9. Juli 2021 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 27: Science-Fiction, ARD-Weltspiegel, Kulturveranstaltungen trotz Corona – Sonderfonds gestartet, ...


... BMWi - Forum Kultur- und Kreativwirtschaft 2021, Text der Woche, Zur Subskription: Corona vs. Kultur. Die Corona-Chroniken

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

„wenn wir uns bemühen, können Wunder geschehen“, das sagt Captain Michael Burnham, gespielt von Sonequa Martin-Green, am Ende der dritten Staffel von „Star Trek: Discovery“, die im Januar 2021 bei Netflix in Deutsch zum ersten Mal ausgestrahlt wurde.

 

Gene Roddenberry erdachte die Fernsehserie „Star Trek“, die in Deutschland lange Zeit „Raumschiff Enterprise“ hieß. Das ZDF begann am 27. Mai 1972 mit der Ausstrahlung der Serie und seit dieser Zeit fesselt mich das Star-Trek-Universum.

 

„Der Weltraum – unendliche Weiten. Das sind die Abenteuer des Raumschiff Enterprise“, dieser Satz, die Musik, die Enterprise, wie sie durch den Weltraum gleitet, all dies begleitet mich seit meinen Kinderjahren.

 

Ja, ich bekenne, ich bin ein Star- Trek-Fan. Captain Kirk, dem Vulkanier Spock, Pille, später Captain Jean-Luc Picard, Commander William T. Riker, Commander Data, dem Android, die Besatzung der Voyager mit der Wissenschaftsoffizierin Seven of Nine, einer ehemaligen Borg-Drohne und heute die Discovery mit der Protagonistin Sternenflotten-Offizierin Michael Burnham, sie alle faszinieren mich seit meiner Kindheit und diese Faszination hält bis heute an.

 

Als Anfang der 1960er Jahre Geborener gehört der Aufbruch in den Weltraum zu den positiven Erinnerungen meiner Kindheit. Sehr genau erinnere ich mich an die Mondlandung, natürlich in schwarz-weiß, aber höchst aufregend. Ich durfte auf dem Schoß meines Großvaters nicht nur die Landung selbst, sondern auch die Sondersendung, natürlich nur teilweise, sehen. Der Journalist Günter Siefarth moderierte damals 28 Stunden lang live aus dem „WDR-Apollo-Studio“. Die Fernsehübertragung der Mondlandung 1969 war ein gigantisches Medienereignis. Mehr als die Hälfte aller damals auf der Welt existierenden Fernsehsender waren zugeschaltet und mehr als eine halbe Milliarde Menschen schauten sich das Ereignis im Fernsehen an.

 

Ich denke, damals, 1969 wurde meine Liebe zur Science-Fiction geweckt.

 

Nach dem Sputnik-Schock hatten die USA nicht nur in die Weltraumforschung investiert, sondern auch ein großes Bildungsprogramm aufgelegt, um mehr Menschen den Zugang zu höherer Bildung zu ermöglichen und sie für Zukunftsaufgaben zu qualifizieren. In Deutschland starteten Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre ebenfalls Bildungsreformen, um die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen zu erweitern und vor allem um mit Bildung und Forschung den Vorsprung des westlichen Kapitalismus zu sichern.

 

Zukunft war positiv besetzt. Die Welt sollte besser werden, moderner, fortschrittlicher. Wissenschaften, insbesondere die Naturwissenschaften, sollten den Weg in die Zukunft bahnen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das Science-Fiction-Genre in jener Zeit einen besonderen Aufschwung erlebte und mit Fernsehserien massenkompatibel wurde. Science-Fiction war auch ein Teil des Kampfes der Systeme, Ost gegen West, Kapitalismus vs. Kommunismus.

 

Doch ist das Science-Fiction-Genre wesentlich älter als die erwähnten US-amerikanischen Serien. Als erster Science-Fiction gilt gemeinhin Mary Shelleys „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ aus dem Jahr 1818. Der von Menschen geschaffene neue Mensch erweist sich nicht zuletzt aufgrund seiner hässlichen Gestalt als Monster, da ihm nur Entsetzen entgegengebracht wird. Shelleys Frankenstein reiht sich damit ein in die romantische Dichtung der damaligen Zeit, in der sogenannte Automaten, wie beispielsweise in der Erzählung „Der Sandmann“ von E.T.A. Hoffmann, eine wichtige Rolle spielen.

