Palmyra, Aleppo, Nimrud, Hatra: Kulturelles Erbe in Gefahr

Eine Novellierung des Kulturgüterschutzgesetzes in Deutschland ist nötig

Berlin, den 28.08.2015. Die Zerstörung, der Raub und der illegale Handel mit Kulturgut aus dem vorderasiatischen Raum stehen derzeit im Mittelpunkt des Interesses. In Videos verbreitet der „Islamische Staat“ (IS) wie bedeutsame Stätten im Irak und in Syrien zerstört werden. Gerade hat der IS offensichtlich den rund 2000 Jahre alten Tempel Baal Schamin in der zentralsyrischen Stadt Palmyra gesprengt. Kurz zuvor hatten sie den früheren Chefarchäologen Palmyras, Khaled Asaad, brutal getötet. Kurz darauf planierten sie bei Homs das christliche Kloster Mar Elian.

 

Eher still und ohne Bilder verlaufen die alltäglichen Zerstörungen durch Raubgrabungen und die illegale Ausfuhr des antiken Kulturguts aus diesen Gebieten. Doch der Raub und die Ausfuhr sind die eine Seite der Medaille, die andere Seite ist der unersättliche Kunstmarkt in Europa, den USA und zunehmend auch in den Golfstaaten sowie in Südostasien, besonders China. Ohne diese illegalen Kunstmärkte, ohne die Käufer von archäologischem Kulturgut aus zweifelhafter Quelle würde das ganze Geschäft nicht funktionieren. Insofern ist es, wie so oft im richtigen Leben, dass, wer die Raubgräber im Irak, in Syrien, in Ägypten oder anderen Staaten verurteilt, ebenso auch jene in den Blick nehmen sollte, die den illegalen Antikenhandel erst möglich machen.

 

In Deutschland wird derzeit die EU-Richtlinie zum Kulturgutschutz in nationales Recht umgesetzt. Hierzu ist Deutschland als EU-Mitgliedstaat verpflichtet. Die Frist läuft bis zum Frühjahr nächsten Jahres. Das geltende Kulturgutschutzgesetz, das vor sechzig Jahren in Kraft trat, muss daher novelliert werden. In diesem Zusammenhang soll auch die UNESCO-Konvention zum Kulturgutschutz aus dem Jahr 1970, die von Deutschland erst nach peinlichen 37 Jahren im Jahr 2007 ratifiziert wurde, organisch in das deutsche Kulturgutschutzgesetz eingefügt werden.

 

In der der heute erscheinenden September/Oktober Ausgabe von Politik & Kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, ist die Zerstörung, der Raub und der illegale Handel mit Kulturgut das Schwerpunktthema.

 

Autorinnen und Autoren des Schwerpunktes sind:

  • Monika Grütters, MdB, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
  • Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz
  • Robert A. Kugler, Rechtsanwalt in Berlin
  • Christoph Leon, Archäologe und auf Antiken spezialisierter Kunsthändler
  • Joachim Marzahn, Assyriologe und Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Orient-Gesellschaft
  • Adelheid Otto, Professorin für Vorderasiatische Archäologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Vorsitzende der Deutschen Orientgesellschaft
  • Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Deutschen Verbandes für Archäologie
  • Karl-Heinz Preuß, Kunstsammler und Mäzen und war langjähriger Herausgeber und Chefredakteur des Deutschen Forschungsdienstes in Bonn
  • Walther Sallaberger, Professor für Assyriologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München
  • Günther Schauerte, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
  • Gabriele Schulz, Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates
  • Margarete van Ess, Wissenschaftliche Direktorin der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologisches Instituts (DAI)
  • Dieter Vieweger, Direktor des »Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes« in Jerusalem und Amman
  • Günther Wessel, Journalist, Autor des Buches: »Das schmutzige Geschäft mit der Antike. Der globale Handel mit illegalen Kulturgütern«
  • Olaf Zimmermann, ehemaliger Kunsthändler, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber von Politik & Kultur

 

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats und Herausgeber von Politik & Kultur, Olaf Zimmermann, sagte: „Die Diskussion um das Kulturgutschutzgesetz ist eine gute Gelegenheit, um den Umgang mit der Einfuhr und dem Handel mit Kulturgut in Deutschland zu diskutieren. Es ist ein Weckruf für den vertrauenswürdigen Kunsthandel, seine Seriosität unter Beweis zu stellen und sich von illegalen Machenschaften deutlich zu distanzieren. Es ist eine Chance für eine gesellschaftliche Debatte um Kulturgut, unsere Sicht auf andere Länder und unseren Respekt vor anderen Kulturen. Es ist unsere Verpflichtung, das Erbe der Menschheit zu schützen, zu pflegen und zu bewahren.“

 

Politik & Kultur, Zeitung des Deutschen Kulturrates
Hg. von Olaf Zimmermann und Theo Geißler.

 

  • Erscheint sechsmal jährlich. Erhältlich in Bahnhofsbuchhandlungen, an großen Kiosken, auf Flughäfen und im Abonnement.
    Einzelpreis: 3,00 Euro, im Abonnement: 18,00 Euro (inkl. Porto)
  • Die September/Oktober 2015-Ausgabe von Politik & Kultur, mit dem Schwerpunkt „Kulturelles Erbe weltweit in Gefahr“ steht zusätzlich auch kostenfrei hier (11 MB) im Internet als pdf-Datei zum Herunterladen bereit.
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