25. August 2021 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Bundestagswahl 2021

Antworten Die Linke auf die Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2021


1. Welche kulturpolitischen Post-Corona-Ziele haben Sie? Wollen Sie sich für die Verankerung des Staatsziels Kultur im Grundgesetz einsetzen? Werden Sie das BKM zu einem eigenständigen Bundeskulturministerium weiterentwickeln? Wollen Sie das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern aufheben?

 

Ja. DIE LINKE will das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern beenden sowie Kultur als Gemeinschaftsaufgabe und ein Staatsziel Kultur im Grundgesetz verankern, um den kooperativen Kulturföderalismus zu stärken. Drüber hinaus wollen wir eine*n Bundeskulturminister*in mit Kabinettsrang und ein Kulturministerium, um die Belange der Kultur gegenüber anderen Ressorts und auf europäischer Ebene wirksamer vertreten zu können. Die Corona-Pandemie verstärkt im Kulturbereich Probleme, die schon seit längerem vorhanden sind: Kultur ist nicht ausreichend finanziert und findet häufig unter so prekären Bedingungen statt, dass jede Krise zur Existenzbedrohung wird. Daher ist unsere politische Herzensangelegenheit Kultur und Kulturförderung krisenfest zu gestalten und für gute, existenzsichernde Arbeit und soziale Sicherung im Kulturbereich zu streiten. DIE LINKE will „Kultur für alle“ und kulturelle Teilhabegerechtigkeit realisieren. Länder und Kommunen müssen ausreichend Mittel erhalten, damit sie ihren Aufgaben in der Kulturpflege und Kulturförderung nachkommen können und eine große Vielfalt der kulturellen Angebote sichern.

 

2. Welche Schwerpunkte in der AKBP in Europa und international wollen Sie setzen? Welchen Stellenwert wird dabei die UNESCO-Konvention Kulturelle Vielfalt haben? Wie wollen Sie die Nachhaltigkeitsziele der UN-Agenda 2030 national und international in der Kultur-, Medien- und Digitalpolitik umsetzen?

 

Wir setzen uns für den Erhalt und für die Ausgestaltung der kulturellen Vielfalt in einem sozialen, friedlichen und demokratischen Europa und weltweit ein. Einen zentralen Schwerpunkt in der AKBP sehen wir in der flächendeckenden Zugänglichkeit von Kultur und Bildung. Hierzu wollen wir u.a. institutionelle Förderungen im Bereich der AKBP stärken, um mehr Planungssicherheit bei den Organisationen zu schaffen. Eine solche Auswärtige Kulturpolitik des Zugangs dient auch der Überwindung von nationalstaatlichem Denken und Handeln. Digitalisierung und Klimawandel verändern unsere Welt und müssen daher zwingend zusammen gedacht werden. Für DIE LINKE ist klar: Digitalisierung kann nur umweltgerecht gelingen. Konkret schlagen wir die Erweiterung der Ökodesign-Vorgaben für Produkte vor, um Anforderungen an Lebensdauer, Update-, Upgrade-, Reparier-, Weiterverwend- und Recycelbarkeit zu schaffen. Wir unterstützen das „Top-Runner-Modell“ für die Produktion von Geräten (das nachhaltigste Gerät zu einem bestimmten Zeitpunkt setzt den neuen Standard) und wollen für Reparaturdienstleistungen und Demontage die Mehrwertsteuer auf 7 Prozent senken. Reparatur und Wiedernutzung muss Vorrang vor Recycling haben. Ein massiver, rapider Ausbau erneuerbarer Energien ist unabdingbar.

 

3. Wollen Sie Kultur-, Medien- und Digitalpolitik enger verbinden? Wenn ja, wie? Geht dies auch mit strukturellen Veränderungen einher? Wie wollen Sie die kulturelle Vielfalt und die Medienvielfalt sichern? Wollen Sie künstliche Intelligenz unter Berücksichtigung eines ethischen Rahmens fördern?

