Gerd Ludwig und Bernd Mühl - 11. Februar 2020 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturerbe Fasching-Fastnacht-Karneval

Häuser für die Narretei: Mainz


Nun, wie kam die Fastnachtshochburg Mainz zu einem Fastnachtsmuseum? Dazu muss man zunächst einmal ein wenig im närrischen Geschichtsbuch blättern. 1837 wurde das Fastnachtstreiben in Mainz in geregelte Bahnen gelenkt und bekam 1838 eine feste Organisation nach Kölner Vorbild. Neben der Mainzer Ranzengarde, der Mainzer Klepper-Garde gründete sich der Mainzer Carneval-Verein, der im Jahr 1913 sein 75-jähriges Bestehen feiern konnte. Bei dieser Gelegenheit wurde unter anderem auch erstmals die Einrichtung eines Fastnachtsmuseums gefordert.

 

Über 100 Jahre geriet diese Idee in Vergessenheit, bis im Jahr 1972 der damalige Kulturdezernent Karl Delorme das Mainzer Fastnachtsarchiv als Vorläufer eines Fastnachtsmuseums ins Leben rief. Es dauerte dann doch wiederum 32 Jahre, bis der Förderverein Mainzer Fastnachtsmuseum e.V. das Mainzer Fastnachtsmuseum mit Archiv im Proviant-Magazin, einem Militärgebäude aus dem Jahre 1865, eröffnen konnte. Dabei erfuhr der Förderverein Mainzer Fastnachtsmuseum dankbare Unterstützung durch die Stadt Mainz und die Wohnbau Mainz GmbH.

 

Das Mainzer Fastnachtsmuseum mit dem angeschlossenen Archiv und seinen über 33.000 Sammlungsstücken wird ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getragen. Die 5. Jahreszeit ist im Mainzer Fastnachtsmuseum am Aschermittwoch noch lange nicht vorbei. Hier kann man das ganze Jahr das närrische Treiben „im Saal un uff de Gass“ erleben.

 

Man findet alles, was für die Mainzer Fastnacht typisch ist: Narrenkappen, Kostüme, Orden, fastnachtliche Abzeichen, die Uniformen der Mainzer Garden, die „Schwellköpp“, Zugplakettchen und die „Bütt“ mit der Eule, die für den politisch-literarischen Vortrag und den „Meenzer Kokolores“ steht. „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“: Nur hier gibt es im Original die Hornbrille von Rolf Braun, die Kostüme des Putzfrauenduos Frau Babbisch und Frau Struwwelisch, die Lederschürze von Ernst Neger, Kostüme von Margit Sponheimer und den Mainzer Hofsängern. Und natürlich Ausschnitte aus über 60 Jahren Fernsehfastnacht und alle Mainzer Stimmungs-Hits zum Mitschunkeln.

 

Eine Besonderheit der Mainzer Straßenfastnacht sind die „Schwellköpp“. Es handelt sich dabei um riesige närrisch gestaltete Köpfe aus Pappmaschee, über sieben Kilo schwer, die nur von Mitgliedern des „Schwellkopp-Träscher-Vereins“ am Rosenmontag auf dem sieben Kilometer langen Zugweg durch die Stadt getragen werden. Die Schwellköpp wurden erstmalig 1927 von dem Mainzer Bildhauer und Dekorateur Ludwig Lipp nach dem Vorbild der „Dickköpfe“ aus der Fastnacht in Nizza modelliert.

 

Ein wesentlicher Bestandteil der Präsentation im Museum sind auch ein Teil der zahlreichen, oftmals historischen Druckwerke, wie z. B. Plakate, Liederhefte, Vereinszeitschriften, Manuskripte von Vorträgen und Liedern etc. Eine Besonderheit sind Originale von fastnachtlichen Veranstaltungen, die die Soldaten und Kriegsgefangenen an der Front oder im Lager vom tristen Leben ablenken sollten. Alle im Museum und Archiv vorhandenen Exponate stammen aus großzügigen Zuwendungen von Privatpersonen und den Mainzer Vereinen und Korporationen.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 02/2020.


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