3. Februar 2023 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 5: Unterhaltung: Die Königsklasse der Kultur!, HANAU – Schultheater, Informationsveranstaltung Energie


Themen im Newsletter:

  1. Unterhaltung: Die Königsklasse der Kultur! Schwerpunkt in Politik & Kultur 2/23
  2. Engagement gegen Rassismus: „HANAU – Schultheater für Zusammenhalt in Vielfalt“
  3. Save the Date: Online-Informationsveranstaltung zum Kulturfonds Energie am 15.2.
  4. Zur Person …
  5. Mitgliederversammlungen auch Digital ermöglichen
  6. Text der Woche: „Brüssels Kulturfahrplan“ von Barbara Gessler

 


 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

in meinen Augen ist ein Gegensatz E(rnst) und U(nterhaltung) vollständig aus der Zeit gefallen. Ich lasse mich sehr gern von Hollywood-Filmen unterhalten, ich bin ein großer Fan von Science-Fiction-Serien, angefangen von »Raumpatrouille Orion« bis aktuell »Star Trek: Discovery«, ich erfreue mich an Jazz-Operetten, ich begeistere mich für Bruckner-Konzerte, ich schwärme für Ausstellungen zeitgenössischer bildender Kunst und vieles anderes mehr. Mein Kulturgenuss schließt vieles ein: Unterhaltsames, Ernstes, Schweres, Trauriges, Humoristisches, Nachdenkliches, Kitschiges, Kluges und so weiter und so fort. Wesentlich ist für mich, es muss mir Spaß machen.

 

Obwohl sattsam bekannt ist, dass E und U kaum zu trennen sind, wird immer wieder eine Unterscheidung getroffen, in der letztlich eine Wertung enthalten ist. E = anspruchsvoll, U = banal. Diese Wertung dient als Abgrenzungs-, als Distinktionsmerkmal. Kurz gesagt: die Unterhaltung für das »einfache Volk«, die ernste Kunst für den Bildungsbürger oder die Bildungsbürgerin bzw. diejenigen, die sich dafür halten und die Abgrenzung nötig haben.

 

Nun könnte man meinen, dass eine Einteilung zwischen U und E eine rein private Angelegenheit sei, und jeder doch die Kultur genießen möge, die ihm oder ihr gefällt. Relevant wird die Einteilung zwischen E und U, wenn es um die öffentliche Kulturförderung oder um den Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht.

 

Robert Habeck, heute Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister, hat im März 2021 in der Zeitschrift Rolling Stone gesagt: »Es braucht massive öffentliche Investitionen in die öffentlichen Räume, Mindestsicherheiten für Kreative und eine gleichberechtigte Wertschätzung aller Kulturformen in der Förderung, um damit die Unterscheidung zwischen E- und U-Musik aufzuheben.«

 

Im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP heißt es entsprechend: »Wir wollen Kultur mit allen ermöglichen, indem wir ihre Vielfalt und Freiheit sichern, unabhängig von Organisations- oder Ausdrucksform, von Klassik bis Comic, von Plattdeutsch bis Plattenladen. Wir sind überzeugt: Kulturelle und künstlerische Impulse können den Aufbruch unserer Gesellschaft befördern, sie inspirieren und schaffen öffentliche Debattenräume.« Auch hier also die Aufhebung einer Trennung von E und U bzw. zumindest die Gleichsetzung der sogenannten Ernsten und der Unterhaltungskunst.

 

Ist also alles geklärt? Gibt es keine Fragen mehr, und ist die Unterscheidung obsolet geworden? Ich denke, nein. Nach wie vor hält sich die Unterscheidung, oder besser Abgrenzung, hartnäckig. Immer wieder wird – mindestens unterschwellig – eine Unterscheidung gemacht, wenn die Frage aufgeworfen wird, ob öffentliche Förderung gewährt wird oder ob ein bestimmtes Angebot seinen Platz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat. Dahinter steht eine Haltung, dass alles, was unterhält, sich auch ökonomisch lohnt und daher dem privatwirtschaftlichen Kultur- und Mediensektor zugeordnet wird, und alles, was ernst und schwer verdaulich ist, öffentlich gefördert werden sollte bzw. Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist. Überspitzt könnte man sagen, alles, was leicht ist, den Privaten, und alles, was schwer ist, dem öffentlichen Sektor.

