28. August 2020 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 35: Cancel Culture, Neue Politik & Kultur, Neuerscheinung: Handbuch Gameskultur, ...


... gamescom congress 2020, Gamesförderung, IkI-Jahrestagung, Aktualisiert! Corona-Krise: Was wird für die Kultur getan?, Text der Woche

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

wie machttrunken muss man eigentlich sein, wenn man Menschen wegen einer anderen Meinung als der eigenen kurzerhand stornieren (engl. canceln) will, also durch einen systematischen Boykott in der Öffentlichkeit auslöschen will.

 

Natürlich ist dieses Phänomen nicht neu, Diktatoren von rechts bis links haben immer unliebsame Stimmen mit Gewalt zum Verstummen gebracht. Aber dass es sich zu einem beliebten Volkssport in Teilen der Gesellschaft in einer Demokratie entwickelt, unliebsame Stimmen mundtot zu machen, ist ein neues Phänomen. Nicht mehr diskutieren, nicht mehr argumentieren, nur noch medial vernichten ist die Devise.

 

Dieses undemokratische und tief asoziale Verhalten wird neuerdings „Cancel Culture“ genannt. Besonders oft vom „Cancel Culture“ betroffen sind Künstlerinnen und Künstler. Gerade Kabarettistinnen und Kabarettisten, deren Aufgabe es ist, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten, werden kurzerhand gecancelt, wenn ihre Positionen nicht gefallen.

 

Eine von wenigen aufgestachelte Meute fällt über sie in den „sozialen“ Netzen her, um sie medial zu zerstören und ihnen damit nicht nur das Recht auf ihre eigene Meinung und die Kunstfreiheit zu nehmen, sondern sie dabei auch ökonomisch zu vernichten.

 

Diese Meute ist in einer erstaunlichen Weise ungebildet. Nicht, was ihre formalen Qualifikationen an- geht, viele sind Akademiker, nein, sie sind unfähig zu debattieren, zu streiten, lernen zu wollen. Sie können keine andere Meinung als ihre eigene akzeptieren. Sie reklamieren für sich das Recht der Meinungsfreiheit, um es anderen rigoros abzusprechen.

 

Doch nicht nur auf YouTube, Twitter und anderen digitalen Plattformen breitet sich „Cancel Culture“ erschreckend aus, sondern besonders Hochschulen sind betroffen. „Cancel Culture“ ist ein Instrumentarium der Einschüchterung. Einzelne oder kleine Gruppe definieren kurzerhand, was unsagbar, undebattierbar ist.

 

Natürlich braucht eine Gesellschaft auch Tabus, aber in einer demokratischen Gesellschaft werden diese Grenzen, die in Gesetzen festgehalten werden, nicht von Einzelnen definiert, sondern nur von den gewählten Volksvertretern nach einem intensiven Diskussionsprozess mit der Breite der Zivilgesellschaft beschlossen.

 

Ich merke bei mir selbst, wie das Gift des „Cancel Culture“ auch in mich eindringt. Darf ich dieses Wort benutzen, darf ich diese Idee verbreiten?

 

Wir müssen diesen Spuk jetzt beenden, bevor er unsere Freiheit zerstört.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

Neuerscheinung: Politik & Kultur September 2020

 

Themen der Ausgabe:

 

  • Runter vom Sockel?
    Zwischen Denkmalsturz und Monumentenneubau: Wie erinnern wir heute?
  • Corona-Update
    Literatur, Bildung, Filmwirtschaft, Kulturpolitik: Sechs Monate nach Beginn der Pandemie – wie ist die Lage aktuell?
  • Die Corona Liste bedrohter Kultureinrichtungen
    Wegen der Coronakrise ist die Rote Liste der bedrohten Kultureinrichtungen nach jahrelanger Pause in neuem Format zurück in Politik & Kultur
  • Ausbildung
    Arbeitsmarkt Kultur: Bundesbildungsministerin zu Aufstiegschancen nach der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes
  • Kultur nach 1989
    Nach dem Mauerfall bedurfte es einer Starthilfe für die gesamtdeutsche Kulturszene – wie sah sie retrospektiv aus?
  • Nordafrika
    Kunst und Kultur als Rechteverteidiger in Tunesien, Marokko und im gesamten arabischsprachigen Raum

