17. Januar 2020 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 3: Visionen, Neu: Steuerpolitische Vorschläge, Brandbrief wegen der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, ...


Sehr geehrte Damen und Herren,

 

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, dieses Bonmot des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt damals auf Kosten von Willy Brandt fand ich schon immer äußerst problematisch. Politik ohne Visionen ist inhaltsleer und kann niemanden begeistern. Und, vielleicht noch viel schlimmer, ohne eine Vision, hat man kein politisches Ziel und ohne politisches Ziel kann man auch keine Strategie entwickeln, sie zu erreichen. Mark Twain sagte es treffend: „Wer nicht weiß, wo er hin will, darf sich nicht wundern, wenn er woanders ankommt.“

 

In der Politik ist Visionslosigkeit deshalb eigentlich eine Todsünde. Nicht aber in der Bundesregierung dieser Tage. Die Ziellosigkeit dieser Bundesregierung ist ihren fehlenden Visionen geschuldet.

 

Das sehen wir besonders deutlich in der Klimapolitik, aber nicht nur dort. Die Bildungspolitik des Bundes ist in dieser Legislaturperiode ebenfalls ziellos, die Wirtschaftspolitik auch, die Verkehrspolitik hat vollständig ihren Kompass verloren.

 

Ja, diese Bundesregierung ist mental erschöpft, aber ist das wirklich der einzige Grund für dieses Formtief?
Letztlich haben wir uns alle in den letzten Jahren treiben lassen. Die für uns wichtigen Entscheidungen wurden nicht in Deutschland getroffen. Unsere ehemals engsten Freunde und Beschützer, die USA, verstehen wir nicht mehr, wir haben uns auch kulturell entfremdet. Die Briten haben überraschenderweise ihre Beziehung mit uns aufgekündigt, es bleibt nur Trennungsschmerz. Die Krieger in der Welt ignorieren unsere Friedensappelle, die zügellose Weltwirtschaft lässt massenhaft Menschen hungern, deshalb haben Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika sich entschieden, in großer Zahl zu uns zukommen.

 

Wir reagieren nur noch auf die Entscheidungen von außen. Der letzte Erfolg dabei ist die Bewältigung der Flüchtlingskrise, wenn wir ihn auch teuer, mit dem Erstarken der Rechtsextremen in unserem Land, bezahlen müssen. Trotzdem können wir stolz darauf sein, was Deutschland bei der Integration von Geflüchteten geleistet hat und leistet.

 

Sind wir ehrlich zu uns selbst, kulturell backen wir im internationalen Maßstab zurzeit kleine Brötchen. Der deutsche Film, hochsubventioniert, spielt international eine untergeordnete Rolle, im Zukunftsmarkt Computerspiele sind wir zwar einer der wichtigsten Absatzmärkte, produzieren aber nur sehr wenig selbst und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ein wirkliches positives Alleinstellungsmerkmal der deutschen Medienkultur in der Welt, sparen wir gerade mit Verve kaputt.

 

Wir lassen uns auch kulturpolitisch mehr treiben als dass wir steuern. Die nicht stattfindende Debatte um den Sinn und Zweck des Humboldt Forums und das kleinmütige Agieren bei der Rückgabe von geraubten Werken aus der Kolonialzeit sind dafür berede Beispiele.

 

Ja, wir brauchen nationale kulturelle Visionen. Werden wir mutig und sagen, was wir kulturell erreichen wollen. Wer Visionen hat, sollte nicht zum Arzt, sondern in die Kultur gehen, denn hier werden Visionäre dringend gebraucht.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

Neu: Steuerpolitische Vorschläge des Deutschen Kulturrates

 

Das Steuerrecht ist ein wichtiges Instrument der indirekten Kulturförderung. Deshalb hat sich der Deutsche Kulturrat in einem Positionspapier aktuell zur Steuerpolitik geäußert.

