39. KW: Eliten
- Eliten
- NEU! Politik & Kultur 10/23
- Baustelle Geschlechtergerechtigkeit. Einladung zur Vorstellung des Datenreportes
- Neuer Kampagnen-Aufruf von DIE VIELEN
- Für Kurzentschlossene: Endspurt der Bewerbungsphase für KULTURLICHTER – Deutscher Preis für kulturelle Bildung 2023/24
- Kulturfonds Energie: Jetzt noch Antrag für das 2. Quartal 2023 stellen
- Zur Person
- Text der Woche: Ein Thema auch für die Kultur. Das deutsche Antidiskriminierungsgesetz bedarf einer Reform von Ferda Ataman
- Zum Schluss
Sehr geehrte Damen und Herren,
vor einigen Wochen hat eine große deutsche Stiftung zur Diskussion eingeladen, um zu klären, wie „diskriminierungskritische Strukturen in Kulturbetrieben durch Powersharing etabliert“ werden können.
Ich war als alter weißer Mann in der sonst reinen Frauenrunde gesetzt und nahm diese Rolle auch bereitwillig an. Denn ohne Zweifel gibt es im Kulturbereich Machtstrukturen, die diskriminierend sein können und nicht leicht zu überwinden sind. Deshalb ist jede Idee diskussionswürdig, die zu einem besseren Arbeitsklima im Kulturbereich beiträgt.
Die Runde auf dem Podium war nur bedingt divers. Und damit meine ich nicht, dass mit mir nur ein Alibimann auf dem Podium saß, das ist mehr als gerecht, wenn man sich die zahllosen Podien anschaut, wo es nur eine Alibifrau gibt. Es waren Frauen mit migrantischer Herkunft und People of Color vertreten. Die Runde war trotzdem nicht divers, weil nur ein Nichtakademiker, nämlich ich, auf dem Podium saß.
Zum Start wurde ein kleiner Trickfilm gezeigt. Eine Frau will eine „Party für alle“ besuchen, aber die Türe wird nach Rufen und Klopfen nicht geöffnet, sie bleibt vor der Türe stehen und lässt sich von einer Freundin trösten. Das Fazit des Films ist: Wer draußen vor der Türe steht, wird auch draußen bleiben, wenn es keinen Menschen gibt, der die Türe aufmacht.
Ist das wirklich so? Ich habe vehement Einspruch erhoben und darauf hingewiesen, dass in dem Film eine auf der Hand liegende Alternative ausgespart wurde. Warum nicht versuchen, die Türe aufzubrechen?
Erstarrte Gesichter im Publikum, Kopfschütteln. Nein, die Idee soll doch sein, mit Powersharing, also der freiwilligen Abgabe von Gestaltungsmacht von Verantwortlichen in Kultureinrichtungen weitere Personen in Verantwortungsprozesse einzubinden. Aber kann das so funktionieren? Gerade die Leitung von Kulturorten ist ja keine normale Arbeit. Man hat eine Idee, vielleicht sogar eine Vision. Man arbeitet im Team, aber um seine Ideen umsetzen zu können, braucht es auch eine Bereitschaft, seine eigenen Vorstellungen durchsetzen zu wollen. Künstlerische Prozesse funktionieren oft nicht als diskursiver Aushandlungsprozess.
Mich beschäftigt diese Veranstaltung immer noch. Ohne Unterlass wurde auf dem Podium von Diskriminierung gesprochen, aber alle meine Mitdiskutantinnen haben einen Hochschulabschluss, teilweise sogar eine Promotion. Sie leiten eine Bildungsstätte, ein Museum oder arbeiten an einer Hochschule. Hier spricht eine Elite von Diskriminierung, ich bin immer noch ratlos.
Ihr
Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann
2. NEU! Politik & Kultur 10/23
Die neue Ausgabe richtet den Schwerpunkt auf das Thema „Die Ferne erfahren: Von der Kultur des Reisens“. Die Beiträge zum Thema finden Sie auf den Seiten 17 bis 29.