 

Ja. Angesichts zunehmender Medienkonvergenz und der Verschiebung künstlerischer Produktion ins Digitale sind der Kultur-, Medien-, und Digitalbereich eng miteinander verwoben. Kooperative Ansätze müssen stringent verfolgt und der gemeinsame Ordnungsrahmen gerecht gestaltet werden. Um das Potential digitaler Angebote langfristig zu nutzen, müssen private und öffentliche Kultureinrichtungen stärker unterstützt werden. Auch sind Kooperationen zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und Museen sowie Bibliotheken von Interesse, z.B. ein digitales „Kulturportal“ der öffentlich-rechtlichen Anstalten, das mit digitalen Angeboten von Museen und Bibliotheken verknüpft ist. Zudem fordern wir einen bundesweiten Bericht zum Stand der Medienvielfalt und Pressefreiheit, in dem regelmäßig die Entwicklungen auf dem Medienmarkt untersucht und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die die Medien- und Meinungsvielfalt sichern. In Hinblick auf Künstlicher Intelligenz fordert DIE LINKE einen gemeinwohlorientierten Einsatz  Die Orientierung an einem ethischen Rahmen kann dabei einen ergänzenden Lösungsweg darstellen, muss dann jedoch gesetzlich verankert werden und z.B. Sanktionen bei Missbrauch/Verstößen vorsehen.

 

4. Welche Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage in Kultur und Medien planen Sie? Wie stehen Sie zur verbesserten Einbeziehung von Selbständigen in die Arbeitslosenversicherung sowie eine Altersvorsorgepflicht für Selbständige? Welche Maßnahmen für mehr Geschlechtergerechtigkeit planen Sie?

 

Ja. Für uns stellt die soziale Sicherheit von Künstler*innen und Kulturschaffenden keine Neben-, sondern eine Hauptsache dar. Deshalb fordern wir verbindliche Mindeststandards der Honorierung in der freien Kunst- und Kulturarbeit, branchenspezifische Honoraruntergrenzen und eine rechtlich abgesicherte Ausstellungsvergütung für bildende Künstler*innen. Wir fordern die Einbeziehung aller in die gesetzlichen Sozialsicherungssysteme, um die soziale Absicherung von unstetig Beschäftigten und Soloselbstständigen zu verbessern. Im Zusammenhang mit der Arbeitslosenversicherung sollen sich Beiträge und Leistungen nach dem tatsächlichen Einkommen richten. Um Altersarmut entgegenzuwirken, wollen wir die Rentenkürzung zurücknehmen und die Regelaltersgrenze wieder senken. Das Rentenniveau wollen wir sofort auf 53 Prozent anheben. Als Garantie führen wir eine Solidarische Mindestrente von 1.200 Euro für all jene ein. Geschlechtergerechtigkeit wollen wir u.a. durch die Quote, die gleiche Bezahlung aller Geschlechter und Transparenz bei Gehältern und Honoraren erzielen und so den Gender Pay Gap und in der Folge auch den Gender Show Gap überwinden. Unser Konzept der Solidarischen Erwerbstätigenversicherung bietet eine gesetzliche Alterssicherung auch für bislang nicht versicherte Selbstständige, Freiberufler*innen, Beamt*innen, Manager*innen und Politiker*innen. Wir wollen, dass alle Erwerbstätigen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zahlen.

 

5. Planen Sie Maßnahmen zur Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft? Wenn ja, welche? Wollen Sie Honorarmindeststandards etablieren? Wie wollen Sie die Vergabepraxis im Kultur- und Medienbereich künftig gestalten? Werden Sie den Künstlersozialabgabesatz weiterhin stabil halten?

 

Ja. DIE LINKE will Selbstständige, Freiberufler*innen aus dem Kunst-, Kultur-, Medien- und Kreativbereich eine gute Wiederaufnahme ihrer Tätigkeiten ermöglichen. In diesem Sinne soll für die Dauer der Coronapandemie der Zugang zu einer monatlichen Pauschale in Höhe von mindestens 1.200 Euro – auch rückwirkend ab März 2020 – ermöglicht werden. Und ja, wir wollen verbindliche Mindeststandards bei der Honorierung in der freien Kunst- und Kulturarbeit sowie branchenspezifische Honoraruntergrenzen einführen (vgl. Antwort auf Frage 4). In puncto Vergabepraxis wollen wir die Bundeskulturförderung insgesamt nachhaltiger und weniger projektorientiert gestalten. Bei der Vergabe von Bundesfördermitteln müssen künftig auch soziale Standards, Geschlechtergerechtigkeit und Diversität als Kriterien etabliert werden. Die Künstlersozialkasse muss für weitere Berufsgruppen geöffnet und der Bundeszuschuss erhöht werden. Auch wollen wir die Verdienstobergrenze für „nicht-künstlerische oder publizistische“ Tätigkeiten dauerhaft angehoben werden.