 

Themen:

  • Umsatzsteuer
  • Einkommensteuer
  • Gewerbesteuer
  • Gemeinnützigkeitsrecht

 

Lesen Sie die neue Stellungnahme hier.

 


 

Brandbrief wegen der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt

 

Das Bündnis für Gemeinnützigkeit hat einen Brandbrief wegen der geplanten Einrichtung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt an die Sprecherin der SPD-Fraktion für Bürgerschaftliches Engagement, Svenja Stadler, geschrieben. Lesen Sie den Brief hier.

 

Im kulturpolitischen Wochenreport (1. KW) hatte ich über die Kritik an der von der Bundesregierung geplanten „Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ mit dem geplanten Sitz in Neustrelitz bereits berichtet. Lesen Sie dazu auch die PM des Deutschen Kulturrates vom 08.01.2020 „Ehrenamtsstiftung: Neustrelitz, ja oder nein ist nicht die Frage„.

 

Mitglieder des Bündnisses für Gemeinnützigkeit sind:

 

  • Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege,
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) e.V.,
  • Bundesverband Deutscher Stiftungen e. V.,
  • Deutscher Bundesjugendring,
  • Deutscher Kulturrat,
  • Deutscher Naturschutzring,
  • Deutscher Olympischer Sportbund,
  • Deutscher Spendenrat e.V.,
  • Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft,
  • VENRO – Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen

 


 

Einladung zum Kolloquium: „Nachhaltigkeit braucht Heimat – Das Grüne Band als Erinnerungsort und Chancen für periphere ländliche Räume“

 

Termin: Mittwoch, 12. Februar, 15:00 Uhr bis Freitag, 14. Februar 2020, 13:00 Uhr
Ort: Bad Alexandersbad

 

„Nachhaltigkeitsdebatten sind kulturelle Debatten!“ Mit Unterstützung des Rates für Nachhaltige Entwicklung wurde das Kooperationsprojekt zwischen dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und dem Deutschen Kulturrat ins Leben gerufen. Ziel ist es, eine Brücke zwischen dem Nachhaltigkeitsdiskurs des Natur- und Umweltbereiches und kulturpolitischen Debatten zu schlagen.

 

Der Deutsche Kulturrat und der BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland unterstützen gemeinsam die Bemühungen, das Grüne Band Europa als UNESCO-Welterbe in den Kategorien Natur und Kultur zu nominieren. Denn das Grüne Band hält die Erinnerung an den Mut der Menschen wach, die mit friedlichen Mitteln Diktaturen überwunden haben und Grenzen zu Fall brachten. Hier ist Zeitgeschichte erlebbar und Erinnerung möglich. Ein Ort auch für die kommenden Generationen, der an Demokratie, Freiheit und Frieden in unserem Land und in ganz Europa erinnert. Dazu wollen Kunst und Kultur einen Beitrag leisten, neue Bilder schaffen, Menschen zusammenbringen und zeigen, dass Natur und Kultur keine Gegensätze sind.

 

Mittwoch, 12. Februar 2020

  • Nachhaltigkeit braucht Heimat: Einführungsvortrag von Prof. Dr. Susanne Keuchel (Präsidentin Deutscher Kulturrat)
  • Was ist Erinnerungskultur? Kathrin Schmidt (Schriftstellerin)
  • Was bedeutet Weltkulturerbe: Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard (Vorsitzender Deutsches Nominierungskomitee „Memory of the World“)
  • Grünes Band Europa als UNESCO-Welterbe: Prof. Dr. Kai Frobel (Projektleiter Grünes Band beim BN) und Dr. Liana Geidezis (Leiterin BUND-Fachbereich Grünes Band)
  • Das Grüne Band als Chance für Mensch und Natur sowie als kultureller Erinnerungsort: Impulsreferate und Gespräch: Prof. Dr. Hubert Weiger (Ehrenvorsitzender BUND) und Olaf Zimmermann (Geschäftsführer Deutscher Kulturrat)

 

