Tobias Matthias Peterka - 24. Mai 2019 Kulturrat_Logo_72dpi-01

EU-Urheberrechtsreform

AfD: Fair-Use-Prinzip


Die nationale Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie

Deutsches Urheberrecht contra anglo-amerikanisches Copyright. Idealistisches Schöpferrecht gegen Wirtschaftsgut. Dieses Spannungsfeld prägt die Diskussion zur verabschiedeten Urheberrechtsrichtlinie in Gestalt des Leistungsschutzrechts für Presseakteure sowie die Plattformhaftung für nicht lizenzierte Inhalte.

 

Dass Frankreich eine treibende Kraft war, die vermeintlich geschröpften kleinen Content Creators sowie die bekanntlich wirklich darbenden Pressekonzerne besser zu stellen, ist bekannt. Auch Frankreich steht eher für das geistige Urheberrecht statt verwertungsorientiertem Copyright. Und, wichtig, letztere Tradition spricht hier nur auf den ersten Blick für Geldflüsse von Google zu Springer, für GEMA-artige Konstruktionen zugunsten von LeFloid und anderen YouTubern. Denn das Verfügen über selbst erstellte, geschützte Werke stellt sich im „Neuland“ Internet völlig anders dar, als bisher.

 

Zuletzt musste dies der Videospielehersteller Nintendo lernen, als er sogenannte Let’s Plays seiner Spiele auf YouTube rechtlich unterdrücken wollte. Ein veritabler Sturm der Entrüstung brach los. Weit über die Branche bzw. deren Fans hinaus. Im Netz wird jedes kommunizierte Werk durch Teilen, Likes und sonstige Push-Faktoren weit wertvoller für jeden daran Beteiligten: Den Schöpfer, die Plattform sowie die gegebenenfalls mannigfaltigen Personen dazwischen, also Content Creators, welche das Werk unterhalb der Zitatschranke verwenden. Und diese Wertschöpfungskette befruchtet sich derart gegenseitig, dass ein monetärer Anspruch vom Beginn der Kette, dem Werkschöpfer, erstens ungerecht wäre und zweitens die Kette sogar komplett abschneiden könnte. Denn in welcher Höhe die Beiträge Werbeeinnahmen generieren, steht nicht fest. Muss jedoch eine Einzel- oder GEMA-artige Lizenz vorher bedient werden, wird das Werk X gar nicht mehr verwendet. Der Uploadfilter ist also nur das nachgelagerte Problem. Vorher werden die geforderten Lizenzverträge – es wären hunderttausende – gar nicht abgeschlossen. Es muss auch in Europa zumindest online das Prinzip des Fair Use aus dem US-Recht her. Wie ausgeführt sogar in den gewerblichen Bereich hinein: Schließlich sind hier inzwischen bei YouTubern veritable Summen im Spiel. Aber erneut: Diese Einnahmen beruhen nicht auf dem Werk X eines Presseverlages oder Videospieleherstellers. Sie beruhen auf dem Wechselspiel millionenfacher Sichtbarkeit im Internet.

 

Deutschland wollte wieder einmal beides haben: Anerkennung des altehrwürdigen Urheberrechts und wirtschaftliche Performance im Merkel´schen Neuland. Inklusive der Protokollerklärung, Uploadfilter zu verhindern. Dies ist technisch-rechtlich nur bei Verstoß gegen den Umsetzungsbefehl der Richtlinie möglich. Dann bitte Worten Taten folgen lassen: Rückausnahmen bei Teilverwendung bereits unter Zitatschwelle sowie weitausgelegten Tagesereignissen. Das Presseleistungsschutzrecht darf keine Links mit dem Text der vom Verlag gerade gewählten Überschrift verhindern, egal ob 8, 10 oder 20 Wörter. Den persönlichkeitsrechtlichen Aspekt, die Quellennennung, zieht doch ohnehin keiner in Zweifel.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 06/2019.


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