 

6. Werden Sie nach der Umsetzung der DSM-Richtlinie in deutsches Recht weitere gesetzgeberische Maßnahmen im Urheberrecht ergreifen? Wenn ja, welche Akzente wollen Sie setzen? Planen Sie Veränderungen im Steuerrecht, insbesondere Umsatzsteuerrecht, für den Kultur- und Medienbereich? Wenn ja, welche?

 

Ja. Im Urheberrechtsgesetz wollen wir den Anspruch auf angemessene Vergütung stärken und konkretisieren sowie durch die Einführung eines Verbandsklagerechts tatsächlich durchsetzbar machen. Auch das Instrument der gemeinsamen Vergütungsregeln muss ausgeweitet und gestärkt werden. Den Einsatz von Uploadfiltern sehen wir weiterhin sehr kritisch und halten daher eine Nachbesserung des UrhDaG für dringend notwendig, um ihn so weit wie möglich einzuschränken. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für Kulturgüter ist eines der wesentlichen Instrumente indirekter Kulturförderung. Wir wollen den ermäßigten Umsatzsteuersatz für Kulturgüter aber auch digitale und analoge Presseerzeugnisse sowie Bücher und E-Books erhalten.

 

7. Wie wollen Sie das Bundesprogramm ,,Kultur macht stark“ weiterentwickeln? Planen Sie Maßnahmen zur Stärkung der digitalen Bildung in der außerschulischen Bildung? Werden Sie sich für Kultur und kulturelle Bildung im ländlichen Raum stark machen? Wenn ja, was planen Sie?

 

Ja. Wir wollen das Bundesprogramm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ über das Jahr 2022 in einer dritten Förderphase mit erhöhten Mitteln fortführen sowie verstetigen und hierfür die Mittel um 10 Millionen jährlich Euro erhöhen. Es ist uns wichtig, dass aus den Erfahrungen der bisherigen Bundesprogramme „Kultur macht stark“ Folgerungen gezogen werden und dabei insbesondere rassismuskritische und diversitätsorientierte Kriterien sowie die Belange von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen stärker berücksichtigt werden. Zudem wollen wir die Etablierung von Angeboten im ländlichen Raum stärker fokussieren. Die Definition von Bildungsbenachteiligung soll auch auf andere Risikolagen ausgedehnt und dabei ländliche, ländlich geprägte sowie strukturschwache Räume berücksichtigt werden. Darüber hinaus wollen wir gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Verbänden und außerschulischen Bildungs- und Kultureinrichtungen das Programm „Digital-Allianz Bildung“ für den Bereich der kulturellen Bildung auflegen, um den digitalen Transformationsprozess auch über die schulische Bildung hinaus zu gewährleisten und allen Akteur*innen ausreichend finanzielle, technische und personelle Ressourcen für die Digitalisierung ihrer Arbeit zur Verfügung zu stellen.

 

8. Werden Sie sich für die kulturelle lntegration und den Zusammenhalt in Vielfalt in Deutschland einsetzen? Was planen Sie konkret? Welche Relevanz hat in diesem Zusammenhang die Erinnerungskultur für Sie? Was wollen Sie tun, um Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit entgegenzutreten?

 

Ja, unbedingt! DIE LINKE tritt für eine vielfältige und partizipative Kultur ein, die allen zugänglich und für alle erschwinglich sein soll. In Metropolen wie in ländlichen Räumen, in Kulturinstitutionen und der freien Szene. Kulturelle Vielfalt lebt von einem breiten Kulturbegriff. Genauso vielfältig wie Kultur ist ihr Publikum. Es umfasst alle Generationen und kulturelle Hintergründe. Deshalb wollen wir möglichst vielen Menschen die Teilhabe und Teilnahme an kulturellen Angeboten jedweder Art ermöglichen. Angesichts von unterschiedlichen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, dem Einflussnahme rechter Parteien und geschichtsrevisionistischen Positionen, darf an finanziellen und personellen Ressourcen im Bereich der politischen Bildung und NS-Geschichtsvermittlung nicht gespart werden, im Gegenteil. Darüber hinaus müssen Erinnerungspraxen aber auch die historische und politische Bildungsarbeit sich verstärkt an einer postmigrantischen Gesellschaft in Deutschland orientieren. Um Rassismus und Diskriminierung zu überwinden, braucht es eine gerechte Verteilung von Reichtum und Ressourcen. Wir wollen Teilhabe statt Integration, dass alle Menschen, die hier leben, im Rahmen einer Teilhabeagenda rechtlich, politisch und sozial gleichgestellt werden.


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