 

Weitere Themen: 5 Minuten Urheberrecht: Schranken des Urheberrechtes, Künstlerin Mahbuba Maqsoodi im Gespräch, Berliner Geschichtswerkstatt, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Kulturhauptstadt Rijeka, Kolonialismusdebatte, Corona-Management in Chile, Buchmesse-Direktor Juergen Boos im Porträt, Ost-West-Perspektiven: Bildende Kunst – Cornelia Schleime und David Schnell im Gespräch u.v.m.

 

Politik & Kultur ist die Zeitung des Deutschen Kulturrates. Sie wird herausgegeben von Olaf Zimmermann und Theo Geißler.

Sie erscheint zehnmal jährlich und ist erhältlich in Bahnhofsbuchhandlungen, an großen Kiosken, auf Flughäfen und im Abonnement: Einzelpreis: 4,00 Euro, im Abonnement: 30,00 Euro (inkl. Porto), im Abonnement für Studierende: 25 Euro (inkl. Porto).

 

 


 

Vorankündigung: 08.09.2020 #JaAberUnd: Runter vom Sockel?

 

Nach einer kurzen Sommerpause freuen wir uns sehr, am 8. September um 18 Uhr mit einer neuen Ausgabe von #JaAberUnd, der Debattenplattform von Politik & Kultur, live zu gehen und mit euch ins Gespräch zu kommen.

 

In der zweiten Folge #JaAberUnd möchten wir über das Thema Denkmalkultur diskutieren. Weitere Informationen folgen in Kürze.

 

JaAberUnd ist die neue Debattenplattform von Politik & Kultur. Aus der Zeitung kommen die Themen direkt ins Netz: Die Redaktion diskutiert jeden zweiten Dienstag im Monat mit Gästen, Leserinnen und Zuschauern live und online im neuen Talk-Format „JaAberUnd – Die Debattenplattform von Politik & Kultur“.

 

Die erste Ausgabe verpasst? Hier gibt es die Diskussion zum Thema „Mehr Kultur in der Natur?!“ zum Nachschauen.

 


 

Handbuch Gameskultur im Museum für Kommunikation Berlin vorgestellt

 

Unter Corona-Bedingungen wurde das Handbuch Gameskultur vorgestern in einer Pressekonferenz im Museum für Kommunikation in Berlin präsentiert. Die Vorstellung für die Öffentlichkeit erfolgt heute ab 11 Uhr auf der gamescom hier im Netz.

 

  • Handbuch Gameskultur
  • Hg v. Olaf Zimmermann und Felix Falk
  • ISBN 978-3-947308-22-4, 288 Seiten

 

  • Bestellen Sie hier das „Handbuch Gameskultur“ für 19,80 Euro (inkl. Porto). Ab sofort ist es auch im Buchhandel verfügbar.
  • Werfen Sie hier einen Blick ins Buch: Das Inhaltsverzeichnis, das Vorwort, die Einleitung und das Autorenverzeichnis bieten einen Überblick.

 

„Handbuch Gameskultur“ (Podcast) im Deutschlandfunk Corso Ein Gespräch von Raphael Smarzoch mit Olaf Zimmermann zum Handbuch. Hier anhören.

 


 

gamescom congress 2020: Games im gesellschaftlichen Diskurs: Das Handbuch Gameskultur

 

Speaker: Felix Falk (game – Verband der deutschen Games-Branche), Olaf Zimmermann (Deutscher Kulturrat), Andreas Rauscher (Universität Siegen), Karen Heinrich (Kulturwissenschaftlerin), Martin Andree (Universität zu Köln), Moderation: Viola Tensil

 

Warum sind Games Kultur? Können Computerspiele sogar Kunst sein? Was haben Computerspiele mit Bildender Kunst, Theater, Musik, Literatur, Film zu tun? Sind Games immer gewalthaltig? Darf man Erinnerungskultur spielen? Was haben Spiele mit Sport zu tun? Und macht die Gamesbranche wirklich so viel Umsatz wie Hollywood? Das Handbuch Gameskultur gibt Antworten und Orientierung in der vielfältigen Welt der Computerspiele.