 

Eine solche Haltung wird der vielfältigen Unterhaltungslandschaft in Deutschland aber nicht gerecht. Unterhaltung ist äußerst vielgestaltig. Zu ihr gehört die populäre Musik ebenso wie das Volkstheater, das Musical genauso wie die Vorabendserie, das Kabarettprogramm wie das Computerspiel. Und vor allem zählen zur Unterhaltung die vielen Mischformen, das Cross-over, das Kunst und Kultur interessant und spannend macht.

 

Insofern bin ich der festen Überzeugung, dass E und U gestern waren, Unterhaltung heute ist.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

1. Unterhaltung: Die Königsklasse der Kultur!
Schwerpunkt in Politik & Kultur 2/23

 

Was macht gute Unterhaltung aus? Wieviel Arbeit steckt dahinter? Wie haben sich Unterhaltungsformate im Laufe der Zeit entwickelt? Und was leistet Unterhaltung in Theater, Fernsehen, Magazinen, Games und Musik heute? Antworten auf diese Fragen gibt der aktuelle Schwerpunkt „Let me entertain you! – Die Königklasse der Kultur? Unterhaltung“ in Politik & Kultur 2/23.

 

Lesen Sie hier alle Beiträge des Schwerpunktes:

 

 


 

2. Engagement gegen Rassismus: „HANAU – Schultheater für Zusammenhalt in Vielfalt“

 

Kulturstaatsministerin Claudia Roth und die Initiative kulturelle Integration laden in Kooperation mit dem Bundesverband Theater in Schulen und dem Deutschen Theater vom 6. bis 8. Februar 2023 zu einem bundesweiten Schultheatertreffen ein.

 

Anlässlich des dritten Jahrestags des rassistisch motivierten Anschlags in Hanau am 19. Februar 2020 führen Schultheatergruppen aus ganz Deutschland kurze Szenen zum Themenbereich Antirassismus, Antisemitismus oder Rechtsextremismus am 7. Februar 2023 um 18 Uhr in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin auf. Das Projekt zielt auf das aktive Engagement von jungen Menschen gegen Menschenfeindlichkeit und Ausgrenzung.

 

  • Nähere Informationen finden Sie hier.
  • Tickets können Sie hier kaufen.

 


 

3. Save the Date: Online-Informationsveranstaltung zum Kulturfonds Energie

 

Am 25.01. hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags dem Konzept für den Kulturfonds Energie des Bundes zugestimmt und die erste Rate (375 Mio. Euro ) der Mittel freigegeben. Insgesamt stehen für den Zeitraum vom 01.01.2023 bis 30.04.2024 eine Milliarde Euro zur Verfügung, um Mehrbedarfe an Energiekosten von Kultureinrichtungen, Einrichtungen der kulturellen Bildung und Kulturveranstaltende zu unterstützen. Der Kulturfonds Energie des Bundes kann sowohl von öffentlichen als auch von privatwirtschaftlichen Akteuren in Anspruch genommen werden.

 

Der Deutsche Kulturrat lädt noch vor dem offiziellen Programmstart gemeinsam mit den Ländern voraussichtlich am 15.2. zu einer Online-Informationsveranstaltung für am Energiefonds interessierte Kulturorte und Kulturveranstaltende ein. Weitere Informationen zur Teilnahme folgen in Kürze.

 

Mehr dazu:

 

 


 

4. Zur Person …

 

Andreas Hoffmann wird neuer Geschäftsführer der documenta in Kassel
Der Kulturmanager Andreas Hoffmann, derzeit noch Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums in Hamburg, wird Geschäftsführer der documenta in Kassel. Er trete seine Position bei der weltweit bekannten Schau für zeitgenössische Kunst am 1. Mai an, teilte die Documenta und Museum Fridericianum gGmbH mit. Bis dahin führe Ferdinand von Saint André, der nach Ausstellungsende der documenta fifteen als Interimsgeschäftsführer eingestellt worden war, verabredungsgemäß die Geschäfte. Die documenta 16 wird vom 12. Juni bis 19. September 2027 in Kassel stattfinden.

 

James Gaffigan wird Generalmusikdirektor an der Komischen Oper Berlin
Der US-Amerikaner James Gaffigan wird mit Beginn der Spielzeit 2023/24 Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin. Susanne Moser, Geschäftsführende Direktorin sowie Ko-Intendantin, und Philip Bröking, Operndirektor und Ko-Intendant, stellten den zukünftigen Generalmusikdirektor am 4. Januar 2022 in der Komischen Oper Berlin vor. Gaffigans Vertrag an der Komischen Oper Berlin läuft über vier Jahre bis zum Sommer 2027. Bereits vor dem offiziellen Beginn seiner Amtszeit übernimmt er das Dirigat eines Sinfoniekonzerts in der nächsten Saison.

