15. August 2015 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitisches Alphabet

T


Tarifpartei

Tarifparteien sind auf der einen Seite Zusammenschlüsse von Arbeitgebern, Arbeitgeberverbände, und auf der anderen Seite Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern, Gewerkschaften. Das Grundgesetz sichert in Artikel 9 Arbeitnehmern und Unternehmen das Recht zu, Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu bilden. Die Tarifparteien schließen Verträge über die Bedingungen der Arbeit, wie z. B. Arbeitslohn oder -zeit, ab. Die Tarifautonomie sichert die Unabhängigkeit vom Staat.

 

Transatlantic Trade and Investment Partnership

TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) ist das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union. TTIP soll dazu dienen, den Handel von Gütern und Dienstleistungen zwischen den USA und der Europäischen Union zu verbessern, bestehende Handelshemmnisse zu beseitigen und die niedrigen Zölle zu senken.

 

Wer verhandelt TTIP?

Das TTIP-Abkommen wird zwischen Mitarbeitern der EU-Kommission, federführend ist die Generaldirektion Handel (DG Trade), und der US-Administration verhandelt. Bei den Verhandlungen werden der jeweiligen Seite Liberalisierungsangebote unterbreitet und Liberalisierungsforderungen gestellt. Insgesamt sind 15 Verhandlungsrunden vorgesehen, die abwechselnd in Brüssel und in Washington stattfinden. Der Handelsausschuss des Europäischen Parlaments wird regelmäßig über den Fortschritt der Verhandlungen unterrichtet.

 

Was ist Grundlage der Verhandlungen?

Verhandlungsgrundlage ist das von den europäischen Staats- und Regierungschefs im Juni 2013 verabschiedete Verhandlungsmandat. Im Verhandlungsmandat wird beschrieben, das es sich um ein umfassendes Liberalisierungsabkommen handeln soll. Das Mandat ist in verschiedene Kapitel (unter anderem: Marktzugang, Dienstleistungshandel und Niederlassung, Investitionsschutz, öffentliches Beschaffungswesen, Regulierungsfragen und nicht-tarifäre Handelshemmnisse, Rechte des geistigen Eigentums, Zoll und Handelserleichterungen) unterteilt.

 

Positiv- oder Negativlisten?

In bisherigen Freihandelsabkommen wurde in sogenannten Positivlisten beschrieben, welche Bereiche von dem Abkommen erfasst werden sollen. Bei TTIP soll statt in Positiv- in Negativlisten erfasst werden, welche Bereiche nicht vom Abkommen erfasst werden. Das bedeutet, dass jetzt festgelegt wird, welche künftigen Geschäftsfelder vom Abkommen nicht berührt werden sollen. Gerade mit Blick auf die sich dynamisch entwickelnden digitalen Verbreitungswege kann heute jedoch noch nicht abgeschätzt werden, welche Bereiche besser ausgenommen würden.

 

Rückholklausel

Eine Rückholklausel ist bislang nicht vorgesehen. Das heißt, dass einmal liberalisierte Bereiche später nicht mehr ausgenommen werden können. Anders als bei Bundes- oder Landesgesetzen, die durch neue Gesetze revidiert oder novelliert werden können, sind einmal eingegangene Liberalisierungsverpflichtungen nicht wieder rückgängig zu machen.

 

Investitionsschutz

Investitionsschutz im TTIP-Abkommen bedeutet, dass US-amerikanische Unternehmen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union wie inländische Unternehmen und umgekehrt Unternehmen aus den EU-Mitgliedstaaten in den USA wie inländische Unternehmen behandelt werden. Das heißt, dass US-amerikanischen Unternehmen von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Rechte wie Inländerbehandlung, Schutz vor Enteignung oder auch Kapital- und Ertragstransfer eingeräumt werden.
Im Abkommen ist ein Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) vorgesehen. Das heißt, dass Investoren Staaten verklagen können, wenn sie ihre Geschäftstätigkeit durch politische Entscheidungen beeinträchtigt sehen. Die Verhandlungen finden vor einem internationalen Schiedsgericht statt, dessen Entscheidungen bindend sind. Es gibt keine Revisionsmöglichkeit. Investor-Staat-Schiedsverfahren werden üblicherweise zwischen Staaten vereinbart, die über kein vergleichbares Rechtssystem verfügen.

 

Was passiert nach den Verhandlungen?

Der zwischen der EU-Kommission und der US-Administration verhandelte Vertragstext muss dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat, also den Staat- und Regierungschefs zur Abstimmung vorgelegt werden. Das voraussichtlich über tausend Seiten umfassende Vertragswerk muss vor der Abstimmung im Europäischen Rat und im Europäischen Parlament juristisch geprüft und in die Sprachen der EU-Mitgliedstaaten übersetzt werden. Gegenwärtig ist noch unklar, ob das Abkommen als gemischtes Abkommen klassifiziert wird. Als solches Abkommen müsste es auch von den nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. In Deutschland wäre zusätzlich die Zustimmung des Bundesrats erforderlich.

