34. KW: Games: Bundeskultur muss mehr Verantwortung übernehmen
Themen im Newsletter:
- Games: Bundeskultur muss mehr Verantwortung übernehmen
- gamescom congress 2023: Erinnerungskultur, Wertebildung & Games
- Zu Gast im Podcast „Draussen mit Claussen“
- Hörempfehlung: Studio 9 – Der Tag mit Christian Höppner: Bildungssystem ist krank und überfrachtet
- Einladung: Kulturfreie Zone? Zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
- Veranstaltung: Fokus Kulturbetrieb – Orte der Diskriminierung und der Ausschlüsse?
- Neuerscheinung: „Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit – Wie der Kultur- und der Naturbereich gemeinsam die UN-Nachhaltigkeitsziele voranbringen kann“
- Interview der Woche: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie Klangkörper infrage gestellt werden“ – Gerald Mertens im Gespräch
- Zum Schluss
Sehr geehrte Damen und Herren,
noch bis Sonntag läuft die weltgrößte Computerspielemesse, die gamescom in Köln. Heute zweifelt kaum jemand mehr an, dass Computerspiele selbstverständlich Kulturgut sind. Und manche Perlen unter den Computerspielen, das kann man gerade in Köln besichtigen und selbst spielen, sind sogar Kunstwerke.
Der Deutsche Computerspielepreis ist längst etabliert. Längst wurden Ausbildungsberufe in der Computerspielebranche etabliert, findet an Hochschulen und Universitäten die akademische Ausbildung von Computerspieleentwicklern statt. Auch wenn im internationalen Vergleich wenig Nachwuchs in Deutschland für die wachsende Computerspielebranche ausgebildet und vielfach ein Fachkräftemangel beklagt wird. Im internationalen Kontext konkurrieren deutsche Computerspielefirmen mit japanischen, kanadischen und US-amerikanischen Entwicklern um qualifizierte Arbeitskräfte und ziehen — so die Klage der Branche — allzu oft den Kürzeren. Barrieren sind oftmals die Sprache und Visabestimmungen.
Auch Autoren, Komponistinnen, Designer und andere Kulturschaffende verdienen ihre Brötchen bei Gamesentwicklern. In den Kulturwissenschaften wird über Computerspiele, ihre historische Entwicklung, ihre Formensprache, ihre Wirkungen und anderes mehr geforscht. Computerspiele sind damit zum Gegenstand der akademischen geisteswissenschaftlichen Reflexion geworden, wie es bei Filmen und der populären Musik längst der Fall ist.
Die Diskussion um sogenannte Killerspiele ist glücklicherweise verebbt. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), welche die Alterskennzeichnung für Computerspiele in Deutschland entlang der Bestimmungen des Jugendschutzes und des Jugendmedienschutzstaatsvertrags vergibt, verrichtet ihre Arbeit genauso geräuschlos wie die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK). In beiden Fällen, Film und Computerspiele, hat sich die Selbstkontrolle durch die Branche bewährt. Mehr und mehr wird der Mehrwert von Games in der Aus- und Weiterbildung, in der Rehabilitation, in der Politischen Bildung und in vielen anderen Bereichen entdeckt.
Diese positiven Entwicklungen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor Deutschland vor allem ein Absatzmarkt für Computerspiele und weniger ein Entwicklungsmarkt ist. Trotz aller Erfolge einzelner deutscher Unternehmen kann Deutschland sein Potenzial und seinen großen Markt noch nicht richtig ausspielen. Der Branchenverband Game forderte daher regelmäßig, Computerspiele stärker mit öffentlichen Mitteln zu fördern.
Im Bundeshaushaltsentwurf der Bundesregierung, im Einzelplan des Bundeswirtschaftsministeriums steht aber, dass im kommenden Jahr nur 48,7 Millionen Euro an deutsche Games-Firmen fließen sollen, 2023 waren es noch 70 Millionen Euro.
Am Mittwochabend, bei der Eröffnung der Messe erteilte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der Forderung nach mehr Bundesmitteln eine klare Absage. Er hätte zwar gern „10, 20, 30 Millionen Euro mehr mitgebracht“, aber das habe er nicht, sagte er. Die vom Games-Verband geforderten Steuererleichterungen will er unterstützen, aber da hat er keine Ressortzuständigkeit, die liegt bei Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).
