Thomas Zettler - 26. November 2019 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Auswärtige Kultur- & Bildungspolitik (AKBP)

Indonesien will Ausbildungsqualität steigern


Deutsch-indonesische Hochschulbeziehungen

Am 17. April fanden in Indonesien Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Nach den veröffentlichten Hochrechnungen scheint es, dass Amtsinhaber Joko Widodo, allgemein nur „Jokowi“ genannt, für eine zweite Amtszeit gewählt wurde. Aber auch sein Gegenkandidat, Ex-General Prabowo Subianto, erhebt noch Anspruch auf den Wahlsieg. Das offizielle Wahlergebnis wird erst im Mai bekannt gegeben. Der Wahlkampf ist friedlich verlaufen, trotz der politischen, sozialen und religiösen Spannungen, die die indonesische Gesellschaft belasten. Eine Gesellschaft von 263 Millionen Menschen, mit einem stark wachsenden Anteil an junger Bevölkerung. Die Regierung hat das Ziel verkündet, das Land bis 2045 zur viertstärksten Wirtschaftsmacht weltweit zu entwickeln. Aber auf dem Weg dorthin müssen die immer noch großen sozialen Probleme des Landes angegangen werden, die immer wieder bedrohte Toleranz muss gesichert werden. Das gilt auch für das gegenseitige Verständnis zwischen den Religionen des Landes.

 

Dominierend ist der Islam, dem ca. 87 Prozent der Bevölkerung angehören, aber auch evangelische und katholische Christen, Hindus und Buddhisten bilden große und oft regional dominierende Gruppen. Ebenso steht auch die Frage der Ausbildung der jungen Generation im Raum. Denn es ist unbestritten, dass der Weg Indonesiens zu einer starken Wirtschaftsmacht nur mit einer gut ausgebildeten jungen Generation erreichbar ist. Oder, im Umkehrschluss: Gelingt es nicht, die Jugend des Landes mit einer sehr guten Ausbildung für den globalen Wettbewerb zu wappnen und ihnen berufliche Entwicklungschancen zu vermitteln, drohen neue soziale Probleme und die Abwanderung junger Talente ins Ausland. Dies ist, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, beiden Präsidentschaftskandidaten klar. Kein Wunder, dass sich im Bereich der Bildung die Programme kaum voneinander unterscheiden und vor allem ein Ziel haben: die Erhöhung der Qualität der Ausbildung an Schulen und Hochschulen.

 

Derzeit gibt es in Indonesien fast 4.700 Hochschulen. Viele davon sind kleine private Einrichtungen, die nur wenige Fächer anbieten. Nicht alle Hochschulen unterstehen dem Ministerium für Forschung, Technologie und Hochschulbildung (RISTEKDIKTI), allein 1.200 Hochschulen sind dem Religionsministerium unterstellt. Der Fächerkanon dieser Hochschulen – neben islamischen Einrichtungen gehören hierzu auch katholische, evangelische, hinduistische oder buddhistische Institutionen – konzentriert oder beschränkt sich häufig auf religiöse Fächer. Von den genannten 4.700 Hochschulen sind nur ca. 430 staatliche Einrichtungen, an denen aber über 40 Prozent der Studierenden eingeschrieben sind. Bei der großen Mehrzahl handelt es sich dagegen um private Institutionen. Das Hauptproblem der indonesischen Hochschulen ist die niedrige Qualität der Ausbildung. Das rasche Wachstum der Hochschullandschaft, getrieben von einer rasant wachsenden Tendenz zur Hochschulbildung, welche ihrerseits durch die schrittweise Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards und die Entstehung einer indonesischen Mittelschicht bedingt wird, hat zur Gründung vieler neuer Hochschuleinrichtungen geführt. Dem Ausbau der Hochschulen steht allerdings ein großer Mangel an gut ausgebildetem Lehrpersonal gegenüber. Nur 14 Prozent des Hochschulpersonals sind derzeit promoviert, 68 Prozent haben einen Master-Abschluss, 12 Prozent verfügen über einen Bachelor-Abschluss. Forschung findet nur an einigen wenigen guten Einrichtungen statt. Zu diesen zählen z. B. die Universitas Gadjah Mada (UGM) in Yogyakarta, die Universitas Indonesia in Jakarta und das Institut Teknologi Bandung (ITB).

 

Die indonesische Regierung hat die Probleme erkannt und versucht, mit verschiedenen Maßnahmen gegenzusteuern. Dabei spielt auch der Kostenaspekt eine Rolle: Man möchte zukünftig weniger auf teure staatliche Stipendienprogramme für ein Auslandsstudium setzen, sondern vermehrt ausländische Dozenten und Wissenschaftler für eine zeitweise oder dauerhafte Tätigkeit in Indonesien gewinnen. So hat man z. B. das „World Class Professor Program“ aufgelegt, mit dem ausländische Wissenschaftler für einen begrenzten Aufenthalt an eine indonesische Hochschule eingeladen werden können. Sie sollen dort gemeinsam mit indonesischen Wissenschaftlern lehren, forschen und publizieren. Erstmals soll es auch ausländischen Hochschulen ermöglicht werden, eigene Ausgründungen in Indonesien zu betreiben. Durch gesetzliche Regelungen, die den Zugang von Ausländern zum indonesischen Arbeitsmarkt erleichtern, sollen zusätzlich vermehrt ausländische Dozenten für eine Tätigkeit an indonesischen Hochschulen gewonnen werden. Die Umsetzung vieler Reformen geht indes nur langsam voran. Es gibt zudem nicht nur Befürworter der Internationalisierungsbestrebungen: In der Presse wurden bereits einzelne Befürchtungen geäußert, einheimische Dozenten und einheimische Hochschulen könnten durch ausländische Konkurrenten verdrängt werden oder lokale kulturelle Werte könnten durch allzu großen ausländischen Einfluss infrage gestellt werden. Trotz solcher Ängste und Sorgen besteht kaum ein Zweifel daran, dass Indonesien sich auf dem Weg zu seinen ehrgeizigen wirtschaftlichen und politischen Zielen auch in den nächsten Jahren weiter öffnen und ein noch wichtigerer Partner für unsere Hochschulen werden wird.

 

Ca. 140 Partnerschaften zwischen deutschen und indonesischen Hochschulen bestehen derzeit. Fast 5.000 Indonesier studieren momentan in Deutschland. Zehntausende Indonesier haben in der Vergangenheit längere Studien- oder Arbeitsaufenthalte in Deutschland absolviert. Allein der DAAD zählt über 3.100 indonesische Alumni. Viele von ihnen arbeiten an den besten Hochschulen des Landes. Eine gute Basis für die deutsch-indonesischen Hochschulbeziehungen.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 5/2019.


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