 

Das Handbuch Gameskultur entstand in Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Kulturrat und dem game-Verband. Es überblickt nahezu sämtliche gesellschaftliche Bereiche, in denen digitales Spielen eine wichtige Rolle einnimmt.

 

Herausgegeben von Olaf Zimmermann und Felix Falk, mit Beiträgen von Expertinnen und Experten aus Kultur, Politik, Jugendschutz, Wirtschaft, Wissenschaft und natürlich der Games-Branche.

 

Heute um 11 Uhr hier!

 

Der Deutsche Kulturrat ist Kooperationspartner des gamescom congress 2020.

 

gamescom congress 2020: Das Quartett der Spielekultur: Isolation und Einsamkeit

 

Speaker: Rae Grimm, LeFLoid, Olaf Zimmermann, Petra Fröhlich

 

Das Quartett der Spielekultur feiert als digitales Event im Rahmen des gamescom congress sein Comeback. Unter dem Motto „Isolation und Einsamkeit – When humans get too lonely they turn into monsters“ werden Produzent und Influencer Florian „LeFloid“ Diedrich, Head of GamePro.de Rae Grimm und der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats Olaf Zimmermann das beim Deutschen Computerspielpreis 2020 ausgezeichnete Adventure „Sea of Solitude“ von Jo-Mei Games diskutieren.

 

Moderiert wird die Auftaktveranstaltung von Journalistin und GamesWirtschaft-Gründerin Petra Fröhlich.

 

Das Quartett der Spielekultur ist eine Veranstaltungsreihe der Stiftung Digitale Spielekultur und wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

 

Heute ab 11 Uhr hier.

 

Der Deutsche Kulturrat ist Kooperationspartner des gamescom congress 2020.

 


 

Gamesförderung: Monika Grütters, übernehmen Sie endlich!

 

Seit gestern läuft die Gamescom. Ein Gespräch mit dem Gamesverband (Felix Falk) und dem Deutschen Kulturrat (Olaf Zimmermann) zu Videospielen als Kulturgut und kafkaesken Förderpraktiken von Giacomo Maihofer (Tagesspiegel).

 

MAIHOFER: Deutschland ist der größte Absatzmarkt für Spiele in Europa. Aber deutsche Games sind nach wie vor selten international relevant. Seit 2019 gibt es jährlich 50 Millionen Förderung vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) für die nationale Computerspielbranche. Sind Sie zufrieden?

 

FALK: Wir sind froh, dass es parteiübergreifend einen Konsens gab, um bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Das Geld würde auch ausreichen, wenn es auch fließen würde.

 

MAIHOFER: Bisher wurden nur zehn Millionen von insgesamt 100 Millionen Euro für beide Jahre ausgeschüttet. Besonders kleine Entwicklerteams klagen über kafkaeske Auflagen und lähmende Bürokratie. Es sind auch schon Geschichten bekannt, dass die Förderung zum Ruin einzelner Unternehmen geführt hat. Ein Game Designer schrieb kürzlich: „Sie vernichtet Startups“. Klingt das nicht nach einer Totgeburt?


FALK: Es klingt nach einer schwierigen Geburt. Für Anfangsschwierigkeiten kann man Verständnis haben. Aber der Anfang ist jetzt vorbei. Jetzt muss es deutlich reibungsloser und schneller laufen. Sonst machen wir uns auch international irgendwann lächerlich. Aber ich freue mich, dass der verantwortliche Verkehrs- und Digitalminister Scheuer versprochen hat, dass er Freitag auf der Gamescom gute Neuigkeiten zur Förderung verkünden wird.

 

ZIMMERMANN: Ich finde, die Kulturstaatsministerin muss hier auch endlich aktiv werden und sich um die Games-Förderung selbst kümmern. Wir haben genügend kreative Entwicklerinnen, damit eine ganze Menge aus Deutschland auf den Weg gebracht werden kann. Monika Grütters, übernehmen Sie endlich!

