20. September 2020 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 38: Mit Unsicherheit leben? Guten Morgen! Dossier Heimat und Nachhaltigkeit, ...


... Veranstaltungen des Kulturrates auf YouTube, Corona-Krise: Was wird für die Kultur getan?, Text der Woche

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

wenn man sich, wie ich als Geschäftsführer des Kulturates, in der Öffentlich äußert, läuft man selbstverständlich immer Gefahr dafür kritisiert zu werden. Manchmal bin ich dann doch über die Heftigkeit überrascht.

 

So sagte ich der Deutschen Presseagentur vor einigen Tagen: „Wer mit Unsicherheit schlecht leben kann, der sollte von einer freiberuflichen Tätigkeit in der Kreativbranche Abstand nehmen“. Eine Äußerung, die eigentlich nicht besonders originell war, weil es ja auf der Hand liegt, dass eine freiberufliche Tätigkeit gerade im Kulturbereich mit großen Risiken verbunden ist. Ein wenig ist meine Warnung so, wie man vom Medizinstudium abrät, wenn der Interessent kein Blut sehen kann. Auch war ich vor der Übernahme der Geschäftsführung des Kulturrates selbst 15 Jahre selbständig und glaubte deshalb zu wissen, wovon ich rede.

 

Untermauert wird meine Aussage, durch unsere aktuelle Untersuchung „Frauen und Männer im Kulturmarkt: Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage“. Die finanzielle Situation für Selbständige im Kulturbereich ist extrem angespannt, nicht erst seit Corona, sondern schon seit vielen Jahren. Wer mit der ökonomischen Unsicherheit der Selbständigkeit nicht umgehen kann, wird, davon bin ich fest überzeigt, langfristig unglücklich werden.

 

Die Reaktionen bei Twitter zu meiner Empfehlung zeigten eindeutig eine andere Meinung. Hier eine kleine Auswahl:

 

  • An den @DKRKultur: Bitte einmal geschlossen abdanken und motivierte Menschen mit Kulturverständnis ranlassen.
  • Mal durchgespielt: Kreative sind häufig eh schon von kreativen Selbstzweifeln gepeinigt. Eine Kreative liest nun dieses Statement und beschließt, nicht im Kulturbereich tätig zu sein – hat ja der Kulturrats-GF empfohlen. DAS ist das genaue Gegenteil von Kulturförderung.
  • Habt Ihr Lack gesoffen? Ihr macht Euch hier gerade total zum Affen und merkt es nicht einmal.
  • Wer sich nicht für Kulturschaffende einsetzt, sondern nur rät, sich nicht in Kreativberufen selbständig zu machen, wenn man mit finanzieller Unsicherheit nicht klarkommt, hat sich aus der Kulturförderung verabschiedet.
  • Spannend…mit anderen Worten „Nur wer auch genug Geld hat, sollte Kultur schaffen“. Und das vom Kulturrat. Würden alle Kulturschaffenden diesen „Rat“ befolgen, würde es vielerorts schnell grau, still und traurig. Will man das wirklich? Es will mir fast so scheinen.
  • Was ist denn das für ein kulturfeindliches Statement? Und das kommt nicht von Neoliberalen sondern ausgerechnet vom Deutschen Kulturrat! Die Verkürzung von Künstlern und ihren Lebensentwürfen auf reine Gelderwerbstätigkeit.
  • Ich finde die Art Ihres Auftretens hier … äh … sagen wir einmal höflich „recht befremdlich“.
  • Ich hörte, dass der @DKRKultur meinte, in der Kultur Tätige sollen sich andere Jobs suchen. …

 

Nun ist Twitter natürlich ein Lieblingsort für Übertreiber und Meckerer, aber steckt hinter diesen Äußerungen nicht doch eine Änderung der Sichtweise auf die Selbständigkeit im Kulturbereich?

 

Wir bemühen uns seit Jahren, die Situation der Selbständigen in unserem Bereich zu verbessern. Doch eine wirkliche Veränderung wird nur durch eine verbesserte Einnahmesituation erreicht werden können. Hier sind die Einflussmöglichkeiten begrenzt, da auch der Kulturmarkt nach Angebot und Nachfrage funktioniert.

 

Ich frage mich, gehört es nicht auch zu unserer Verantwortung, zu warnen, wenn junge Menschen sich blauäugig unter diesen Bedingungen in die Selbständigkeit im Kreativbereich stürzen, ohne die dafür notwendigen mentalen Voraussetzungen mitzubringen?