Der Leitartikel zu „Ein Thema auch für die Kultur: Das deutsche Antidiskriminierungsgesetz bedarf einer Reform“ stammt von Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung und Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Weitere Themen der Ausgabe 10/23 von Politik & Kultur sind:
- Saatsziel Kultur
Never ending story?! Wie geht es weiter mit dem Staatsziel Kultur? Es bedarf einer Verankerung des Staatsziels Kultur im Grundgesetz. - Deutscher Kulturpolitikpreis
Für ihr vielseitiges kulturpolitisches Engagement wurde Isabel Pfeiffer-Poensgen der Deutsche Kulturpolitikpreis 2023 verliehen. - Basishonorare
Wie kann eine bessere Absicherung in der Kultur aussehen? Claudia Roth zu Mindesthonoraren und der Öffnung der Arbeitslosenversicherung. - Games & Erinnerung
Wie kann mit Computerspielen erinnert werden? Im Spiel »Fortnite« gibt es nun ein Holocaust-Museum – wie ist das einzuordnen? - Bibliotheken
Starke Bündnisse gegen rechte Angriffe auf Bibliotheken.
Außerdem: Kulturpolitik in Essen: Muchtar Al Ghusain im Gespräch; Kulturort Friedhof: Ohlsdorfer Friedhof; Würdigung des Philosophen Vladimir Jankélévitch; Landesmedienanstalt Thüringen; Künstliche Intelligenz; Diandra Donecker im Porträt; Abgründe von Gedenkkultur; Deutsch-Hebräische Schriftkunst; Kultur- und Kreativwirtschaft in Indonesien u.v.m.
- Die aktuelle Ausgabe als kostenlose PDF-Version zum Downloaden.
- Die aktuelle Ausgabe im Online-Shop kaufen.
3. Baustelle Geschlechtergerechtigkeit. Einladung zur Vorstellung des Datenreportes
Im aktuellen Report werden Daten zur Zahl der Erwerbstätigen im Arbeitsmarkt Kultur, dem Frauenanteil, dem Einkommen und dem Gender-Pay-Gap zusammengestellt und bewertet. Der Datenreport geht sowohl auf Soloselbstständige als auch auf abhängig Beschäftigte im Kulturbereich ein.
Bestellen Sie „Baustelle Geschlechtergerechtigkeit. Datenreport zur wirtschaftlichen und sozialen Lage im Arbeitsmarkt Kultur“ zum günstigen Subskriptionspreis von 18,20 Euro (versandkostenfrei) bis zum 04.10.23 im Online-Shop. Die Auslieferung findet am 05.10.23 statt.
Ab dem 05.10.23 beträgt der Preis dann regulär 22,80 Euro (versandkostenfrei).
Der Titel „Baustelle Geschlechtergerechtigkeit“ macht deutlich, dass es noch viel zu tun gibt. Nach wie vor besteht eine geschlechtsspezifische Segregation der Berufe im Arbeitsmarkt Kultur und nach wie vor gibt es einen deutlichen Gender-Pay-Gap. Der Datenreport schließt mit Vorschlägen der Autorin und des Autors ab, wie die Situation zu verbessern ist.
Pressevertreterinnen und -vertreter können ein elektronisches Rezensionsexemplar unter post@kulturrat.de anfordern.
Einladung
Am 05.10.2023 um 10:00 Uhr stellt der Präsident des Deutschen Kulturrates, Christian Höppner, gemeinsam mit der Autorin Gabriele Schulz und mir erstmalig zentrale Ergebnisse des Datenreportes sowie kulturpolitische Handlungsempfehlungen im Rahmen einer Zoomkonferenz vor. Die Veranstaltung wird von Theresa Brüheim, Leitung Kommunikation des Deutschen Kulturrates, moderiert.
Über Ihr Interesse an dem Termin freue ich mich sehr. Wir bitten um eine verbindliche Anmeldung bis zum 04.10.2023 um 15 Uhr unter l.weber@kulturrat.de. Die Zugangsdaten erhalten Sie rechtzeitig vor der Veranstaltung.
4. Neuer Kampagnen-Aufruf von DIE VIELEN
SHIELD & SHINE: KEINE NORMALISIERUNG VON RECHTSEXTREMER POLITIK IN DEN DEMOKRATISCHEN PARLAMENTEN!
