Kirsten Kappert-Gonther - 25. Januar 2019 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Humboldt Forum / Kolonialismus-Debatte

Demut und Diskurs


Mittel für Provenienzforschung erhöhen

Die breite Aufarbeitung der deutschen Kolonialverbrechen ist überfällig. Wer die Vergangenheit verdrängt, trifft falsche Entscheidungen für Gegenwart und Zukunft. Der europäische Kolonialismus stellt keine historisch abgeschlossene Episode dar, sondern hinterlässt vielfältige, globale Spuren, die noch immer wirkmächtig sind. Die Debatte zum Umgang mit unserem (post-)kolonialen Erbe gehört überall hin, in die Zivilgesellschaft, die Bildung, die Künste, die Museen und eben auch ins Zentrum der Republik, ins Zentrum der deutschen Erinnerungs- und Gedenkpolitik. Für diesen gesamtgesellschaftlichen Diskurs brauchen wir einen Lern- und Erinnerungsort, der die Suche nach einem verantwortungsvollen Umgang mit unserem (post-)kolonialen Erbe fördert. Entscheidende Werkzeuge dafür sind Demut und der Diskurs auf Augenhöhe mit den Nachfahren der Kolonialisierten und zivilgesellschaftlichen Initiativen über angemessene zentrale und dezentrale Formen des Erinnerns.

 

Ich erwarte zudem einen deutlichen Aufwuchs der Mittel für Provenienzforschung zu außereuropäischen Sammlungen und bei der Ausstattung des Deutschen Zentrums für Kulturgutverluste. Wie aus den Antworten auf meine Kleine Anfrage „Kulturpolitische Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit“ hervorgeht, gibt es weder ein erkennbares Aufarbeitungskonzept der Großen Koalition, noch kann die Bundesregierung sagen, wie viele menschliche Gebeine aus der Kolonialzeit Deutschland besitzt und wie viel Beutekunst aus den ehemaligen Kolonien in bundeseigenen Sammlungen liegt. Wenn der Bundesregierung tatsächlich an einer umfassenden Aufarbeitung der Kolonialzeit gelegen ist, muss sie konzeptionell und finanziell deutlich nachliefern.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 01-02/2019.


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