Integration wohin? Wir werden uns verständigen müssen, auch wenn es schwer ist

Ein Kommentar von Olaf Zimmermann

Die Debatte um die Integration der Geflüchteten ist oft sehr schwierig. Niemand im Kulturbereich bestreitet die Notwendigkeit von Integration, doch nur wenige wollen sich mit der Frage beschäftigen, in was integriert werden soll? Mit blumigen Andeutungen quälen wir uns durch die Debatten. Besonders beliebt ist die Metapher, dass wir doch alle voneinander lernen können. Hier die Geflüchteten, dort die Einheimischen, sitzen zusammen, singen sich ihre jeweiligen Volksweisen vor oder erzählen sich ihre jeweiligen Sagen, Legenden oder Märchen.

 

Viele träumen von einer transkulturellen Gesellschaft, an der alle mit ihrer mitgebrachten Kultur gleichberechtigt teilhaben. Ich will diesen Traum nicht diskreditieren, doch ein realistischer Blick in die Welt der kulturellen und religiösen Auseinandersetzungen, ein Europa nach dem Brexit, mit seinen geschlossenen Grenzen und dem Erstarken des Nationalismus und ein Deutschland mit AfD und Pegida, spricht eine deutlich andere Sprache.

 

Jeder kulturelle Austausch ist gut und hoch willkommen, doch die Frage wohin integriert werden soll, wird damit nicht geklärt. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese Fragen beantworten sollten, damit nicht diejenigen, die die Grenzen für Flüchtlinge immer unüberwindbarer machen wollen, die sich gegen jedwede Form der kulturellen Öffnung sperren, die Frage beantworten werden.

 

Integration bedeutet für mich, die Aufnahme von Immigranten in ein bestehendes Kultur- und Sozialgefüge. Doch was ist unser Kulturgefüge? Goethe, Schiller, Christentum, Aufklärung, das Nibelungenlied, Kunstfreiheit, Shermin Langhoff , Georg Baselitz, Andrea Berg …? Wir werden uns über unser Kulturgefüge, das weit mehr als ein Kanon ist, verständigen müssen, so schwer uns das auch fällt.

Olaf Zimmermann
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber und Chefredakteur von Politik & Kultur.
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