Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten
Auktionshäuser sind mehr als nur ein Handelsplatz
Der Bundesverband deutscher Kunstversteigerer (BDK) wurde 1969 gegründet. In ihm sind die führenden Auktionshäuser Deutschlands für Kunstobjekte und Bücher zusammengeschlossen, die der Verband in der Rechts-, Wirtschafts- und Kulturpolitik vertritt. Gegenwärtig hat der Verband ca. 40 Mitglieder. Damit ist er in Hinsicht auf seine Mitgliederzahl zwar einer der kleinsten Kunsthandelsverbände Deutschlands, vertritt jedoch aufgrund der Umsatzstärke seiner zehn größten Mitglieder einen erheblichen Anteil des in Deutschland generierten Umsatzes im Kunsthandel. Die Mitgliedsunternehmen sind klein. Sie haben in der Regel um die zehn, die größten Mitglieder um die 50 Arbeitnehmer. Die dem BDK angehörenden Unternehmen sind hohen Standards der Kunstvermittlung verpflichtet. Sie dienen nicht zuletzt dazu, den Kunden seiner Mitglieder das Wesentliche jedes Kunsterwerbs, die Freude am originalen Objekt, ungetrübt zu ermöglichen.
In diesem Dienst am Kunden betreibt der BDK seit Jahren die Datenbank Kritischer Kunstwerke. Er engagiert sich damit für Sicherheit gegenüber Fälschungen auf dem Kunstmarkt und übernimmt in Deutschland eine Vorreiterrolle. Solch eine Datenbank ist in dieser Form und in ihrem Umfang bislang international ohne Vorbild. Ihr Aufbau erfolgt in Zusammenarbeit mit zahlreichen Kunstnachlässen, Autoren von Werkverzeichnissen und Archiven, um ein solides Fundament zu schaffen. Daneben sind alle Mitglieder des BDK an der Pflege und dem Aufbau der Datenbank beteiligt. Wird ein Werk in einem Haus aus begründeten Zweifeln an der Echtheit abgelehnt, wird es in der Datenbank hinterlegt. Die Kommunikation und der Informationsaustausch unter den Auktionshäusern und Kunsthändlern ist der beste Schutz gegen Fälschungen. Hierfür soll diese Datenbank als Plattform dienen.
Die Branche sieht sich in der jüngeren Vergangenheit zahlreichen neuen Herausforderungen ausgesetzt. Insbesondere haben sich für das Kunstversteigerungswesen die rechtlichen Rahmenbedingungen in den letzten fünf Jahren erheblich verändert, so durch das 2016 in Kraft getretene Kulturgutschutzgesetz (KGSG) oder die Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie in deutsches Recht zum 1. Januar 2020. Die nun geltenden rechtlich festgelegten Sorgfaltspflichten greifen tief in die Organisationsstrukturen und Kundenbeziehungen der Verbandsmitglieder ein und bringen manche Mitglieder aufgrund ihrer geringen Personalstärke und fehlendem Fachpersonal an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Dies gilt vor allem für den mit der Provenienzforschung verbundenen Aufwand zur Feststellung der Historie und Herkunft von Kunstobjekten, sei es in Zusammenhang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut aus der Zeit 1933 bis 1945 oder im internationalen Warenaustausch in Bezug auf Export- und Importverbote und die damit verbundenen Dokumentationen.
Eine weitere Herausforderung stellt die Digitalisierung und Globalisierung des Kunstmarktes dar. Die Möglichkeit, das eigene Angebot über das Internet weltweit zu verbreiten, holt die deutschen Auktionshäuser aus ihrer traditionellen Regionalität. Dies gilt auf jeden Fall aufseiten der Käufer, die seit einigen Jahren durch das sogenannte Livebieten vom heimischen Computer aus an Auktionen teilnehmen können. Dies bietet den Mitgliedsunternehmen zwar Chancen, insbesondere im Bereich der Neukundengewinnung im Ausland. So haben auch mittelgroße Häuser Bieter aus bis zu 100 Ländern dieser Welt. Dieser Gewinn steht jedoch in Konflikt mit den soeben skizzierten regulatorischen Auflagen im internationalen Geld- und Kunsthandelsverkehr. Daneben besteht die Gefahr, dass sich die Mitglieder zunehmend in die Abhängigkeit von internationalen Bieterplattformen begeben, da das einzelne Unternehmen regelmäßig nicht über die finanziellen Ressourcen verfügt, sich aus eigener Kraft die technischen Möglichkeiten des Livebietens und des virtuellen Verbreitens des Auktionsangebots zu verschaffen. Diese Plattformen verlangen Gebühren, die nicht immer an die Kunden weitergegeben werden können bzw. sollen, und die Profitabilität insbesondere der kleineren deutschen Auktionshäuser gerät zusätzlich unter Druck.
Darum hat es sich der BDK zur Aufgabe gemacht, die Leistungsfähigkeit seiner Mitglieder in diesen Feldern zu fördern, ihr Erscheinungsbild und ihre gemeinsamen Interessen in der Öffentlichkeit transparent zu vertreten und dadurch den Kunsthandelsstandort Deutschland zu stärken.
Um den anspruchsvollen Aufgaben besser gerecht zu werden, hat das Präsidium des BDK zusammen mit den Vorsitzenden fünf weiterer Kunst- und Buchhandelsverbände 2018 beschlossen, einen gemeinsamen Arbeitskreis zu bilden. Dieser trat Anfang des Jahres 2019 erstmals unter dem Namen Interessengemeinschaft Deutscher Kunsthandel (IDK) zusammen. Das neue Bündnis der Galerien, Kunst- und Münzenhändler, Antiquariate und Kunstauktionatoren stellt mit rund 1.000 professionellen Mitgliedsunternehmen nun den Kern des deutschen Kulturgütermarktes dar.
Somit kann der BDK gemeinsam mit der IDK noch engagierter einer seiner mittlerweile wichtigsten Aufgaben gerecht werden: den Verantwortlichen in der Politik, sei es in der Legislative oder Exekutive, ein tieferes Verständnis für die Abläufe und Besonderheiten einer Branche zu geben, die mit historischen Gütern international handelt, und in einem Spannungsfeld zwischen privater Sammelleidenschaft, Investment, öffentlichem Interesse und kulturpolitischer Verantwortung steht.
Neben der wichtigen Arbeit der Galerien, Museen und privaten Sammler sind nämlich auch die Auktionshäuser seit Jahrhunderten als Kulturgutvermittler tätig. Dabei verstehen sie sich nicht nur als Handelsplatz, sondern stellen mit ihren Ausstellungen eine Präsentationsfläche für die Kunst zur Verfügung. Diese Leistung sowie die häufig nach wissenschaftlichen Standards recherchierten Kataloge der Mitglieder bereichern die deutsche Kulturlandschaft und dienen so der Allgemeinheit.
Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2020-01/2021.
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