 

Die Erschaffung von künstlichen Menschen, Automaten, ist eines der zentralen Motive des Science-Fiction-Genre, sowohl was die Literatur, aber auch den Film betrifft. Zu denken ist etwa auch an Ridley Scotts „Blade Runner“. Ein zentrales Motiv dieses Films ist, dass die Replikanten, eigentlich nur geschaffen, um zu arbeiten und mit einer kurzen Lebenszeit von vier Jahren versehen, auf der Suche nach ihrer Vergangenheit sind. Ihnen wurden bei ihrer Erschaffung Erinnerungen an Ereignisse implantiert, die sie nie erlebt haben, die sie aber brauchen, um auch als Android lebensfähig zu sein.

 

Faszinierend an Science-Fiction ist meines Erachtens gerade dieses Spannungsfeld zwischen dem menschlichen Hier und Jetzt, der Sehnsucht und der Suche nach der Zukunft, die stets zwischen Utopie und Dystopie schwankt. Science-Fiction sind in den seltensten Fällen nur eins, nur Utopie oder nur Dystopie. In der Regel vermischen sich beides miteinander. In Science-Fiction werden nicht selten gesellschaftliche Herausforderungen sehr früh durchgespielt. Im Film „Lautlos im Weltraum“ von 1972 treiben vier Raumschiffe mit riesigen Gewächshauskuppeln als eine Art Arche Noah durch den Weltraum, um die letzten Biotope der verseuchten Erde zu erhalten. Dann kommt der Befehl von der Erde, die Gewächshäuser abzusprengen. 50 Jahre später hat der Klimawandel aus der Fiction, bittere Realität werden lassen. Die wunderbare Joan Baez sang das Titellied „Rejoice in the Sun“ zum Film und machte die Mischung aus Utopie und Dystopie damit eindrücklich deutlich.

 

Auffallend an Science-Fiction ist, dass Kunst und Kultur als Thema selten vorkommen. Gerade die Raumschiffe sind entweder düster oder steril, oder beides. Es fehlen die Farben, Bilder, Kunst. Eine Ausnahme bildet die Star-Trek-Serie und dies könnte auch ein Teil ihres Erfolges sein. Insbesondere in der zweiten Serie unter Captain Jean-Luc Picard spielt Kunst eine wichtige Rolle. Picard selbst ist herausragender Kenner Shakespeares und anderer Klassiker und tanzt gerne. Commander William T. Riker spielt Posaune und der Android Data, versucht sich im Bilder malen, Musizieren, Theaterspielen und der Rezitation von Literatur, um seinem Traum menschlicher zu werden näher zu kommen. In „Star Trek: Raumschiff Voyager“ singt der Schiffsarzt, ein Hologramm, fast unentwegt.

 

Es können Wunder geschehen! Science-Fiction bilden die Traumwelten, in denen das möglich ist. Deshalb liebe ich dieses Genre und deshalb habe ich mir erlaubt, es zum Schwerpunktthema in der neuen Politik & Kultur zu machen..

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
Twitter: olaf_zimmermann

 

PS. Der „Weltspiegel“ informiert seit 58 Jahren fundiert und spannend in der ARD über Politik, Kultur und Leben aus aller Welt.  Statt sonntags vor der Tagesschau soll die Sendung zukünftig am Montag um 22.50 Uhr nach den Tagesthemen kommen. Das ist doch nicht Euer Ernst, liebe ARD, den „Weltspiegel“ in die späte Nacht zu verschieben? Bei der Auslandsberichterstattung sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten doch uneinholbar gut. Information, Bildung und Kultur und nicht Sport und seichte Unterhaltung gehören zum Kernbestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Hier Abstriche zu machen, spielt all jenen in die Hände, die ohnehin am Bestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sägen. 45 Auslandskorrespondentinnen und Korrespondenten wenden sich jetzt in einem offenem Brief an die Intendanten gegen den Verlust des „Weltspiegel“- Sendeplatzes. Lesen Sie den Brief hier.

 


 

Dossier: Science-Fiction

 

Wissenschaftlich-technische Spekulationen, Raumfahrtthemen, ferne Zukunft, fremde Zivilisationen und meist zukünftige Entwicklungen sind nicht nur Charakteristika von Science-Fiction, sondern machen auch die Faszination an diesem Genre aus. Dieses Themendossier widmet sich Science-Fiction in Literatur, Film, Fernsehen & Co.

