14. Oktober 2021 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 41: Wie divers sind Deutschlands Kulturinstitutionen?, Forderungen an die nächste Bundesregierung, Industrielles Welterbe, Neu: Politik & Kultur, ...


BEST-OF: "Medienbild im Wandel - Jüdinnen und Juden in Deutschland", Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen, Text der Woche, Stellenausschreibung

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

wie divers sind Deutschlands Kulturinstitutionen? Der erste Diversitätsbericht 2018-2020 der Initiative kulturelle Integration ist gestern erschienen.

 

101 dauerhaft vom Bund geförderte Kultureinrichtungen (Museen, Fördereinrichtungen, Vereine) wurden angeschrieben, 67 haben geantwortet. In dem Bericht wird Diversität umfassend betrachtet, d.h. sowohl mit Blick auf Geschlecht, Migrationshintergrund und Behinderung.

 

Eine wichtige Aussage des Berichtes ist: Das Thema Diversität ist angekommen! Sie wird zwar noch nicht überall umfassend umgesetzt, aber das Bewusstsein für die Bedeutung des Themas besteht. 86% der Befragten befassen sich mit diesem Thema.

 

Die Mehrzahl der Mitarbeitenden in den untersuchten Kultureinrichtungen sind Frauen (64%). Die Mehrzahl der Beschäftigten ist über 50 Jahre alt (42%), 30-50-Jährige machen 37% der Beschäftigten aus und unter 30-Jährige 11%.

 

4% der Beschäftigten haben eine Behinderung und 18% haben einen Migrationshintergrund. Werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund nach Herkunftsregionen betrachtet, so stammen die meisten aus EU-Mitgliedstaaten (inkl. Großbritannien), danach folgen als Regionen der Nahe Osten und Osteuropa. Verhältnismäßig wenig präsent sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Südwesteuropa und der Türkei – in den 67 Einrichtungen, die geantwortet haben, arbeiten insgesamt nur 10 Personen mit türkischem Migrationshintergrund.

 

Dennoch kann als Befund festgehalten werden: Der hohe Anteil an Personen mit Migrationshintergrund aus EU-Mitgliedstaaten deutet daraufhin, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU auch im Kulturbereich gelebt wird. Es besteht allerdings ein großer Nachholbedarf an türkeistämmigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Frage, warum so wenige türkeistämmige Menschen in den untersuchten Kultureinrichtungen beschäftigt werden, muss dringend weiter nachgegangen werden.

 

Mit Blick auf Stellenbesetzungen spielt Diversität zu 78% bei Stellenausschreibungen, zu 59% bei der Bewerberauswahl, zu 53% bei der Entscheidung eine Rolle.

 

Wo sind Ehrenamtliche tätig?: 72% in berufenen Gremien, 66% in gewählten Gremien, 53% bei der Durchführung von Projekten, 41% bei der Unterstützung von Hauptamtlichen, 9% andere. Generell sind Menschen mit Migrationshintergrund weniger ehrenamtlich aktiv als Menschen ohne Migrationshintergrund (Freiwilligensurvey: 46,8% der Menschen ohne Migrationshintergrund sind ehrenamtlich tätig, 31,5% der Menschen mit Migrationshintergrund). Dieser Befund gilt auch für die untersuchten Kulturinstitutionen. Menschen mit Migrationshintergrund sind in Kulturinstitutionen vor allem bei der Unterstützung von Projekten aktiv, allerdings wenig in gewählten Gremien.

 

Untersuchungen zum Publikumsverhalten werden von den untersuchten Kultureinrichtungen nur teilweise durchgeführt. Nur größere Einrichtungen mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befragen häufig und systematisch das Publikum, also die Besucherinnen und Besucher. 24% machen regelmäßige Publikumsbefragungen, 31% gelegentliche, 42% keine, 3% haben hierzu keine Angaben gemacht. Daher sind nur sehr rudimentäre Angaben zum Publikum vorhanden, tendenziell besuchen eher über 50-Jährige die Kultureinrichtungen. Der Anteil der Besucherinnen und Besucher mit Migrationshintergrund wird mit 25% angegeben, das entspricht ihrem Bevölkerungsanteil.

 

40% der untersuchten Einrichtungen berücksichtigen Diversität in ihrem Programmangebot grundsätzlich, 37% gelegentlich, 17% nicht, 6% machten keine Angaben.

 

Das sind nur einige wenige Schlaglichter aus der Studie „Diversität in Kulturinstitutionen 2018-2020“ von Eckhard Priller, Malte Schrader, Gabriele Schulz und mir.

