Johannes Kars & Theresa Brüheim - 1. November 2016 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Freiheits- & Einheitsdenkmal

Eine rein finanzielle Entscheidung


Der SPD-Politiker Johannes Kahrs zur Ablehnung des Einheits- und Freiheits-denkmals durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages

Theresa Brüheim: Herr Kahrs, wieso wurde das Bauvorhaben für das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal im April dieses Jahres durch den Haushaltsausschuss gestoppt? Braucht Deutschland einen solchen Erinnerungsort nicht mehr?

Johannes Kahrs: Es ist weder der Auftrag noch die Rolle des Haushaltsausschusses, über Beschlüsse des Deutschen Bundestages zu bestimmen. Der Deutsche Bundestag hat beschlossen, dass es ein Freiheits- und Einheitsdenkmal geben soll.
Entsprechend haben wir nur das aktuelle Modell gestoppt, weil die Kosten aus dem Rahmen gelaufen sind. Zudem konnte niemand die Folgekosten garantieren. Da haben wir gesagt, das geht so nicht! Es stimmte mit dem Kostenrahmen, der vereinbart war, einfach nicht mehr überein.

 

Weshalb sollten die Kosten des Bauvorhabens ausufern?
Wir haben als Haushaltsausschuss gesagt, dass die Höhe der Baukosten übermäßig hoch sind. Niemand konnte uns die Garantie geben, dass es nicht so weitergeht. Deswegen haben wir gesagt, dass es in diesem Rahmen nicht geht und nicht funktioniert.

 

Aus Kreisen des Haushaltsausschusses hieß es auch, dass von der Umsetzung des Entwurfs am Ende niemand mehr so richtig überzeugt gewesen sei. Woran lag dieser Umstand?
Prinzipiell ist es nicht meine Aufgabe und nicht mein Job als Haushälter, die Qualität des Entwurfes oder des Standortes zu bewerten. Wir haben einfach die Kostensteigerung bewertet: Läuft das Bauvorhaben ab jetzt stabil oder wird es noch teurer? Die Antworten darauf waren unbefriedigend. Folglich haben wir die Sache gestoppt. Die inhaltliche Frage entscheidet am Ende der Kulturausschuss bzw. die Jury.

 

Wolfgang Thierse, ein Mitinitiator des Freiheits- und Einheitsdenkmals, sagte im Zuge des Stopps, dass dieser eine Blamage für den Bundestag sei, weil das im Umkehrschluss bedeuten würde, dass man nicht zu den eigenen Entscheidungen stehe. Was sagen Sie dazu?
Die Blamage ist, dass das Freiheits- und Einheitsdenkmal 2009 eingeweiht werden sollte. Wir sind jetzt im Jahr 2016. Vielleicht muss man sich überlegen, was im Vorfeld falsch gelaufen ist. Es ist ja nicht das erste Freiheits- und Einheitsdenkmal, was Schwierigkeiten hatte. Man kennt das ja aus Leipzig. Und es gab auch schon mal einen Anlauf in Berlin.

 

Inwiefern hat der Haushaltsausschuss mit seiner Entscheidung die Beschlussfassung des Bundestages gestört?
Der Haushaltsausschuss hat die Aufgabe wahrgenommen, auf den haushalterischen Bereich zu achten. Inwieweit der Deutsche Bundestag das Projekt jetzt neu aufsetzt oder anders gestaltet, obliegt ihm selbst. Im Ältestenrat wurde auch festgestellt, dass die Fraktionen jetzt nochmal darüber diskutieren werden, ob ein weiterer Anlauf gestartet wird.

 

Wie verhält es sich denn mit den bereits ausgegebenen Geldern für das Freiheits- und Einheitsdenkmal? Die liegen wohl zwischen 1,7 und 3,2 Millionen Euro. Führt der Entschluss des Haushaltsausschusses nicht dazu, dass diese jetzt in Luft verpuffen?
Höchstwahrscheinlich wird das so sein.

 

Was denken Sie, soll es in Zukunft weitere Initiativen für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal geben?
Es gibt einen Beschluss des Bundestages für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat nicht gesagt, dass er kein Freiheits- und Einheitsdenkmal will. Er hat nur gesagt, dass der Kostenrahmen, der vorgegeben worden ist, so deutlich überschritten worden ist, dass es in dieser Art und Weise nicht geht.

 

Würden Sie in Zukunft weitere Initiativen dafür unterstützen?
Das hängt davon ab, wie es weitergeht. Der Bundestag muss entscheiden, ob er das Vorhaben nochmal aufgreift. Am Ende ist es kein Beschluss der Haushälter, ob wir das unterstützen. Mich hat nur gewundert, dass die Resonanz auf den Beschluss des Haushaltsausschusses eher positiv als negativ war. Grundsätzlich habe ich außer zwei, drei kritischen Stellungnahmen nur positive Stellungnahmen zum Beschluss des Haushaltsausschusses gelesen, was an sich schon erstaunlich ist.

 

Wie würden Sie sich in Zukunft ein gelungenes Freiheits- und Einheitsdenkmal vorstellen?
Das ist Aufgabe des Kulturausschusses, sich das zu überlegen. Aber vielleicht sollte man sich angucken, woran es in Leipzig und in Berlin gescheitert ist. Weiterhin glaube ich, als jemand, der die Kosten beurteilt, hält man sich besser aus der inhaltlichen Betrachtung raus.

 

Das ist doch ein gutes Schlusswort, Herr Kahrs. Ich danke Ihnen für das Interview.

 

Der Text ist zuerst in Politik & Kultur 06/2016 erschienen.


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