 

 


 

Kulturveranstaltungen trotz Corona – Sonderfonds gestartet

 

Der Sonderfonds für Kulturveranstaltungen startet gestaffelt:

 

  • seit 1. Juli: Wirtschaftlichkeitshilfe für Veranstaltungen mit bis zu 500 möglichen Teilnehmern
  • ab 1. August 2021 bis 31. März 2022: Wirtschaftlichkeitshilfe für Veranstaltungen mit bis zu 2.000 möglichen Teilnehmern
  • ab 1. September 2021: Ausfallabsicherung für Veranstaltungen mit mehr als 2.000 möglichen Teilnehmern

 

Mit dem Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen sollen Kulturveranstalter ermutigt werden, Veranstaltungen zu planen und vertragliche Verpflichtungen einzugehen, auch wenn die Veranstaltungen aufgrund der Corona-Pandemie voraussichtlich nicht kostendeckend bzw. mit Gewinn durchgeführt werden können. Das gilt für öffentliche und öffentlich-geförderte Veranstaltungen, bei denen die öffentliche Förderung nur einen Teil der Kosten deckt und die Deckungslücke durch Eintrittsgelder erwirtschaftet werden muss. Das trifft auf privatwirtschaftliche Veranstalter zu, die die gesamten Kosten aus Eintrittsgeldern finanzieren und als Unternehmen einen Gewinn erwirtschaften müssen. Für den Fonds stehen bis zu 2,5 Milliarden Euro Fördermittel des Bundes bereit.

 

Wer wird gefördert?

 

Veranstalterinnen und Veranstalter von Kulturveranstaltungen. Veranstalterin oder Veranstalter ist, wer das wirtschaftliche und organisatorische Risiko einer Veranstaltung trägt. Veranstalterinnen und Veranstalter in öffentlicher Trägerschaft sind ebenfalls antragsberechtigt, können jedoch nur die Wirtschaftlichkeitshilfe beantragen.

 

Wer ist antragsberechtigt?

 

Antragsberechtigt sind Veranstalter folgender – in Deutschland stattfindender – Kulturveranstaltungen, welche Einnahmen aus dem Verkauf von Tickets erzielen:

 

  • Aufführungen der darstellenden Kunst
  • Konzerte einschließlich Livemusik-Konzerte mit einem kuratierten Musikprogramm, sofern der Veranstalter in Musikclubs im Jahr 2019 mindestens 12 kuratierte Livemusik-Konzerte verschiedener Künstler und Künstlerinnen veranstaltet hat. Livemusik-Konzerte in diesem Sinne sind gezielte Aufführungen von Musiker und Musikerinnen (einschließlich Ereignisse mit kreativen/ künstlerischen/ selbst produzierenden DJs) grundsätzlich auf einer Bühne vor einem Publikum, für die speziell geworben wurde.
  • Vorführungen in den Bereichen Film und Medien, einschließlich Kinos und Freiluftfilmvorführungen
  • Sonderausstellungen zur Vermittlung künstlerischer oder kultureller Inhalte, einschließlich
  • Lesungen und sonstige Literaturveranstaltungen
  • Festivals aller Kunstsparten und spartenübergreifende Kulturveranstaltungen in den o.g. Sparten

 

Was muss getan werden?

  1. Anmeldung und Registrierung. Ohne vorherige Registrierung ist eine Antragstellung nicht möglich.
  2. Durchführung der Veranstaltung
  3. Vervollständigung der Angaben, so u.a. Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben der Veranstaltung.
  4. Beantragung der Hilfen.

Ab wann können Veranstaltungen registriert werden und Anträge gestellt werden?

 

  • Veranstaltungen müssen vor ihrer (geplanten) Durchführung auf der IT-Plattform registriert werden. Die Registrierung von Veranstaltungen für die Wirtschaftlichkeitshilfe ist seit dem 15.06.2021 möglich. Registrierte Veranstaltungen müssen für den Zeitraum zwischen dem 01. Juli 2021 (bei bis zu 500 möglichen Teilnehmern) bzw. dem 01. August 2021 (bei bis zu 2.000 möglichen Teilnehmern) und dem 31. März 2022 geplant sein.
  • Die Registrierung von Veranstaltungen für die Ausfallabsicherung ist seit dem 15.06.2021 möglich. Registrierte Veranstaltungen müssen für den Zeitraum zwischen dem 01. September 2021 und dem 31. Dezember 2022 geplant sein.