An Alle Kultureinrichtungen, Theater, Opern, Museen, Kulturhäuser, Kulturelle Initiativen und Künstlerinnen- und Künstler-Gruppen
DIE VIELEN laden dazu ein, eine neue Kampagne mitzugestalten: Mit künstlerischen Versammlungen und Aktionen will die neue Kampagne einen Schutz für die Demokratie bilden und unsere Zukunft als offen plurale Gesellschaft beschützen und weiterentwickeln sowie entschlossen dem Rechtsextremismus entgegentreten.
Wenn Sie wieder oder neu als erstunterzeichnende Kultureinrichtung dabei sein möchten, dann senden Sie eine Mail mit dem Namen der Organisation und der verantwortlichen unterzeichnenden Leitung und Kontakt bis zum 15.10.2023 an mail@dievielen.de.
Im November 2018 startete der Verein DIE VIELEN bereits die bundesweite Kampagne der ERKLÄRUNG DER VIELEN. Die Kampagne setzte damit ein deutliches Signal gegen rechtspopulistische und völkisch-nationale Strömungen. Der Deutsche Kulturrat gehörte zu den Erstunterzeichnern.
5. Für Kurzentschlossene: Endspurt der Bewerbungsphase für KULTURLICHTER – Deutscher Preis für kulturelle Bildung 2023/24
Kulturelle Bildung ermöglicht die Teilhabe an Kunst, Kultur und Gesellschaft, stärkt Kreativität und Ausdrucksfähigkeit. Bund und Länder haben daher einen Preis für digitale kulturelle Bildung ins Leben gerufen.
Ziel ist es, mit der Auszeichnung „KULTURLICHTER – Deutscher Preis für kulturelle Bildung“ Projekte und Projektideen zu fördern, die digitale Instrumente in der kulturellen Bildung und der Kulturvermittlung innovativ einsetzen. Sie können sich noch bis morgen, den 30. September 2023 bewerben.
6. Kulturfonds Energie: Jetzt noch Antrag für das 2. Quartal 2023 stellen
Mit dem Kulturfonds Energie des Bundes bietet der Bund zusätzlich zu den allgemeinen Entlastungsmaßnahmen gezielte Unterstützung in Höhe von bis zu 1 Milliarde Euro für den Kulturbereich zur Bewältigung der hohen Energiekosten. Der Fonds gleicht anteilig den Mehrbedarf zur Deckung der Energiekosten für Gas, Fernwärme und netzbezogenen Strom aus. Bei der Berechnung der Fördersumme werden die Wirkungen der Preisbremsen und das allgemeine Einsparziel von mindestens 20 % im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch vor der Krise berücksichtigt – der konkrete Nachweis einer bestimmten Einsparleistung wird jedoch nicht vorausgesetzt. Kultureinrichtungen und Kulturveranstaltende von Einzelveranstaltungen in geschlossenen Räumen können Mittel beim Kulturfonds Energie beantragen.
Die Antragsfrist für das zweite Quartal (01.04.2023 bis 30.06.2023) endet am 30.09.2023!
- Die Antragstellung für die zweite Tranche ist über die Antragsplattform unkompliziert möglich – kulturfonds-energie.de.
7. Zur Person
Nora Hertlein-Hull wird neue Leiterin des Berliner Theatertreffen
Ab dem 1. Januar 2024 übernimmt Nora Hertlein-Hull die alleinige Leitung des Berliner Theatertreffens. Sie folgt damit auf das derzeitige Leitungsteam, bestehend aus Olena Apchel, Carolin Hochleichter und Joanna Nuckowska. Derzeit ist Nora Hertlein-Hull für die Lessingtage am Hamburger Thalia Theater verantwortlich. Dort ist sie seit 2018 fest engagiert und kuratiert das internationale Programm. Zudem ist sie seit 2021 Mitglied des Vorstands des deutschen Internationalen Theaterinstituts (ITI). Hertlein-Hull arbeitete als Tourneeregisseurin und Produktionsleiterin bereits bei verschiedenen Theatergruppen und Festivals, darunter das Nature Theater of Oklahoma in New York, Vegard Vinge und Ida Müller in Oslo/Berlin, die Salzburger Festspiele sowie Romeo Castellucci und die Schaubühne Berlin. Zuletzt wirkte sie als Kuratorin für das Performanceprogramm von Chemnitz als Europäische Kulturhauptstadt 2025.