Es wird Zeit, dass der Games-Bereich mehr in die Verantwortung der Bundeskulturpolitik übergeht und die Förderung des Kulturgutes Games nicht nur im Wirtschaftsministerium, sondern auch von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) verantwortet wird. Vielleicht würde die Förderung dann etwas angemessener ausfallen.
Ihr
Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann
2. gamescom congress 2023: Erinnerungskultur, Wertebildung & Games
In diesem Jahr war der Deutsche Kulturrat in drei Veranstaltungen auf der gamescom vertreten.
Am Mittwoch habe ich im Rahmen des Messerundgangs für ein Fachpublikum einen Vortrag zum Thema „Wertebildung mit Games“ gehalten.
Gestern hat der Deutsche Kulturrat gemeinsam mit der Stiftung Digitale Spielekultur auf dem der gamescom angeschlossenen Kongress zur Diskussion über die Rolle von Games als Kulturgut für das Erinnern der Vergangenheit sowie das Bewältigen aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen eingeladen.
In einem weiteren Panel diskutierten wir darüber, wie sich Wertebildung mit Games gestalten lässt.
Noch bis zum Sonntag kann man die gamescom in Köln besuchen. Wobei der Samstag bereits vollständig ausgebucht ist!
Mehr zum Kulturgut Games:
- Das „Handbuch Gameskultur“, herausgegeben von Olaf Zimmermann und Felix Falk, können Sie hier kostenlos als PDF-Datei herunterladen.
- Lesen Sie auch mehr zum Thema in: „Mein kulturpolitisches Pflichtenheft“ von Olaf Zimmermann.
3. Zu Gast im Podcast „Draussen mit Claussen“
Die evangelische Kirche in Deutschland verliert Mitglieder – in epochalem Ausmaß. Zugleich herrscht in der Kirche eine seltsame Sprachlosigkeit. Viele scheinen zu verstummen. Wie kann man die aktuelle Entwicklung verstehen, wie mit ihr umgehen?
Johann Hinrich Claussen, Kulturbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, sprach dazu mit mir in seinem Podcast.
- Hier können Sie die Podcastfolge kostenfrei anhören.
4. Hörempfehlung: Studio 9 – Der Tag mit Christian Höppner: Bildungssystem ist krank und überfrachtet
Bei Deutschlandfunk Kultur sprach Jana Münkel von Studio 9 mit Christian Höppner, Präsident des Deutschen Kulturrates, über die Perspektive der Kultur auf aktuelle Themen. U. a. über den Gipfel der BRICS-Staaten, die aktuelle Stellungnahme des Expertenrats für Klimafragen und die Situation der kulturellen Bildung in Deutschland.
- Das Gespräch wurde am Dienstag im Deutschlandfunk Kultur ausgestrahlt und kann hier nachgehört werden.
5. Einladung: Kulturfreie Zone? Zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Datum: Montag, den 04.09.2023 um 19:00 Uhr
Ort: Pariser Platz 4, 10117 Berlin
Das 22. Akademie-Gespräch der Akademie der Künste, dieses Mal in Kooperation mit dem Deutschen Kulturrat, widmet sich der kulturellen Agenda des öffentlich-rechtlichen Hörfunks und Fernsehens.
- Welche Rolle wird die Kultur zukünftig spielen?
- Welche Lösungen gibt es für die Transformation des Programms ins Digitale?
- Wie werden die aktuellen Strukturprozesse das Kulturverständnis einer demokratischen Gesellschaft verändern?
Begrüßung: Jeanine Meerapfel, Filmemacherin und Präsidentin der Akademie der Künste.
Es diskutieren:
- Kai Gniffke, Intendant des Südwestrundfunks (SWR) und Vorsitzender der ARD
- Kathrin Röggla, Schriftstellerin und Vizepräsidentin der Berliner Akademie der Künste
- Oliver Sturm, Theater- und Hörspielregisseur
- Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrat
- Moderatorin: Diemut Roether
- Tickets können Sie hier online kaufen.
- Ticketverkauf per Telefon unter +49 (0)30 200 57 10 00.
- Weitere Informationen finden Sie hier.