Donnerstag, 13. Februar 2020

  • Exkursion zum Grünen Band mit Besuch des Deutsch-Deutschen Museums Mödlareuth, Spaziergang am Grünen Band und Mittagessen am Drei-Länder-Eck mit Robert Lebegern (Museumsleiter), Karin Kowol (Projektleiterin Grünes Band, BUND Thüringen) und Thomas Findeis (Untere Naturschutzbehörde, Vogtlandkreis)
  • „Wu is mei Heimat?“ Öffentliches Konzert mit dem fränkischen Liedermacher Wolfgang Buck

 

Freitag, 14. Febuar 2020

  • Das Grüne Band als Erinnerungsort und Chancen für periphere ländliche Räume: Prof. Dr. Hubert Weiger
  • Die Bedeutung Dritter Orte in strukturschwachen Grenzräumen: Dr. Joachim Twisselmann
  • Podiumsdiskussion mit Peter Berek (Bürgermeister Bad Alexandersbad), Martin Geilhufe (Landesbeauftragter BUND Naturschutz), Dr. Birgit Seelbinder (Präsidentin EUREGIO EGRENSIS), Olaf Zimmermann (Geschäftsführer Deutscher Kulturrat)

 

Termin: Mittwoch, 12. Februar, 12:30 Uhr bis Freitag, 14. Februar 2020, 13:00 Uhr
Ort: Bad Alexandersbad

 

 


 

Ausgebucht — Nur noch Warteliste — Ausgebucht
28.01.2020 Tagung – Erinnerung an die Shoah wachhalten

 

  • Wann: Dienstag, 28. Januar 2020 10.00 bis 17.00 Uhr
  • Wo: Deutschlandfunk Kultur, Hans-Rosenthal-Platz, 10825 Berlin

 

Eröffnet wird die Tagung durch Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und Mark Dainow, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland.

 

Den Auftakt bilden Impulsvorträge der Kulturwissenschaftlerin und Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels Prof. Dr. Aleida Assmann sowie des Historikers Prof. Dr. Norbert Frei, gefolgt von einer Response des israelischen Soziologen Prof. Dr. Natan Sznaider.

Am Nachmittag werden die zentralen Fragen der Erinnerungsarbeit vertieft und in Workshops zu den Themen Erinnerung in einer multiethnischen Gesellschaft, Verlockung der Historisierung, Erinnerung in der Zivilgesellschaft und neue Formen der Erinnerung, insbesondere auch im künstlerischen Bereich diskutiert.

 

Referentinnen und Referenten sind:

 

Ester Amrami, Dr. Johann Hinrich Claussen, Jo Frank, Prof. Dr. Viola B. Georgi, Prof. Dr. Raphael Gross, Dr. Elke Gryglewski, Dr. Hans Dieter Heimendahl, Prof. Dr. Doron Kiesel, Dr. Dani Kranz, Prof. Dr. Yael Kupferberg, Daniel Lörcher, Dr. Thomas Lutz, Aiman A. Mazyek, Katja Petrowskaja, Ali Ertan Toprak, Dr. Lea Wohl von Haselberg, Dr. Mirjam Zadoff, Felix Zimmermann und Olaf Zimmermann.

 

Moderiert wird die Tagung von Shelly Kupferberg.

 

Da die Plätze leider begrenzt sind und die Nachfrage bereits sehr groß war, vergeben wir derzeit nur Wartelistenplätze. Gern können Sie sich für diese anmelden. Sobald ein Platz frei wird, informieren wir Sie umgehend. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

 

 


 

Der kulturpolitische Text der Woche: „Wenn ich etwas nicht tue – dann wird es nicht getan“

 

Die Kunsthistorikerin Ulrike Lorenz leitet nach Stationen an den unterschiedlichsten Museen in ganz Deutschland seit Sommer dieses Jahres die Klassik Stiftung Weimar. Wieder zurück in ihrem Heimat-Bundesland spricht Lorenz mit Hans Jessen über ihre Ost-West-Perspektive.

 

Lesen Sie den ganzen Text hier.


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