Michelle Müntefering - 25. September 2019 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kultur- & Kreativwirtschaft in Afrika

Afrika ist überall


Brücken zwischen Kreativen bauen

Nirgendwo auf der Welt treffen wir auf eine solche kulturelle Vielfalt, liegen Tradition und Moderne so nah beieinander. Nirgendwo auf der Welt spiegeln sich Vergangenheit und Zukunft der Menschheit so deutlich wieder – unser Ursprung und unsere Gestaltungskraft – wie auf dem afrikanischen Kontinent.

 

Auf meinen Reisen in afrikanische Länder habe ich eine kreative junge Generation erlebt, die ihren eigenen Blick auf die Welt wirft und die ihre eigene Erzählung längst begonnen hat – die kritisch hinterfragt, Innovationen provoziert und Impulsgeber für ganze Gesellschaften sein will.

 

Die Fashion Week in Mailand hat dies eben erst eindrucksvoll gezeigt. Junge afrikanische Mode-Designer präsentierten sich gleich bei Eröffnung der Modewoche.

 

Thebe Magugu etwa. Der 26-jährige aus Johannesburg hat gerade als erster Afrikaner überhaupt den renommierten LVHM Prize für junge Designer gewonnen. Er entwirft atemberaubende Kleider, die wörtlich alle ihre eigene, afrikanische Geschichte erzählen: Die kann man mit einer App erfahren, wenn man die Kleider scannt. Stoffe und Muster, ihre Verwendung und Verarbeitung – all das hat Bedeutung und Botschaft. Oder Laduma Ngxokolo, ebenfalls Südafrikaner, der moderne Muster zu sportlich-eleganten Kollektionen strickt, dass Missoni dagegen fast verblasst.

 

Afrika wird international sichtbarer. Und es sind nicht nur die neuen Stars, sondern gerade auch die vielen kleineren Start-ups, die vielversprechend in Büros der Millionenmetropolen, oftmals auch mit internationaler, auch deutscher Unterstützung, arbeiten. An Dünger-Drohnen etwa, die ich in Lagos bestaunen konnte.

 

Häufig fehlen jedoch verlässliche Rahmenbedingungen, Infrastruktur, Finanzierungsmöglichkeiten, rechtliche Grundlagen sowie nachhaltige Vertriebswege, die diese Generation einfordert. Auch hier ist Deutschland gefordert. Und nicht zuletzt sind es die Brücken zwischen den Kreativen des globalen Südens und des Nordens, die ausgebaut werden müssen, um sie in beide Richtungen begehbar zu machen.

 

Einige wirklich gelungene Beispiele gibt es bereits. Die Musikplattform „Music in Africa“ in Zusammenarbeit mit der Siemens Stiftung oder der „Africa Hub“, zu dem während der Berlinale Filmschaffende aus Afrika ihre Werke und Ideen präsentieren und daraus ein eigenes Netzwerk aufbauen. Oder das „AYADA-Lab“ – eine deutsch-französische Zusammenarbeit aus Goethe-Institut und Institut Français, das junge Kreativunternehmerinnen und -unternehmer in Westafrika unterstützt.

 

Unsere Mittler, Partnerorganisationen und Partnerschulen haben sich auf den Weg gemacht, sie wollen Plattformen bieten für Kreativität und die Begegnung der Kulturen mit der Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben verbinden. Universitäts- und Forschungskooperationen fördern die besten Köpfe.

 

Design, Mode, Film, Literatur, Philosophie, Tanz, Malerei und Musik: Sie alle erzählen afrikanische Geschichten. Überall auf der Welt. Wir sollten ihnen zuhören.

 

Dazu gehört ausdrücklich auch die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus. Nur so können wir die so dringend notwendige Erzählung für eine gemeinsame Zukunft schreiben und sie miteinander gestalten.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 10/2019.


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