Michael Freundt - 26. Februar 2021 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Corona vs. Kultur

Arbeitsfähigkeit der Tanzszene erhalten


Dachverband Tanz

Die Verzweiflung der Tanzschaffenden wächst, inzwischen melden zahlreiche Tanzschulen Insolvenz an – immer dramatischer werden die Nachrichten aus der Tanzszene, welche die Geschäftsstelle des Dachverband Tanz erreichen. Einzelne stellen ihre Existenz zur Disposition. Orte, die seit Jahrzehnten Gemeinschaft stiften, werden geräumt. Auch wenn die Hilfsprogramme viele erreichen, Frust und Drohungen der Nicht-Geförderten werden drastischer, mit Grund.

 

Hinzu kommt, dass Tanzen in den letzten Monaten als ebenso gefährlich wie Singen und Musizieren eingeschätzt wurde, ohne allerdings auf vergleichbare Expertisen wie in der Musikermedizin verweisen zu können. Und wenn Tanzschaffende lange Zeit nicht trainieren, proben, aufführen können – ruht ihr Körper, verlieren sie ihr künstlerisches Instrument.

 

Zugleich ist die Hoffnung groß, dass es mit den Hilfsprogrammen aus NEUSTART KULTUR gelingt, die Arbeitsfähigkeit der Tanzszene zu erhalten.

 

Im Mai entwickelten die gemeinnützige Kulturorganisation Diehl+Ritter, das Nationale Performance Netz und der Dachverband – drei Institutionen, die bereits Tanzförderprogramme der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien betreuen – das Konzept einer koordinierten Bundestanzförderung. Vorausgegangen war eine umfangreiche Studie der regionalen Tanznetzwerke und des Dachverbands, die die Verluste von Tanzschaffenden, Tanzensembles, Spielstätten und Tanzschulen bei einem Lockdown zwischen März und Juli mit 130 Millionen bezifferte. Diese Studie und weitere Recherchen wurden Ende April im Arbeitskreis Tanzförderung Stadt-Land-Bund vorgestellt. Der Arbeitskreis, welcher bereits 2013 etabliert wurde und mehrfach im Jahr die Fachbereiche der Kulturämter, Länderreferate und Förderinstitutionen des Bundes verbindet, analysierte den Bedarf vor Ort und gab Empfehlungen für Hilfsprogramme im Tanz. Drei aufeinander abgestimmte Förderprogramme stärken seit Juli 2020 den Tanz in der Coronakrise: „Tanzpakt Reconnect“ fördert den Erhalt von künstlerischen und Produktionsstrukturen, „Stepping Out“ bringt Choreografien von den Bühnen in den Stadt- oder digitalen Raum und „Dis-Tanzen“ fördert Reflexions- und Rechercheprojekte von Tanzschaffenden und unterstützt Sonderprojekte von Tanzschulen. Die drei Programme wurden aus NEUSTART KULTUR mit 20 Millionen Euro ausgestattet – angesichts des Bedarfs nur ein Bruchteil des Notwendigen und zugleich über Juryverfahren möglichst passgenau eingesetzt, als Hilfen in der Gegenwart, aber auch zur Neuaufstellung für die Zukunft.

 

Diese Mittel, weitere Programme in NEUSTART Kultur und das Instrument der Kurzarbeit an den Stadt- und Staatstheatern haben bis heute wichtige Strukturen im Tanzbereich – Tanzschaffende und Ensembles – erhalten. Jetzt muss das zweite NEUSTART-Programm schnellstens wirksam werden. Es braucht für die kommenden Monate eine bundesweite Strategie, wie die Theater wieder öffnen können, Tanzkunst und Tanzvermittlung wieder auf die Bühne und in die Tanzschulen kommen. Und jetzt muss der Dialog beginnen, wie Städte, Länder und der Bund gemeinsam die Kultur erhalten. Im Februar haben wir begonnen, diese Themen im Arbeitskreis Tanzförderung am Beispiel des Tanzes zu diskutieren.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 3/2021.


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