 

Was heißt das für die Kultur?

Der Kulturbereich wurde im Verhandlungsmandat von den Verhandlungen nicht ausgenommen. Lediglich für audiovisuelle Medien wurde im Dienstleistungskapitel eine Ausnahme formuliert. In allen anderen Kapiteln, wie beispielsweise dem Investitionskapitel, kann über audiovisuelle Medien verhandelt werden. Verschiedene Kultursektoren, wie zum Beispiel das Pressewesen oder Zirkusse, wurden bei vorherigen Verhandlungen im Kontext der Welthandelsorganisation bereits liberalisiert, sodass die EU-Kommission hier kaum Verhandlungsspielräume für Schutzmaßnahmen hat.
Im Vorspann des Verhandlungsmandats wird auf die „UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt“ eingegangen; dies hat allerdings nur deklaratorischen Charakter und entfaltet keine unmittelbare Schutzwirkung für den Kultur- und Mediensektor in der Europäischen Union. Da die USA die „UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt“ nicht ratifiziert haben, hat sie keine bindende Wirkung für sie.
Im Kulturbereich ist neben der öffentlichen Kulturförderung vor allem die Kulturwirtschaft betroffen. In Europa und speziell auch in Deutschland gibt es eine ausdifferenzierte Kulturwirtschaft. Viele kulturwirtschaftliche Güter und Dienstleistungen sind sprachgebunden. Sie werden vor allem für den nationalen und gegebenenfalls europäischen Markt erstellt. Kulturwirtschaftliche Güter und Dienstleistungen werden nur zu einem kleinen Teil in die USA exportiert. Demgegenüber werden US-amerikanische Güter und Dienstleistungen zu einem erheblichen Teil nach Europa exportiert. Das heißt, dass für die europäische Kulturwirtschaft durch eine Marktliberalisierung kaum signifikante Gewinne zu erwarten sind.

 

Trade in Services Agreement

Das Trade in Services Agreement (TiSA), zu Deutsch „Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen“, wird mit dem Ziel der Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen verhandelt. Grundlage sind die in GATS vereinbarten Liberalisierungen.

 

Wer verhandelt TISA?

TISA wird von der Gruppe der „wirklich guten Freunde von Dienstleistungen“ verhandelt. Es sind die nachfolgenden Staaten verhandelt: EU, USA, Kanada, Mexiko, Japan, Chile, Taiwan, Costa Rica, Hong Kong China, Island, Israel, Kolumbien, der Koreanischen Republik, Neuseeland, Norwegen, Pakistan, Panama, Paraguay, Peru, Schweiz und der Türkei. Ziel ist die TISA-Verhandlungen auch für weitere Länder zu öffnen. Laut EU-Kommission haben China und Uruguay bereits Interesse an einer Einbeziehung signalisiert.

 

Was ist die Verhandlungsgrundlage?

Grundlage für die Verhandlungen der EU-Kommission ist das Verhandlungsmandat, das die EU-Handelsminister im März 2013 der EU-Kommission erteilt haben.

 

Was passiert aktuell?

Die Verhandlungen finden fortlaufend in Genf statt. Die EU-Kommission veröffentlicht seit Februar 2015 Informationen zu den TISA-Verhandlungen auf ihrer Website.

 

Was heißt das für die Kultur?
Die im Rahmen des GATS-Abkommens bereits liberalisierten Kulturbereiche sind auch Gegenstand des TISA-Abkommens. Audiovisuelle Medien sind vom Verhandlungsmandat ausgenommen. Es ist nicht klargestellt, dass audiovisuelle Medien technologieneutral definiert werden. Die Liberalisierung von Bildungsdienstleistungen ist eines der Hauptanliegen der TISA-Verhandlungen.

 

Topografie des Terrors

Die Topografie des Terrors ist ein Erinnerungsort in der Mitte Berlins. Hier befand sich zwischen 1933 und 1945 das Geheime Staatspolizeiamt mit einem eigenen Hausgefängnis, die Reichsführung SS sowie während des 2. Weltkriegs das Reichssicherheitshauptamt. Das Gelände wurde 1987 nach vorheriger gewerblicher Nutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach zunächst einer provisorischen Sicherung und Zugänglichmachung des Ortes wurde 2010 das Dokumentationszentrum eröffnet. Vorausgegangen waren dem Bau zwei Wettbewerbe. Die Topografie des Terrors zeigt am authentischen Ort die Schrecken der NS-Herrschaft.

www.topographie.de

 

Mehr als 200 Schlüsselwörter der Kulturpolitik hat Olaf Zimmermann in seinem Buch Kulturpolitik auf den Punkt gebracht – Kommentare und Begriffe zusammengetragen. Dieses „kulturpolitische Alphabet“ bildet eine informative Kurzübersicht zur Kulturpolitik und kann hier kostenfrei durchsucht werden.


Copyright: Alle Rechte bei Deutscher Kulturrat

Adresse: https://www.kulturrat.de/themen/kulturpolitisches-alphabet/t/