 

Ihr etwas Ratloser

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 

 

PS. Hier können Sie unsere aktuelle Kurzübersicht zum Neustart Kultur Programm (Stand: 18.09.2020) abrufen!

 


 

Vorankündigung: Guten Morgen! Dossier Heimat und Nachhaltigkeit

 

Die Idee der nachhaltigen Entwicklung ist im Kern ein kulturelles Projekt. Die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele sind gleichzeitig Kompass und Motor einer kulturellen Veränderung, die auf ein gutes Leben aller Menschen auf unserem Planeten zielt. Die Notwendigkeit, nachhaltig zu leben, kann der Startpunkt für einen grundsätzlichen kulturellen Wandel unserer Gesellschaft sein, um einfach, besser und anders zu leben.

 

Der Wandel zu einem Leben, auf das wir uns freuen. Kultur ist Ausdruck von menschlichem Gestaltungswillen. Jedoch endeten viele dieser Gestaltungen für Natur und Umwelt in der Vergangenheit katastrophal. Mahnende Beispiele sind der Energie- und Ressourcenverbrauch unseres Lebensstils und die Auswirkungen unseres Konsums. Wenn es darum geht, nachhaltige Verhaltensweisen zu fördern, schauen wir immer noch viel zu sehr auf die Entwicklung neuer Technologien und nicht auf die erforderlichen kulturellen Kompetenzen oder sozialen Innovationen. Grund genug also, um die Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren aus den Umwelt- und Kulturpolitik auszuweiten und mit neuem Fokus zu versehen.

 

Der Deutsche Kulturrat und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) haben diese Notwendigkeit gesehen und die Gelegenheit ergriffen. Mithilfe des Rates für Nachhaltige Entwicklung und dessen Fonds für Nachhaltigkeitskultur wurde im September 2018 ein gemeinsames Projektbüro ins Leben gerufen. Ziel dieser auf zwei Jahre angelegten Kampagne ist es, eine Brücke zwischen dem Nachhaltigkeitsdiskurs des Natur- und Umweltbereiches und kulturpolitischen Debatten zu schlagen.

 

In dem nächste Woche erscheinenden Dossier ziehen wir Bilanz dieser zweijährigen Zusammenarbeit. Es wird spannend!

 


 

Digital statt Analog: Veranstaltungen des Deutschen Kulturrates jetzt auf YouTube ansehen!

 

Bürgerschaftliches Engagement: Vielfalt gestalten!

 

Passend zum Internationalen Tag der Demokratie veranstaltete die Initiative kulturelle Integration am 15.09.2020 ihre dritte Jahrestagung. Vor dem Hintergrund der These 10 „Bürgerschaftliches Engagement ist gelebte Demokratie“ der 15 Thesen der Initiative diskutierten prominente Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft sowie von Bund, Ländern und Kommunen über die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements in Gegenwart und Zukunft.

 

Mit Joachim Hake, Direktor der Katholischen Akademie Berlin, der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, Olaf Zimmermann, Sprecher der Initiative und Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Dr. Rupert Graf Strachwitz, Vorsitzender des Vorstandes der Maecenata Stiftung, Christian Moos, Generalsekretär der Europa-Union Deutschland e.V. und Mitglied des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und Klaus Hebborn, Beigeordneter für Bildung, Kultur, Sport und Gleichstellung des Deutschen Städtetages.

 

Hier anschauen:: youtu.be/LZ_01HTj99A

 

Games im gesellschaftlichen Diskurs: Das Handbuch Gameskultur | gamescom congress 2020

 

Gesprächsrunde auf dem gamescom congress 2020 Speaker: Felix Falk (game – Verband der deutschen Games-Branche), Olaf Zimmermann (Deutscher Kulturrat), Dr. Andreas Rauscher (Universität Siegen), Karen Heinrich (Kulturwissenschaftlerin), Dr. Martin Andree (Universität zu Köln), Moderation: Viola Tensil

 

Warum sind Games Kultur? Können Computerspiele sogar Kunst sein? Was haben Computerspiele mit Bildender Kunst, Theater, Musik, Literatur, Film zu tun? Sind Games immer gewalthaltig? Darf man Erinnerungskultur spielen? Was haben Spiele mit Sport zu tun? Und macht die Gamesbranche wirklich so viel Umsatz wie Hollywood?