 

Lesen Sie das vollständige Gespräch hier nach.

 


 

Dritte Jahrestagung der Initiative kulturelle Integration

 

  • Wann: Dienstag, 15.09.2020, 9.30 Uhr bis 15.30 Uhr
  • Wo: online „Bürgerschaftliches Engagement: Vielfalt gestalten!“

 

In diesem Jahr bildet die These 10 „Bürgerschaftliches Engagement ist gelebte Demokratie“ der 15 Thesen der Initiative kulturelle Integration den Fokus unserer Tagung. Gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Pandemie soll die Rolle und Bedeutung der Zivilgesellschaft beleuchtet werden. Dazu haben die unter dem Dach der Initiative vereinten 28 Organisationen und Institutionen aus Zivilgesellschaft, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Sozialpartnern, Medien, Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden ein gemeinsames Papier zum bürgerschaftlichen Engagement formuliert. Das Papier wird in Anwesenheit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Annette Widmann-Mauz MdB im Rahmen der Jahrestagung vom Sprecher der Initiative kulturelle Integration und Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates Olaf Zimmermann erstmalig vorgestellt.

 

  • Ist das bürgerschaftliche Engagement zukunftsfest?
  • Haben die traditionellen Engagementstrukturen immer noch Bindungskraft?
  • Welche Herausforderungen und Potenziale bieten die beweglichen, oft spontanen neuen Engagementformen?
  • Und schließlich, welche Rolle spielt das bürgerschaftliche Engagement für die kulturelle Integration?

 

Diesen Fragestellungen wollen wir uns gemeinsam mit Fachleuten aus der Wissenschaft, der Exekutive von Ländern und Kommunen und vor allem mit Vertreterinnen und Vertretern aus den unterschiedlichen Engagementstrukturen nähern und Einblick gewinnen, wie sich bürgerschaftliches Engagement weiterentwickelt und welcher Unterstützung es bedarf, um diese einzigartige Beteiligungsvielfalt zu erhalten und auszubauen.

 

Aufgrund der Corona-bedingten Gegebenheiten wird der erste Teil der Tagung als Livestream übertragen. Für den zweiten Teil der Tagung sind vier partizipative Online-Workshops zu den Themen „Zukunft des Engagements“, „Bürgerschaftliches Engagement in Zeiten einer Pandemie“, „Vielfalt im Engagement“ und „Digitales Engagement“ geplant. Wir würden uns freuen, wenn Sie hier rege mitdiskutieren.

 

  • Das detaillierte Tagungsprogramm finden Sie hier.
  • Hier geht es zur Anmeldung für die Online-Workshops.
  • Die Teilnahme ist kostenlos.

 


 

Aktualisiert! Corona-Krise: Was wird für die Kultur getan?

 

Hilfsmaßnahmen des Bundes

Finden Sie hier Informationen zu den Maßnahmen des Bundes für Solo-Selbständige und Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft.

 

Hilfsmaßnahmen der Länder

Finden Sie hier Informationen zu den Maßnahmen der einzelnen Bundesländer im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

 


 

Text der Woche: Anja Karliczek „Meisterliche Aufstiegschancen – Die Auswirkungen der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes auf den Arbeitsmarkt Kultur“

 

Wer Karriere machen möchte, denkt meist an Universitäten: Der Weg führe über Hörsäle und Seminarräume, Abschlussarbeiten – und irgendwann möglichst zum Doktortitel, so die gängige Meinung. Nur so sei beruflicher Aufstieg möglich.   Da wundert es nicht, dass die Zahl der Studienanfänger in Deutschland immer weiter gestiegen ist. Für viele junge Menschen scheint die Option einer Ausbildung in Betrieb und Berufsschule nicht in Frage zu kommen. Dass eine solche Ausbildung ebenso spannende und vielfältige Aufstiegsmöglichkeiten bietet wie ein Studium, ist immer noch viel zu wenig bekannt.

 

Anja Karliczek, MdB ist Bundesministerin für Bildung und Forschung.

 

Lesen Sie den Text hier!


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