 

 


 

Forum Kultur- und Kreativwirtschaft 2021

 

Das Bundeswirtschaftsministerium lud am 05.07.2021zum Forum Kultur- und Kreativwirtschaft 2021 ein.

 

Das Thema der diesjährigen Veranstaltung lautete: „Perspektiven 2022+ für die Kultur- und Kreativwirtschaft“.

 

Mit:

 

  • Peter Altmaier (Bundesminister für Wirtschaft und Energie, CDU),
  • Daniela Brönstrup (BMWi),
  • Mona Rübsamen (Geschäftsführerin Flux FM),
  • Olaf Arndt (Prognos AG),
  • Kristian Jarmuschek (Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler e.V.),
  • Olaf Zimmermann (Geschäftsführer Deutscher Kulturrat e.V.),
  • Christine Berg (HDF Kino e.V.),
  • Marie-Louise Berg (Fashion Council Germany e.V.),
  • Laura Bruns (stadtstattstrand),
  • Julia Köhn (Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes),
  • Pamela Schobeß (LiveMusikKommission e.V.),
  • Frank Fischer (Leiter Referat Kultur- und Kreativwirtschaft) und Nadine Kreutzer (Moderation)

 

  • Hier geht es zum Programm.
  • Hier kann die Veranstaltung auf YouTube nachgesehen werden.

 


 

Text der Woche: Johann Michael Möller „Diversität im Wissenschaftskanon – Kleine Fächer sind unverzichtbarer Teil unseres kulturellen Gedächtnisses“

 

Auch Kolonialgeschichte galt einmal als Orchideenfach. Oder sollte man besser sagen: Sie war eine Nische innerhalb einer Geschichtswissenschaft, in der – wie man lange überzeugt war – bedeutendere Fragen im Vordergrund standen als jenes kurze Kolonialabenteuer in der deutschen Geschichte. Es ist auch noch gar nicht so lange her, dass man im Afrika-Lesesaal einer deutschen Stadt- und Universitätsbibliothek der einzige Benutzer war, was paradiesische Arbeitsbedingungen bot, für die man den belustigten Blick der Kommilitonen gerne in Kauf nahm. Dass aus der deutschen Kolonialgeschichte einmal ein Schlüsselthema für die Gegenwart werden könnte, hätte man damals kaum für möglich gehalten. Wie überhaupt die Betreiber von Orchideenfächern in aller Regel bescheidene Leute sind, die sich zufriedengeben, wenn vom Tisch der großen Fächer noch etwas abfällt. Mein früherer Nachbar, der zu den wenigen Spezialisten weltweit gehört, der alte tibetische Handschriften lesen kann, hat sich zur Sicherheit noch ein Baugeschäft zugelegt und züchtet jetzt Yaks in den Schweizer Bergen. Man kann ja nie wissen, was die akademische Zukunft so bringt.

 

Johann Michael Möller ist Ethnologe und Journalist. Er war langjähriger Hörfunkdirektor des MDR.

 

Lesen Sie den Text hier!

 


 

Zur Subskription: Corona vs. Kultur. Die Corona-Chroniken

 

Der Kulturbereich wurde tief von der Corona-Pandemie getroffen. Er leidet unter extremen Einschränkungen durch die Schutzmaßnahmen. Viele Kultureinrichtungen waren und sind vollständig oder teilweise geschlossen. Besonders die freiberuflich arbeitenden Künstlerinnen und Künstler sind in Existenznot geraten.

 

Doch wie hat sich die Lage in den verschiedenen Kulturbereichen seit Beginn der Pandemie entwickelt? Welche kurz- und mittelfristigen Auswirkungen gibt es? Welche Hilfsmaßnahmen wurden bereits umgesetzt, um den Kultursektor zu unterstützen? Welche politischen und gesellschaftlichen Forderungen bestehen?

 

In acht Kapiteln blicken über 120 Autorinnen und Autoren aus Kultur, Medien und Politik auf die letzten anderthalb Jahre Corona vs. Kultur zurück.

 

Werfen Sie hier ein Blick ins Buch!

 

Die Corona-Chroniken Teil 1 – Corona vs. Kultur in Deutschland
Hg. v. Olaf Zimmermann und Theo Geißler
978-3-947308-32-3,
483 Seiten

 

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Ab dem 23.07.2021 beträgt der Preis dann regulär 20,80 Euro.
Der Versand der vorbestellten Exemplare erfolgt versandkostenfrei am 23.07.2021.

 

 

 


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