Kultur in Gefahr: Die 27. Rote Liste der bedrohten Kultureinrichtungen ist erschienen

Vier Neuzugänge aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen

Mit der aktuellen Ausgabe der Zeitung Politik & Kultur 2/17 ist auch die 27. Rote Liste der bedrohten Kultureinrichtungen erschienen. Ein Filmdienst, ein kunsthistorisches Institut und zwei Museen wurden neu in die Liste aufgenommen.

 

Nordrhein-Westfalen

Die Zeitschrift für Filmkritik Filmdienst erscheint 14-tägig und rezensiert seit 1947 Filme im deutschen Kino. Die älteste deutsche Zeitschrift für Filmkritik führt nebst Filmkritiken auch umfassende thematische Auseinandersetzungen mit dem aktuellen Kino. Nun schwebt die Publikation in Gefahr: Ende letzten Jahres teilte die Deutsche Bischofskonferenz mit, dass die Zeitschrift im Laufe des Jahres 2017 eingestellt und durch ein digitales Angebot ersetzt werden soll. Begründet wurde dies mit der stark gesunkenen Auflage. Während Filmdienst sich anfangs an den katholischen Glaubensprinzipien orientierte, wurde ab den 1960er Jahren weitestgehend unabhängiger publiziert. Eine Wiederaufnahme der Printausgabe als wichtigste Filmzeitschrift an der Schnittstelle von Religion und (film-)kulturellem Diskurs wird erhofft.

 

Neben dem Filmdienst ist in Nordrhein-Westfalen auch das Theatermuseum Düsseldorf bedroht. Das seit 1988 in dem Hofgärtnerhaus ansässige Museum wurde 1938 als privates Theaterarchiv gegründet. Seither werden neben Dokumenten des Höfischen Theaters und der Kurfürstlichen Oper des 16. und 17. Jahrhunderts auch das Bergische Deutsche Theater des 19. Jahrhunderts und theaterbezogene Themenstellungen des 20. und 21. Jahrhunderts ausgestellt. Im Museum befinden sich zudem zwei Auftrittsmöglichkeiten. Für 2020 ist eine Umsiedlung des Museums in die alte Hauptpost am Hauptbahnhof geplant, um einige hunderttausend Euro einzusparen. Dort ist die Wahrnehmbarkeit des Museums allerdings kaum noch gegeben. Wechselausstellungen sind in Abstimmung mit anderen Museen der Stadt nur noch extern möglich. Das sanierungsbedürftige spätbarocke Hofgärtnerhaus von 1802 soll anschließend verkauft werden.

 

Niedersachen

Schon ab dem Winstersemester 18/19 sollen keine Studenten mehr für das Fach Kunstgeschichte an der Universität Osnabrück aufgenommen werden. Das Institut für Kunstgeschichte soll nach 42 Jahren aufgegeben werden – für mehr Geld zugunsten der Natur- und Rechtswissenschaften der Universität. Klaus Niehr, seit 2004 Professor in Osnabrück, sieht mit der Schließung des Instituts ein Alleinstellungsmerkmal der Universität verloren gehen. Die Schließung würde die Forschungslandschaft am IKFN beschädigen und einen schweren Verlust von Fachkompetenz im Land bedeuten. Ende 2023 und Anfang 2024 sollen die freien Professorenstellen nicht neu besetzt werden.

 

Sachsen

Seit 2003 dient die einstige Druckerei des Verlagsbuchhändlers Georg Joachim Göschen als Seume-Haus. Das prächtige Gebäude am Markt 11 in Grimma ist das einzige erhaltene Haus, in dem Johann Gottfried Seume gelebt und gearbeitet hat. 1999, zum 200. Jahrestag von Seumes Syrakus-Reise, wurde der Internationale-Johann-Gottfried-Seume-Verein „Arethusa“ gegründet. Der Verein zeigt im Erdgeschoss des Hauses das Erbe des Dichters, Korrektors und Lektors. Doch seit Anfang des Jahres ist das historisch-kulturelle Angebot geschlossen. Die Stadt hat im Rahmen der Haushaltskonsolidierung die Förderung des Vereinssektors gekürzt und so wurde dem Seume-Haus der Mietzuschuss in Höhe von 6.768 Euro gestrichen.

 

 

Die Rote Liste stellt in Analogie zu den bekannten Roten Listen der Tiere und Pflanzen bedrohte Kultureinrichtungen in Deutschland vor. In Politik & Kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, werden regelmäßig gefährdete oder bereits geschlossene Kulturinstitutionen, -vereine und -programme aufgeführt. (Kategorie 4: Gefährdung aufgehoben/ungefährdet; 3: Vorwarnliste; 2: gefährdet; 1: von Schließung bedroht; 0: geschlossen)

 

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