 

Was wir in der Zukunft brauchen, ist ein kontinuierliches Berichtswesen, um Fortschritte festzustellen und Handlungsbedarfe aufzuzeigen. Ich hoffe, unser gestern vorgelegter Diversitätsbericht kann hier Ansporn und vielleicht sogar Vorbild sein.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 

PS. Der kulturpolitische Wochenreport erscheint ausnahmsweise schon heute und nicht wie üblich am Freitagmorgen, da ich morgen am Kongress „Industrielles Welterbe: Heimat und Destination“ in Essen teilnehme. Ich bitte um Verständnis.

 


 

Neuerscheinung: Diversität in Kulturinstitutionen 2018-2020

 

Diversität in Kultureinrichtungen ist ein zentrales Thema. In diesem Band werden die Ergebnisse einer erstmaligen Befragung von bundesgeförderten Kultureinrichtungen und -institutionen zur Diversität in ihren Einrichtungen vorgestellt. Es geht darum, wie viele Frauen und Männer in den Einrichtungen arbeiten, wie die Altersstruktur der Beschäftigten aussieht, wie hoch der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund ist und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer Behinderung beschäftigt werden.

 

Weiter wird untersucht, wie divers das Publikum und das Programm sind. In abschließenden Handlungsempfehlungen wird aufgezeigt, was die Einrichtungen und was die Kulturpolitik leisten kann, um mehr Diversität zu ermöglichen.

 

 

Eckhard Priller, Malte Schrade, Gabriele Schulz & Olaf Zimmermann
Diversität in Kulturinstitutionen 2018-2020
Hg v. Olaf Zimmermann für die Initiative kulturelle Integration
ISBN 978-3-947308-34-7
104 Seiten

 

 

Ersten Presseresonanz (Auswahl):

 

 

Vorstellung des Berichts „Diversität in Kulturinstitutionen 2018-2020“

 

Am 21. Oktober um 10 Uhr stellt der Sprecher der Initiative kulturelle Integration und Herausgeber der Studie, Olaf Zimmermann, gemeinsam mit den Autoren Gabriele Schulz und Eckhard Priller in einer Zoomkonferenz die Ergebnisse des Diversitätsberichtes sowie kulturpolitische Handlungsempfehlungen vor.

 

Über Ihr Interesse an dem Termin freuen wir uns. Wir bitten um eine verbindliche Anmeldung bis zum 20.10.2021 unter t.brueheim@kulturrat.de. Die Zugangsdaten erhalten Sie nach Anmeldung.

 


 

Industrielles Welterbe: Heimat und Destination

 

Am 14. und 15. Oktober 2021 richtet die Stiftung Zollverein in Zusammenarbeit mit der Deutschen UNESCO-Kommission den internationalen Kongress „Industrielles Welterbe. Chance und Verantwortung“ in Essen aus.

 

Am Freitag ab 11:00 Uhr wird auf dem Kongress über „Heimat und Destination“ diskutiert.

 

Kulturjournalist Michael Köhler spricht mit seinen Gästen über die Frage: Wie identitätsstiftend ist industrielles Erbe und inwieweit prägt es unser Leben und Denken? Historische Aspekte werden dabei genauso berücksichtigt wie die Frage nach zeitgemäßen Nutzungskonzepten. Anhand von Best-Practice-Beispielen soll aufgezeigt werden, wie historische Industriestätten in das Stadtbild integriert und in die Zukunft geführt werden können.

 

Auf dem Podium zu Gast:

 

  • Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, NRW
  • Prof. Dr. Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission
  • Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
  • Prof. Dr. Barbara Buchenau, Prorektorin der Universität Duisburg-Essen

 

Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeiten zum Kongress findet man hier.

 


 

Forderungen des Deutschen Kulturrates an die nächste Bundesregierung

 

11 Forderungen des Deutschen Kulturrates für die Koalitionsvereinbarung
Lesen Sie hier weiter…

 

Zukunftsaufgabe Digitalisierung und Digitalpolitik
Deutscher Kulturrat fordert konsistentes Vorgehen von nächster Bundesregierung
Lesen Sie hier weiter…

 

Kultur- und Kreativwirtschaft stärken
Deutscher Kulturrat fordert konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft in der nächsten Wahlperiode
Lesen Sie hier weiter…

 


 

Politik & Kultur Oktober 2021 ist erschienen!

 

  • Nachhaltigkeit & Kultur
    In der Verantwortung: Was bedeutet die Klimakrise für die Kultur?
  • Bundestagswahl
    Nach der Wahl: Was bedeuten die Wahlergebnisse für die Kultur? Was wird sich jetzt in der Kulturpolitik ändern?
  • Corona versus Kultur
    Anderthalb Jahre in der Coronakrise: Wo stehen wir heute? – Einschätzungen und Berichte aus den Kulturinstitutionen
  • Hassrede
    Vom Falschzitat über Beleidigungen zu Drohungen: Digitale Gewalt hat viele Gesichter. Was tun gegen Hass im Netz?
  • Medien
    Nicht auf den ganz großen Wurf warten: Eine europäische Kommunikationsplattform ist gegenwärtig unrealistisch

 

Die Ausgabe 10/21 von Politik & Kultur mit dem Schwerpunkt „In der Verantwortung: Was bedeutet die Klimakrise für die Kultur?“ steht für Leserinnen und Leser des Newsletters hier als kostenfreies E-Paper (pdf-Datei) zum Herunterladen bereit.