Deutscher Schauspielpreis für Liv Lisa Fries und Gerhard Liebmann
In diesem Jahr erhalten die Darstellerin Liv Lisa Fries und der Darsteller Gerhard Liebmann den Deutschen Schauspielpreis. Fries wird mit der Auszeichnung für ihre Hauptrolle als Charlotte Ritter in der vierten Staffel der preisgekrönten Serie „Babylon Berlin“ gewürdigt. Liebmann bekommt den Preis als Hauptdarsteller in dem Film „Eismayer“, in dem er einen Vizeleutnant spielt, der als härtester Ausbilder beim österreichischen Militär gilt und sich in einen jungen Soldaten verliebt. Der Schauspielpreis wird seit 2012 jährlich in mehreren Kategorien vom Bundesverband Schauspiel in Berlin vergeben.
Isabel Pfeiffer-Poensgen erhielt Deutschen Kulturpolitikpreis
Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat am 21. September 2023 den Deutschen Kulturpolitikpreis an Isabel Pfeiffer-Poensgen, ehemalige parteilose Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, verliehen. Mit der Auszeichnung wurde das außergewöhnliche kulturpolitische Engagement von Isabel Pfeiffer-Poensgen gewürdigt. Von 1989 bis 1999 leitete sie die Musikhochschule in Köln, ab 1999 wirkte sie als Beigeordnete für Kultur und Soziales in Aachen und trat 2004 das Amt der Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder an. Von 2017 bis 2022 war sie Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.
Gründungskommission für Deutsches Fotoinstitut steht fest
Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die nordrhein-westfälische Ministerin für Kultur und Wissenschaft Ina Brandes und der Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller haben am 18. September 2023 die Gründungskommission für das Deutsche Fotoinstitut vorgestellt. Dem Gremium gehören folgende Personen an: Susanne Gaensheimer, Direktorin der Kunstsammlung NRW; Peter Gorschlüter, Direktor des Folkwang-Museums Essen; Felix Krämer, Generaldirektor des Kunstpalasts Düsseldorf; Katrin Pietsch, Restauratorin von der Universität Amsterdam; Christian Scheidemann, Restaurator aus New York; Inka Schube, Kuratorin am Sprengel Museum Hannover und Moritz Wegwerth, Fotograf aus Düsseldorf.
8. Text der Woche: Ein Thema auch für die Kultur. Das deutsche Antidiskriminierungsgesetz bedarf einer Reform von Ferda Ataman
„Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen“, schrieb Audre Lorde 1977 in ihrem Essay „Die Verwandlung von Schweigen in Sprache und Handeln“. In einer Zeit, in der wir in den Feuilletons erbitterte Debatten über angebliche Identitätspolitik, Cancel Culture oder um Gendersterne führen, lohnt es sich, sich mit diesem sehr einprägsamen Satz von Lorde auseinanderzusetzen – weil er direkt in den bürgerrechtlichen Kern von Diskriminierung und vor allem von Antidiskriminierung vordringt: Wie offen und ehrlich wollen wir miteinander leben? Ohne das Sprechen über Diskriminierung lässt sich das nämlich in unserer vielfältigen Gesellschaft gar nicht beantworten.
Ferda Ataman ist Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung und Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
9. Zum Schluss
Im Jahr 2018 startete die 1. Runde des Mentoring-Programms „Mehr Frauen in Führungspositionen“ des Projektbüros „Frauen in Kultur & Medien“ des Deutschen Kulturrates. Vor einer Woche fand das Auftakttreffen des 7. Durchlaufs statt. Über 300 Bewerbungen haben uns erreicht. Die große Resonanz belegt, wie wichtig dieses Angebot ist.
Copyright: Alle Rechte bei Deutscher Kulturrat