6. Veranstaltung: Fokus Kulturbetrieb – Orte der Diskriminierung und der Ausschlüsse?
Wann? Dienstag, den 05.09.2023, 18:00 – 21:00 Uhr
Wo? Robert Bosch Stiftung, Französische Str. 32, 10117 Berlin
Die Auftaktveranstaltung der neuen Reihe „Powersharing in der Einwanderungsgesellschaft“ der Robert Bosch Stiftung beschäftigt sich mit der Frage, wie diskriminierungskritische Strukturen in Kulturbetrieben durch Powersharing etabliert werden können.
Diskussion mit:
- Hamze Bytyci, Vorstandsvorsitzender, RomaTrial e.V.
- Asmae Harrach-Lasfaghi, wissenschaftliche Mitarbeiterin, TH Köln
- Dr. Christina Ludwig, Direktorin, Stadtmuseum Dresden & Vorstand Kulturpolitische Gesellschaft e.V.
- Dr. Deborah Schnabel, Direktorin, Bildungsstätte Anne Frank e.V.
- Olaf Zimmermann, Geschäftsführer, Deutscher Kulturrat e.V.
Moderation:
- Vivian Perkovic, Journalistin
- Hier kommen Sie zum Live-Stream der Veranstaltung.
- Hier finden Sie weitere Informationen zur Veranstaltung und zur Anmeldung.
- Auf der Veranstaltung wird Dolmetschen in Gebärdensprache und Leichter Sprache angeboten.
7. Neuerscheinung: „Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit – Wie der Kultur- und der Naturbereich gemeinsam die UN-Nachhaltigkeitsziele voranbringen kann“
2015 hat die Weltgemeinschaft die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. In 17 Nachhaltigkeitszielen hat sie konkrete Zielvereinbarungen getroffen.
Wie können die Nachhaltigkeitsziele erreicht werden? Wie kann Armut und Hunger beendet werden? Wie kann Gesundheit und Wohlergehen für alle gewährleistet werden? Wie kann hochwertige Bildung für alle zugänglich gemacht werden? Was ist zu tun für Geschlechtergleichheit? Wie kann der Zugang zu Wasser, zu Sanitäreinrichtungen, zu sauberer Energie ermöglicht werden? Wie können menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum Hand in Hand gehen und Ungleichheiten entgegengewirkt werden? Wie werden Städte nachhaltiger, was bedeutet nachhaltiger Konsum und welche Maßnahmen müssen zum Klimaschutz ergriffen werden? Wie kann der Schutz der Ozeane und der Landökosysteme gelingen?
Mit diesen und weiteren Fragen befassen sich 37 ausgewiesene Expertinnen und Experten aus Kultur, Umwelt- und Naturschutz, Gewerkschaften, Wirtschaft und Wissenschaft unter der Überschrift „Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit“.
Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit
Wie der Kultur- und der Naturbereich gemeinsam die UN-Nachhaltigkeitsziele voranbringen können
Herausgegeben von Olaf Zimmermann und Hubert Weiger
ISBN 978-3-947308-40-8, 256 Seiten, 22,80 Euro
- Werfen Sie hier ein Blick ins Buch!
- Bestellen Sie „Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit“ versandkostenfrei zum Preis von 22,80 Euro hier.
- Das Buch ist natürlich auch über jede Buchhandlung lieferbar.
- Mit dem Kauf ist ebenfalls eine inklusive, barrierefreie PDF-Version verfügbar.
8. Interview der Woche: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie Klangkörper infrage gestellt werden“ – Gerald Mertens im Gespräch
Die Deutsche Musik- und Orchestervereinigung unisono hat am 24. Mai die bundesweite Kampagne #WirSindKulturauftrag für die Rundfunkklangkörper in Deutschland gestartet, die eindrücklich darlegt, warum der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Klangkörper braucht. Theresa Brüheim spricht mit Gerald Mertens über Anlass, Verlauf und Aussichten.
Gerald Mertens ist Geschäftsführer von unisono – Deutsche Musik- und Orchestervereinigung.
Theresa Brüheim ist Chefin vom Dienst von Politik & Kultur.
- Lesen Sie das ganze Interview hier.
Copyright: Alle Rechte bei Deutscher Kulturrat