Johann Feilacher - 1. September 2021 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Inklusion & Kultur

Außenseiterkunst aus Gugging


Drei Fragen an Johann Feilacher

Die Bilder im Schwerpunkt stammen aus der neuen Dauerausstellung des „museum gugging“. Sie umfassen fünf Jahrzehnte Gugginger Kunst – von ikonischen Zeichnungen etablierter Art-Brut-Künstler bis hin zu aktuellen Werken jüngerer Kunstschaffender. Der künstlerische Leiter Johann Feilacher gibt Einblick in das Museum, seine Kunst und Künstler.

 

Das „museum gugging“ gehört international zu den wichtigsten Ausstellungshäusern für Art Brut. Was zeichnet diese Kunstrichtung aus?

Es geht um Kunst, die vollkommen unbeeinflusst vom akademischen Diskurs, ohne jegliche künstlerische Vorbildung entsteht. Jean Dubuffet hat diesen Begriff 1945 geboren. Er meinte damit, dass diese Kunst aus der Persönlichkeit und dem eigenen Talent kommt. Hinter ihr steht keine Tradition wie Volkskunst, eine bestimmte Schule oder eine modische zeitgenössische Strömung. Auch das Kunstbusiness hat keinen Einfluss auf die Art Brut. Viele Vertreterinnen und Vertreter dieser Kunst sind Außenseiter der Gesellschaft. Dubuffet hat aber besonders betont, dass es keine „Kunst von psychisch Kranken“ gibt, genauso wenig wie es eine „Kunst der am Kniegelenk Erkrankten“ gibt. Natürlich lebt eine große Anzahl der Künstlerinnen und Künstler am Rande der Durchschnittsgesellschaft.

 

Wer sind die Künstlerinnen und Künstler aus Gugging?

Die Künstlerinnen und Künstler aus Gugging entwickelten sich langsam ab den 1960er Jahren mehr oder weniger zufällig in einer früheren Psychiatrie, die schon lange nicht mehr existiert. Bereits in den 1980er Jahren waren sie in einer Wohngemeinschaft für Art Brut beheimatet. Ihre Werke werden seit 1970 in Kunstgalerien und Museen ausgestellt und am Kunstmarkt international gehandelt. Sie erhielten 1990 den Oskar-Kokoschka-Preis, die höchste Auszeichnung, die Österreich im Bereich der bildenden Kunst vergibt. Sie haben eine eigene Galerie, die ihre Werke weltweit vertritt. Das „museum gugging“ präsentiert permanent verschiedene Ausstellungen sowohl Klassiker von bereits verstorbenen Künstlern, als auch der jüngeren zeitgenössischen Vertreterinnen und Vertreter.

 

Bis zum 1. April 2024 ist die Dauerausstellung „gugging.! classic & contemporary“ im „museum gugging“ zu sehen. In dieser Ausgabe ist eine Auswahl von Werken aus der Schau zu sehen. Was erwartet die Besucherinnern und Besucher?

Diese Ausstellung zeigt vor allem die Vielfalt der Kunst aus Gugging, sowohl, was verschiedene Künstlerinnen und Künstler betrifft, als auch, was spannende Entwicklungen im Werk einzelner Kunstschaffender angeht. Ohne auf die Klassiker zu verzichten, legen wir aber einen Schwerpunkt auf das aktuelle Schaffen in Gugging: Da ist etwa Arnold Schmidt, der die Kunst der Kleinformate ebenso beherrscht wie Großformate oder etwa die designartige Gestaltung einer Couch. Laila Bachtiar mit ihrer akribischen grafischen Arbeit ist eine der wenigen Künstlerinnen. Oder nennen wir an dieser Stelle vielleicht auch Leopold Strobl, der derzeit mit seinen überzeichneten Zeitungsfotografien in New York Furore macht, von dem auch das Museum of Modern Art bereits Werke angekauft hat.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 09/2021.


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