 

Uwe Brandl wieder Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes
Der Erste Bürgermeister der Stadt Abensberg, Uwe Brandl, ist seit dem 1. Januar 2023 erneut Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Damit folgt er auf den bisherigen Präsidenten, den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nieder-Olm, Ralph Spiegler. Brandl wurde vom Hauptausschuss des kommunalen Spitzenverbandes bis zum 30. Juni 2025 gewählt. Beim Deutschen Städte- und Gemeindebund hatte der Abensberger Bürgermeister seit dem Jahr 2003 das Amt eines Vizepräsidenten inne, in den Jahren 2018 bis 2020 war er Präsident des Verbandes und seit Juli 2020 Erster Vizepräsident.

 

Joana Mallwitz leitet künftig das Konzerthaus Berlin
Ab der Saison 2023/24 wird Joana Mallwitz für die folgenden fünf Spielzeiten die neue Chefdirigentin und Künstlerische Leiterin des Konzerthausorchesters Berlin. Damit tritt sie die Nachfolge von Christoph Eschenbach an. Schon mit 27 Jahren war Joana Mallwitz Generalmusikdirektorin in Erfurt, seit der Spielzeit 2018/19 ist sie als Generalmusikdirektorin am Staatstheater Nürnberg tätig. Die Zeitschrift »Opernwelt« wählte sie 2019 zur »Dirigentin des Jahres«.

 

Neuer Vorstand der Clubcommission
Ende des letzten Jahres wählten die inzwischen 350 Mitglieder des Netzwerks für Berliner Clubkultur bei der Mitgliederversammlung ihre neue Vertretung. Im Geschäftsführenden Vorstand übernimmt der Geschäftsführer des SchwuZ Queer Clubs, Marcel Weber, den Ersten Vorsitz von Pamela Schobeß, Betreiberin des Gretchen Clubs. Zweite Vorsitzende ist für die nächsten zwei Jahre Lewamm Ghebremariam, das Amt des Schatzmeisters wird von Sascha Disselkamp besetzt.

 


 

5. Mitgliederversammlungen auch Digital ermöglichen

 

Während der Pandemie konnten Vereine ihre Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen unbürokratisch digital abhalten, die dafür entwickelte Sonderregelung ist im September 2022 allerdings ohne Ersatz ausgelaufen.

 

Über den Bundesrat ist nun ein „Gesetz zur Ermöglichung digitaler Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht“ eingebracht worden – mit der eigentlich guten Absicht, diese Regelung dauerhaft im BGB verankern soll.

 

Das Gesetz soll kommende Woche mit Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses im Plenum des Bundestages (2./3. Lesung) verabschiedet werden.

 

Die Ampel plant allerdings, nur hybride Formate zuzulassen. Eine digitale Mitgliederversammlung soll es damit nicht geben.

 

Das Bündnis für Gemeinnützigkeit, der bundesweit größte Zusammenschluss von Dachverbänden aus der Zivilgesellschaft, dem auch der Deutsche Kulturrat angehört, hat sich frühzeitig für eine praxisnahes Gesetz eingesetzt.

 

 


 

6. Text der Woche: „Brüssels Kulturfahrplan“ von Barbara Gessler

 

„Nicht erst seit der Coronakrise blicken europäische Kulturschaffende auch nach Brüssel auf der Suche nach Unterstützung. Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern immer wieder auch um rechtliche und politische Rahmenbedingungen für die Branche. Aus Gründen der Subsidiarität hat die europäische Ebene jedoch nur begrenzten Spielraum und insbesondere die Aufgabenverteilung mit den Mitgliedstaaten wird ständig überprüft und überarbeitet. Dabei verfolgen die Länder durchaus unterschiedliche Interessen, die von der halbjährlich wechselnden Ratspräsidentschaft mit durchaus häufig eigener Agenda zu Kompromissen zusammengeführt werden müssen. …“

 

Barbara Gessler ist Referatsleiterin „Kapazitätsaufbau im Hochschulbereich“ in der Exekutivagentur EACEA. Zuvor war sie Referatsleiterin Creative Europe bei der Europäischen Kommission.

 


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