Olaf Zimmermann - 30. Dezember 2016 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Texte zur Kulturpolitik

Warum ist das Zeitungsfeuilleton so notleidend?


Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Feuilleton als Kulturteil einer Zeitung eines der fünf klassischen Ressorts neben Politik, Wirtschaft, Sport und dem Lokalteil. Doch wird seit vielen Jahren im Zeitungsfeuilleton ein wichtiger Teil der Kultur, die Kulturpolitik, vollkommen unzureichend journalistisch erfasst.

 

Besonders augenfällig wurde das bei der weitgehenden Nichtberichterstattung über die Proteste aus dem Kulturbereich gegen die Freihandelsabkommen TTIP, CETA & Co. Glücklicherweise haben des Öfteren die Wirtschafts- und Politikredaktionen der Zeitungen hier mehr kulturpolitisches Interesse gezeigt als das Feuilleton. Die Unwilligkeit, kulturpolitische Themen zu recherchieren, wurde gerade wieder bei den Urteilen gegen die VG Wort und die GEMA deutlich. Obwohl die beiden Urteile zur Verlegerbeteiligung den Kulturbereich in seinen Grundfesten erschüttern, sind sie, wenn überhaupt, nur eine Randnotiz wert.

 

Die Kritik, die persönliche Bewertung einer künstlerischen Äußerung eines Anderen, ist das liebste Kind des Feuilletonredakteurs.

 

Erfreulicherweise hat sich das Radiofeuilleton diese »Selbstbeschränkung« bei der Berichterstattung nicht auferlegt. Hier ist auch Kulturpolitik ein regelmäßiges Thema. Damit meine ich nicht nur das vorbildhafte Deutschlandradio Kultur und den Deutschlandfunk, sondern auch die anderen Kulturwellen, wie beispielsweise MDR-Kultur und WDR3, die sich der regelmäßigen Kulturpolitikberichterstattung verschrieben haben. Und selbst im Fernsehen werden in einigen Kultursendungen, wie »Kulturzeit« auf 3sat, dem NDR »Kulturjournal« oder »Stilbruch« im rbb, sehr regelmäßig kulturpolitische Themen aufgearbeitet.

 

Doch warum ist das Zeitungsfeuilleton so notleidend? Sicher zeigen sich hier besonders die Auswirkungen des Rückganges der Auflagen. Weniger festangestellte Journalisten, weniger freie, die oftmals gerade andere Themen in die Redaktionen gebracht haben und weniger Fachredakteure bei den Presseagenturen sind die unmittelbare Folge. Doch kann der ökonomische Druck nicht alleine verantwortlich sein, denn die noch vorhandenen Journalisten bespielen einen immer noch üppigen Platz in den Zeitungen, aber eben nicht mit allen relevanten kulturellen Themen.

 

Vielleicht ist das klassische Zeitungsfeuilleton einfach nicht mit der Zeit gegangen, vielleicht hat es die kulturpolitischen Umbrüche der letzten Jahre nicht bewusst verfolgt oder es hat sich in seinem Elfenbeinturm versteckt. Feuilleton bedeutet eigentlich »das unterhaltende Beiblättchen«. Mir wäre das auf Dauer zu wenig.


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