesse offensichtlich der beiden anderen Ampel-Parteien an der Kulturpolitik war.“

 

Ich sagte Richard Mayr von der Augsburger Allgemeinen weiter: „Wir sind noch ganz weit davon entfernt, dass zumindest im Kulturbereich das Leben wieder normal ist. Wir befinden uns im dritten Pandemiejahr. Die Auswirkungen sind noch deutlich zu spüren.“

 

In dem Interview beschreibe ich u.a. die Bereiche, die unter der Pandemie besonders gelitten haben und die Bereiche, die einigermaßen gut durch die Krise gekommen sind. Auch geht er auf die verschiedenen Förderprogramme in der Pandemie für den Kulturbereich ein.

 

  • Lesen Sie das gesamte Interview in der Augsburger Allgemeinen vom 30.12.2022 hier.

 


 

3. Stellungnahme: Verbesserungen in der gesetzlichen Krankenversicherung für Selbstständige jetzt umsetzen!

 

Der Deutsche Kulturrat begrüßt die Vereinbarung im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, dass künftig die Beiträge von Selbstständigen zur gesetzlichen Krankenversicherung strikt einkommensbezogen erhoben werden sollen. Hierfür ist eine Änderung von Sozialgesetzbuch V (Gesetzliche Krankenversicherung) von Nöten.

 

 


 

4. Einladung: Equal Pay Zukunftskongress

 

Wann: 4. März 2023 | 13.30 – 19.30 Uhr
Wo: bUm Berlin, Paul-Linke Ufer 21, 10999 Berlin

 

Equal Pay soll nicht länger Zukunftsmusik bleiben. Doch an welchen Stellschrauben müssen wir für eine Zukunft mit Lohngleichheit drehen? Und welche Erkenntnisse können wir dafür aus dem Bereich Kunst und Kultur gewinnen, in dem der Gender Pay Gap mit 30 Prozent besonders hoch ist? Darüber möchten wir beim Equal Pay Zukunftskongress am 4. März in Berlin, der in Kooperation mit der Equal Pay Day Kampagne stattfindet, diskutieren.

 

  • Input Claudia Roth, Staatsministerin Kultur und Medien
  • Vorstellung der neuen Studie zu Gender Pay Gap in Kultur und Medien, Gabriele Schulz, Deutscher Kulturrat

 

Für Kinderbetreuung ist gesorgt. Eine Übersetzung in Gebärdendeutsch findet statt.

 

 


 

5. Einladung: Lesereise der Gewinnertexte des Schreibwettbewerbs L’Chaim

 

Was ist „In my Jewish Bag“; wer ist bei den Zuckermanns willkommen; wie findet eine Jüdin ein Date, ohne zu sagen, dass sie Jüdin ist; was ist, wenn eine Jüdin nicht jüdisch aussieht und was ist eigentlich jüdisches Aussehen. Dies sind nur einige Themen der zehn prämierten Texte des Schreibwettbewerbs „L’Chaim: Schreib zum jüdischen Leben in Deutschland!„.

 

Lesen Sie die Texte hier. Oder noch besser, veranstalten Sie eine Lesung und lassen andere an den Texten teilhaben. Die Beiträge vermitteln einen Eindruck vom jüdischen Leben heute. Schauen Sie dazu in das Best-of der Prämierung.

 

Wir laden alle Institutionen, die Lesungen veranstalten, ein, die zehn prämierten Texte deutschlandweit bekannt zu machen. Wenn Sie eine Lesung mit den zehn prämierten Texten, gegebenenfalls auch mit den Autorinnen und Autoren, veranstalten wollen, wenden Sie sich an integration@kulturrat.de.

 


 

6. Politik & Kultur Dezember/Januar

 

Werfen Sie hier einen Blick in die aktuelle Ausgabe Politik & Kultur.

 

Themen:

 

  • Neustart Kultur
  • Hygienekultur im Laufe der Zeit
  • Fachkräftemangel in Bibliotheken
  • Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt
  • Kulturszene in Japan
  • u.v.m.

 


 

7. Einladung zum digitalen Salon am 17.1.23: Friedhof als Fokus von Kulturpolitik: Geht das?

 

Unsere Friedhofskultur ist identitätsstiftender, integraler Bestandteil unseres gesamtgesellschaftlichen Kulturverständnisses ­– und findet dennoch kaum größere kulturpolitische Beachtung. Woran liegt das, und was muss sich ändern, damit auch Friedhöfe ­ähnlich wie Theater und Museen in den kulturpolitischen Fokus rücken? Darüber darf ich am 17.1.23 um 14.00 Uhr sprechen.

 

 


 

8. Kommentar der Woche: „Traumata lindern. Demokratische Gedenkkultur in Spanien“ von Johann Hinrich Claussen

 

„Wenn man sich von den eigenen Problemen daheim überfordert fühlt, kann einem der Blick über den Gartenzaun Entlastung verschaffen. Man sieht: Die Nachbarn stehen vor sehr ähnlichen Problemen oder gar vor viel größeren. Beispielsweise beim Umgang mit vergifteten Erbstücken in ihren Kirchen. Seit einiger Zeit habe ich zu tun mit judenfeindlichen Schmähskulpturen oder Passionsdarstellungen oder NS-Symbolen auf Glocken. Ein Clip auf der Website von »El Pais« zeigte mir aber kürzlich, dass sich dieses Thema in Spanien viel dramatischer darstellt. Der Clip wurde mitten in einer Novembernacht aufgenommen. Stockfinster ist es. Man sieht nur eine verschlossene Kirchentür. Dahinter aber verursacht jemand massiven Baulärm. Es wird gebohrt und gehämmert …“

 

Johann Hinrich Claussen ist Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland.

 


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