 

Das Handbuch Gameskultur gibt Antworten und Orientierung in der vielfältigen Welt der Computerspiele. Das Handbuch Gameskultur entstand in Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Kulturrat und dem game-Verband. Es überblickt nahezu sämtliche gesellschaftliche Bereiche, in denen digitales Spielen eine wichtige Rolle einnimmt. Herausgegeben von Olaf Zimmermann und Felix Falk, mit Beiträgen von Expertinnen und Experten aus Kultur, Politik, Jugendschutz, Wirtschaft, Wissenschaft und natürlich der Games-Branche.

 

Hier anschauen: youtu.be/LZ_01HTj99A

 

Die Debatte #JaAberUnd: Runter vom Sockel? 

 

Bei der zweiten Ausgabe von JaAberUnd mit dem Titel „Runter vom Sockel“ am 8. September 2020 stand das Thema Denkmalkultur im Fokus der Online-Debatte. Wie gehen wir mit Denkmälern um? Was spricht für den Abriss von Denkmälern und die Umbenennung von Straßen mit kolonialem Hintergrund, was dagegen? Wie können wir eine gesellschaftliche Debatte gestalten? Welche neuen Denkmäler braucht es? Zu diesen Fragen und mehr wurde diskutiert.

 

Mit dem Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Tahir Della, der Landschaftsarchitektin Christina Kautz, dem Professor für Philosophie und Autor des Buches „Warum Demokratien Helden brauchen“ Dieter Thomä, mit Hortensia Völckers, künstlerische Direktorin und Vorstandsmitglied der Kulturstiftung des Bundesund mit dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber von Politik & Kultur Olaf Zimmermann. Moderiert wurde das Gespräch von der Verlagsleiterin des ConBrio Verlages Barbara Haack.

 

Hier anschauen: youtu.be/9Xo9DmkXJnU
Quartett der Spielekultur: Isolation und Einsamkeit 

 

Das Quartett der Spielekultur feiert als digitales Event im Rahmen des gamescom congress sein Comeback. Unter dem Motto „Isolation und Einsamkeit – When humans get too lonely they turn into monsters“ werden.

 

Produzent und Influencer Florian „LeFloid“ Diedrich, Head of GamePro.de Rae Grimm und der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats Olaf Zimmermann das beim Deutschen Computerspielpreis 2020 ausgezeichnete Adventure „Sea of Solitude“ von Jo-Mei Games diskutieren. Moderiert wird die Auftaktveranstaltung von Journalistin und GamesWirtschaft-Gründerin Petra Fröhlich.

 

Hier anschauen: youtu.be/qyVOOkHjQPo

 


 

Aktualisiert! Corona-Krise: Was wird für die Kultur getan?

 

Hier finden Sie Informationen zu den Maßnahmen des Bundes für Solo-Selbständige und Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft.

 

Hier finden Sie Informationen zu den Maßnahmen der einzelnen Bundesländer im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

 

Hier finden Sie Informationen zu den Maßnahmen der Europäischen Union im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

 


 

Text der Woche: Ludwig Greven „Bildung und Kultur zuletzt – Hat Corona die gesellschaftlichen Wertigkeiten verändert?“

 

Zuerst durften Autohäuser und andere Geschäfte wieder öffnen. Dann – mit Einschränkungen – Kneipen, Restaurants, Hotels. Die Reisebeschränkungen wurden pünktlich zum Beginn der Urlaubszeit aufgehoben; als unweigerlich vom Ballermann und anderswo das Virus mit zurückkam, gab es kostenlose Pflichttests zur Beruhigung. Schlachthöfe, die Menschen und Tiere ausbeuten, und andere Betriebe durften ohnehin die ganze Zeit weiterarbeiten, ob sie lebensnotwendig sind und die Hygieneauflagen einhielten oder nicht. Da wusste man schon, dass die Coronakrise an der Rangordnung in Politik und Gesellschaft wenig geändert hat, allen Beteuerungen und Hoffnungen zum Trotz. Hauptsache, es wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt. Die Schulen dagegen gehen erst jetzt nach dem Ende der Sommerferien wieder in den Regelbetrieb. Die Hochschulen sind weiter geschlossen. Genauso die meisten Kultureinrichtungen.

 

Ludwig Greven ist freier Journalist und Autor.

 

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