Felix Falk - 26. Februar 2021 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Corona vs. Kultur

Spielend leicht in der Krise?


game – Verband der deutschen Games-Branche

Spiele-Boom während der Pandemie“ oder „Corona hebt Gaming-Aktien auf ein neues Level“ – so lauteten im vergangenen Jahr viele der Überschriften von Artikeln, die von Gaming während der Coronakrise handelten. Es war von Nutzerrekorden und steigenden Umsatzzahlen die Rede. Schnell entstand der Eindruck, dass die Games-Branche einer der großen Profiteure der Corona-Pandemie sei. Doch ist sie das wirklich? Ganz so einfach ist es nicht.

 

Außer Frage steht, dass im vergangenen Jahr mehr Menschen Computer- und Videospiele gespielt haben als je zuvor. Durch das gemeinsame Spielen sind Freunde und Familien in Kontakt geblieben. Sie haben sich beim Spiel mit Gleichgesinnten ausgetauscht, konnten trotz Ausgangssperren den eigenen vier Wänden zumindest digital entfliehen und trotz abgesagter Urlaubsreisen fremde Welten entdecken.

 

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat bereits im März 2020 prominent dafür geworben, zu Hause zu bleiben und gemeinsam Games zu spielen. Und das taten die Menschen. In Deutschland hat rund ein Viertel der Gaming-Fans häufiger mit Familie und Freunden gespielt. Die weltgrößte Plattform für PC-Spiele „Steam“ hat bereits zu Beginn der Pandemie neue Rekorde vermeldet und diese später immer wieder übertroffen: Allein am 4. April 2020 waren weltweit über 24,5 Millionen Menschen gleichzeitig auf der Plattform aktiv.

 

Auch der Blick auf die Umsatzzahlen zeigt, dass Millionen Menschen gespielt haben, um der Pandemie „spielerisch“ zu entfliehen. In Deutschland ist der Markt allein im ersten Halbjahr 2020 um 27 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro gewachsen. Selbst für den an Wachstum gewöhnten Markt eine besonders starke Entwicklung.

 

Also, alle bestens? Fast. Die Games-Branche ist mit ihrer Widerstandsfähigkeit, Innovationskraft und Flexibilität besser als viele andere Wirtschaftszweige durch die Krise gekommen. Dabei hat sicherlich geholfen, dass Games als einziges Medium schon immer digital waren.

Die Innovationskraft zeigt sich beispielsweise an der gamescom, die 2020 als eines der wenigen internationalen Mega-Events komplett digital stattgefunden hat. Obwohl die Hunderttausenden Menschen vor Ort in Köln fehlten, verfolgten Millionen gamescom-Fans aus über 180 Ländern das digitale Programm. Weitere Beispiele für die Innovationskraft sind digitale Spiele im Bereich der digitalen Bildung, das Aufbauen engagierter Communities oder das Ausleben von künstlerischer Kreativität im digitalen Raum.

 

Doch egal wie innovativ und digital – zur Wahrheit gehört eben auch, dass viele Games-Unternehmen 2020 mit Herausforderungen zu kämpfen hatten, wie Projektverschiebungen, Zurückstellungen von Investitionen oder dem Wegbrechen von Finanzierungsquellen. Ausgefallene Events führten zu deutlich weniger Austausch mit der Community, Geschäftspartnern und Finanzierern. Die negativen Effekte drohen zudem erst verzögert besonders sichtbar zu werden.

 

Gerade in der klein- bis mittelständisch geprägten deutschen Games-Branche konnten außerdem nur wenige Studios von den Milliardenumsätzen weltweit profitieren. Deshalb ist es weiterhin von höchster Bedeutung, dass wir als Games-Standort Deutschland international aufholen. Die jüngst eingeführte Games-Förderung des Bundes ist hierfür ein entscheidender Faktor.

 

Die Corona-Pandemie hat also andere Bereiche der Kultur- und Kreativwirtschaft härter getroffen als die Games-Branche. Doch auch an ihr geht sie nicht folgenlos vorbei. Trotzdem ist es richtig, den Blick weiter nach vorn zu richten, Neues zu probieren und mutig zu sein, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Die Games-Branche spielt dabei ganz vorne mit.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 3/2021.


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