Natur und Kunst sind wie siamesische Zwillinge, untrennbar verbunden – Grußwort zur Mitgliederversammlung des Deutschen Naturschutzrings

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

 

herzlichen Dank für die Einladung ein Grußwort zur diesjährigen Mitgliederversammlung des Deutschen Naturschutzrings sprechen zu dürfen.

 

Natur und Kultur werden oft als Gegensätze betrachtet. Für mich gibt es diese Gegensätze nicht.

 

Ich bin begeisterter Hobby-Naturforscher – ganz besonders die Hymenopteren und hier besonders die Gold- und Wegwespen haben es mir seit vielen Jahren angetan, im Winter beobachte ich die wundersamen, nicht weniger faszinierenden Bärtierchen unterm Mikroskop.

 

Und ich liebe die Kunst! Gerade Natur und Kunst sind für mich wie siamesische Zwillinge, untrennbar verbunden.

 

Doch soll es bei diesem Grußwort, ja nicht so sehr um meine persönlichen Vorlieben, sondern mehr um politische Fragen gehen.

 

Zunächst einmal: der Deutsche Naturschutzring und der Deutsche Kulturrat sind zwei Dachverbände, die große Ähnlichkeit aufweisen. Wir vereinen beide die Einzelverbände aus unserem Feld – sie aus den Bereichen Natur und Umweltschutz, wir aus den Bereichen Kultur und Medien.

 

Einzelverbände, die sich, so kann ich es zumindest für den Deutschen Kulturrat sagen, untereinander nicht immer grün sind, unter dem Dach des Kulturrates aber einem Strang ziehen. Dieses gemeinsame Interesse von 247 Bundeskulturverbänden herauszufiltern, ist manchmal nicht ganz einfach, aber es gelingt. Und wenn es uns gelingt, mit einer Stimme zu sprechen, sind wir auch einflussreich.

 

Es ist wichtig, gegenüber der Politik die Bedeutung der organisierten Zivilgesellschaft zu unterstreichen, denn sie ist die Voraussetzung für ein demokratisches Gemeinwesen.

 

In den nächsten Monaten werden wir als Zivilgesellschaft noch mehr Verantwortung übernehmen müssen, um zu erreichen, dass unsere Gesellschaft nicht noch weiter auseinanderstrebt.

 

Der Deutsche Kulturrat hat aus diesem Grund die Initiative kulturelle Integration angeregt, die im Dezember ihre Arbeit aufnehmen wird.

 

In der Initiative kulturelle Integration arbeiten das Bundesministerium des Innern, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Integrationsbeauftragte und die Kulturstaatsministerin mit Vertretern der Länder, der kommunalen Spitzenverbände, der Sozialpartner, der Kirchen und Religionsgemeinschaften, der Medien und der organisierten Zivilgesellschaft zusammen. Natürlich haben wir auch den Deutschen Naturschutzring zur Mitarbeit eingeladen.

 

Bis zum 21. Mai 2017, dem internationalen Tag der Kulturellen Vielfalt werden wir gemeinsam versuchen, die Frage zu beantworten:

 

  • Wer soll mit welchen Mitteln in was integriert werden?

 

Dabei denke ich nicht nur daran, wie Geflüchtete oder Migranten integriert werden können. Nein, ich bin der festen Überzeugung, dass es um die Frage geht, was unsere Gesellschaft zusammenhält und auch darüber gesprochen werden muss, warum Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, sich abgehängt oder ausgegrenzt fühlen.

 

Wir müssen die Debatte wieder selbst führen und dürfen sie nicht den Vereinfachern überlassen.

 

Gemeinsam wollen wir in der Initiative werben für die Vielfalt und die Lust an der demokratischen Auseinandersetzung um den besten Weg. Ich bin daher sehr froh, dass der Deutsche Naturschutzring schon zugesagt hat, sich an der Initiative zu beteiligen und ich freue mich auf die Debatten.

 

Natur und Kultur gehören aber noch in anderer Hinsicht zusammen. Ich sage nur ein Stichwort: Anthropozän.

 

Hier gibt es bereits den Anfang einer gelungenen Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Naturschutzring und dem Deutschen Kulturrat. Im Frühjahr dieses Jahres haben wir in unserer Zeitung Politik & Kultur einen eigenen Schwerpunkt zum Anthropozän mit fachlicher Unterstützung durch den Deutschen Naturschutzring veröffentlicht. Im Kulturbereich hat er eine lebhafte und auch kontroverse Diskussion ausgelöst.

 

Für das nächste Jahr haben wir eine gemeinsame Veranstaltung zum Anthropozän geplant, um zu verdeutlichen, welche Bedeutung der Mensch für die Gestaltung von Natur und von Kultur hat und wie eng Natur und Kultur miteinander verbunden sind. Wir werden bei dieser Veranstaltung auch das strittige Natur/Kultur-Thema der vielen Windkraftanlagen in der Kulturlandschaft behandeln müssen. Ich freue mich schon sehr auf diese Zusammenarbeit.

 

Zum Schluss möchte ich einen Aspekt der Kooperation nicht unerwähnt lassen, der beide Verbände, den Deutschen Naturschutzring und den Deutschen Kulturrat, in den letzten beiden Jahren sehr beschäftigt hat und zwar die Freihandelsabkommen TTIP und CETA.

 

Gemeinsam haben wir uns in einem großen Aktionsbündnis zusammen mit Gewerkschaften, mit kirchlichen Organisationen und vielen anderen gegen TTIP, CETA und Co. engagiert. Wir haben unterstrichen, wie wichtig es ist, sich für den Erhalt der Vielfalt unserer natürlichen Umwelt und der kulturellen Vielfalt einzusetzen.

 

Ich bin mir sicher, dass diese Zusammenarbeit nicht nur als Protest gegen Freihandelsabkommen erfolgreich war, sondern insgesamt zur Stärkung der Zivilgesellschaft einen sehr wichtigen Beitrag geleistet hat.

 

Und diese starke Zivilgesellschaft, beginnend bei den lokalen Vereinen und Gruppen, über die Regional- und Landesverbände, bis hin zur Bundesebene, sie macht unser Land aus. Sie steht für Beteiligung und Engagement. Sie ist Ausdruck von Integration und Gestaltung.

 

  • Naturverbände und Kulturverbände ziehen immer öfter an einem Strang. Lassen Sie uns diese Zusammenarbeit noch intensivieren, die Zeit ist reif dafür!

 

Ich wünsche Ihrer Mitgliederversammlung einen guten Verlauf und freue mich auf die weitere Kooperation.

Olaf Zimmermann
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber und Chefredakteur von Politik & Kultur.
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