Faire Vergütung und soziale Absicherung
Als Kulturschaffende – ich war in den letzten zehn Jahren die Verlegerin des Kulturmaschinen-Verlages und stand mit Texten von Borchert und Heine, Luxemburg und Sukov auf Lese- und Theaterbühnen – liegt mir Kunst- und Kultur als politisches Betätigungsfeld natürlich ganz organisch nahe. Die Kulturlandschaft, vom Verlagswesen bis zur Musikbranche, ist in einem Umbruch begriffen, der immer schneller und durch immer neue Technologie angetrieben wird. Was auf der einen Seite positive Effekte für Kommunikation, Information und Wahrnehmbarkeit hat, hat auf der anderen Seite vielfältige negative Implikationen. Nicht nur, dass z. B. der künstlerische Handwerksberuf der Fotografie niedergegangen ist, auch Schriftsteller, Musiker und Theaterschaffende mussten in erheblichem Maße mit einer immer beliebigeren Kulturlandschaft kämpfen, mussten Einnahmeverluste und den Diebstahl geistigen Eigentums erleben. Kultur ist aber in ganz umfangreichem Maße die Aufgabe der Gesellschaft und damit des Staates. Er muss sicherstellen, dass die vielfältigen Kulturen in der Gesellschaft und die Kultur als gesellschaftliche Notwendigkeit über das Leichtvermarktbare, das Immergängige hinaus erhalten bleibt und gefördert wird. Die Lage der Kunst- und Kulturschaffenden liegt mir besonders am Herzen. Sie sind die Bauern der Kulturlandschaft, ihrer Arbeit sind die vielfältigen Pflanzen auf den landschaftlichen Feldern geschuldet. Deshalb geht es auch um faire Vergütung und soziale Absicherung, aber darüber hinaus ebenfalls um das Urheberrecht, das den Zeiten der Digitalisierung angepasst werden muss. Kunst- und Kulturschaffende leisten einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt von Demokratie und den Werten unserer Verfassung. Sie engagieren sich gegen Rassismus und für eine pluralistische Gesellschaft. Sehr viele von ihnen leben dabei jedoch am Rande des Existenzminimums und ohne dauerhafte Sicherheit; die Altersvorsorge ist, soweit vorhanden, minimal, die Absicherung im Krankheitsfall mangelhaft. Die Künstlersozialkasse muss gestärkt und der Zugang zu ihr erleichtert werden. Kommerzielle Verwertbarkeit von Kunst kann nicht der Maßstab sein, der den Betroffenen den Zugang zur KSK gewährt oder ihn verhindert. Befristete Verträge und Solo-Selbstständigkeit, für Kunst- und Kulturschaffende eine unschöne Selbstverständlichkeit, führen aus einem prekären Arbeitsleben nahtlos in Altersarmut. Deshalb muss eine gesonderte Rentenversorgung diskutiert werden. Zur Mitgliedschaft in der KSK sollte der Nachweis eines Studiums oder die Bescheinigung einer Branchenorganisation wie BBK, BFFS, IDS, VS, PEN oder ver.di ausreichen.
Von allen Mankos, Problemen und Unsicherheiten sind Frauen besonders betroffen. Man kann den Eindruck bekommen, Kunst und Kultur seien Männersache, wenn man sich die Zahlen bei der Vergabe von Preisen oder bei der Zusammensetzung von Gremien und Jurys anschaut. Ich werde mich auch dafür einsetzen, dass Förderungen an Gendergerechtigkeit gekoppelt werden, dass bei der Besetzung von Gremien und Jurys Quoten eingeführt und spezielle Stipendien und Preise für Frauen ausgeschrieben werden.
Verbesserte Teilhabe, also z. B. freier Eintritt in Museen und viel mehr kulturelle Bildung an Schulen sind gerade heute, wo wir einen europaweiten Rechtsruck haben, unverzichtbar. Mannigfaltigkeit in Personal, Programm und Publikum wünsche ich mir. Und nicht zuletzt: Kunst- und Kulturförderung muss als Staatsziel ins Grundgesetz!
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