 


 

BEST-OF: „Medienbild im Wandel – Jüdinnen und Juden in Deutschland“

 

Verfolgen Sie mit dem Best-of Schlaglichter des Thementages „Medienbild im Wandel: Jüdinnen und Juden in Deutschland“ vom 7. Oktober 2021 in der W. Michael Blumenthal Akademie:

 

Es eröffneten die vier Initiatoren Kulturstaatsministerin Monika Grütters MdB, Dr. Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, und Olaf Zimmermann, Sprecher der Initiative kulturelle Integration. Nach einem Gespräch über die Verantwortung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zwischen dem Vorsitzenden der ARD Tom Buhrow und der Tagungsmoderatorin Shelly Kupferberg sowie einem einführenden Vortrag der Filmwissenschaftlerin Dr. Lea Wohl von Haselberg diskutierten in Dialogrunden Esther Schapira und Richard C. SchneiderDalia Grinfeld und Prof. Dr. Monika Schwarz-FrieselProf. Dr. Doron Kiesel und Christiane von Wahlert sowie Hetty Berg und Prof. Dr. Mirjam Wenzel. Das Resümee zog der in Tel Aviv lebende Soziologe Prof. Dr. Natan Sznaider.

 

  • Das Best-of (ca. 5 Min.) finden Sie hier.
  • Die Veranstaltung wurde live gestreamt. Die Aufzeichnung ist hier abrufbar.
  • Einen Tagungsbericht finden Sie hier.
  • Das vollständige Tagungsprogramm ist hier einsehbar.

 


 

Riesentanker nimmt Fahrt auf – Zur Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz

 

In der aktuellen Ausgabe der Kulturpolitischen Mitteilungen durfte ich unter dem Titel „Riesentanker nimmt Fahrt auf“ zur Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz schreiben.

 

Es begann mit einem Paukenschlag: Im Juli 2020 legte der Wissenschaftsrat sein Gutachten zur Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vor. Auf fast 300 Seiten hatte sich eine Kommission unter der Leitung der Literaturwissenschaftlerin Martina Münkler mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) en detail befasst.

 

Lesen Sie hier meinen Kommentar zum Gutachten und zur Reform der SPK.

 


 
Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen: Wichtige Änderung

 

Angesichts der unabsehbaren Entwicklung der Pandemie und der dadurch bedingten Planungsunsicherheit haben sich Bund und Länder auf eine wesentliche Erleichterung für die Antragstellung beim Sonderfonds geeinigt: Bei der Wirtschaftlichkeitshilfe für Veranstaltungen mit bis zu 2.000 Teilnehmenden wird künftig nicht nur eine rechtlich zwingende, sondern auch eine freiwillige Beschränkung aufgrund eines Hygienekonzepts als Grundlage für eine Förderung anerkannt. Die erforderlichen Änderungen in den Förderbestimmungen können in den FAQs mit Stand vom 08.10.2021 nachgelesen werden.

 

Sie finden die FAQs hier.

 


 

Text der Woche: Johann Michael Möller „Abschied von unserer Leiterinnerung“

 

Man reibt sich die Augen und versteht, warum von einem zweiten Historikerstreit die Rede ist. Wir erleben gerade, so kann man mit Sebastian Conrad zusammenfassen, wie das alte Erinnerungsregime der Bundesrepublik ersetzt wird durch ein neues. Nach dem Abschied von der Idee einer Leitkultur beginnt jetzt wohl auch der Abschied von unserer Leiterinnerung. Die das heute so freudig begrüßen, übersehen freilich, dass nicht mehr sehr viel bestand, was diesem Land nach der deutschen Katastrophe moralischen Halt und einen halbwegs verlässlichen Orientierungsrahmen geben konnte. Was im Schatten des Humboldt Forums gerade probiert wird, ist ein grandioser Selbstentkernungsversuch. Oder sollte man besser sagen: Auch das ist eine Art von Schadensabwicklung.

 

Johann Michael Möller ist Ethnologe und Journalist. Er war langjähriger Hörfunkdirektor des MDR.

 

Lesen Sie den Text hier!

 


 

Stellenausschreibung: Wissenschaftliche Mitarbeit & Projektassistenz

 

Der Deutsche Kulturrat sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Wissenschaftliche Mitarbeit und eine Projektassistenz für den Arbeitsbereich Geschlechtergerechtigkeit.

 


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