29. Mai 2020 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 22: Kosmos, Politik & Kultur Juni 2020, Digitalkonferenz: Wirtschaftliche Folgen der Corona-Pandemie, ...


... Neue Studie: Frauen und Männer im Kulturmarkt, Digitaltag 2020 online, Was wird in der Corona-Krise für die Kultur getan?, Text der Woche, Die Premiere

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

1904 ist die erste Ausgabe des Kosmos, einer populärwissenschaftlichen Zeitung, mit dem Untertitel „Naturwissenschaftliches Literaturblatt“ erschienen. 95 Jahre später wurde sie mit der Zeitschrift „natur“ verschmolzen und verschwand.

 

In den Jahren ihres Erscheinens war der Kosmos für viele Leser mehr als eine normale Zeitschrift. Sie war das Zentralblatt der naturwissenschaftlichen Bildung im 20. Jahrhundert in Deutschland.

 

Als Jugendlicher war ich stolzer Abonnent des Kosmos und mein Großvater schenkte mir einige gebundene Jahrgänge aus den 1920er Jahren. Heute bin ich glücklicher Besitzer des Kosmos von 1905 bis 1990.

 

Wenn man die gesammelten Zeitschriftenbände betrachtet, kann man schon an den Buchrücken das Auf und Ab dieses Jahrhunderts ablesen. Immer dicker sind die Bände über die Jahrzehnte geworden. Nur die Kriegszeiten sind nicht spurlos am Kosmos vorbeigegangen. Im Ersten Weltkrieg ist er mit verminderter Seitenzahl durchgängig erschienen, im Zweiten Weltkrieg konnte 1945 keine Ausgabe erscheinen.

 

Vor einigen Tagen habe ich den Kosmos von 1920 durchgeblättert. Genau 100 Jahre ist der Band alt. »In ohnmächtiger Erbitterung und im heiligen Schmerz«, beginnt das Editorial des Januarheftes. Der Erste Weltkrieg ist verloren, es wird wortreich der Verlust der deutschen Art und des deutschen Wesens beklagt. Die Papierqualität ist schlecht, die Not dieser Zeit ist beim Durchblättern fühlbar. Der angeschlagene Ton lässt eine verhängnisvolle politische Zukunft schon erahnen.

 

Zwei Jahre vorher, 1918, wird im Kosmos zum ersten Mal über die Spanische Grippe berichtet. Eine neue Krankheit sei aufgetaucht, »eine Art der Influenza oder Grippe, die mit sehr heftigem Fieber einsetzt, aber auch sehr bald in Genesung übergeht«. Ein, wie wir heute alle wissen, fundamentaler Irrtum. Die Spanische Grippe tötete damals schätzungsweise zwischen 27 bis 50 Millionen Menschen.

 

Beim Sammeln des Kosmos habe ich auch eine weitere Erkenntnis gewinnen können. Je jünger die Jahrgänge sind, umso schwieriger ist es, sie zu finden. Eine Ausnahme bildet nur der erste Jahrgang des Kosmos von 1904, den ich immer noch verzweifelt suche! Obwohl die Auflage des Kosmos fast immer kontinuierlich stieg, findet man die letzten Zeitschriftenjahrgänge nur selten, einfach weil sie nicht gebunden wurden, sondern nach dem Lesen im Müll landeten. Das wachsende Angebot von konkurrierenden Medien lässt sich hier gut ablesen. Die immer stärker werdende Wegwerfmentalität aber auch.

 

Ich stelle mir vor, der Kosmos würde noch heute erscheinen, wie würden die kommenden Jahrgänge wohl aussehen? Wird das Papier wieder schlechter, die Bände dünner, oder geht es bald weiter wie vor der Corona-Krise?

 

Ich wünsche Ihnen trotz Corona schöne Pfingsttage!

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 

PS. Die Ergebnisse unserer ersten Panel-Befragung von Kultur- und Kreativwirtschaftsverbänden zur Corona-Krise liegen vor. Lesen Sie bitte hier.

 


 

Neuerscheinung: Politik & Kultur Juni 2020

 

Themen der Ausgabe:

 

  • Vom Grenzstreifen zum Kulturerbe
    Das Grüne Band
  • Corona vs. Kultur
    Weitere Folgen für Kulturtourismus, Bühnen, Modedesign und mehr
  • Hilfsmaßnahmen für die Kultur
    Die Kultur kann nicht länger warten: Wann kommt endlich der dringend benötigte Kulturinfrastrukturfonds?
  • Faire Arbeit
    Gute Bezahlung und sichere Arbeitsbedingungen: Ist das Grundeinkommen die Lösung für die Sorgen des Kulturbetriebe
  • Bauhaus
    Von Weimar in die Welt: Was ist das „Deutsche“ am Bauhaus und den internationalen Nachfolge-Gründungen der Schule?
  • Theater in Ost/West
    Auf der Bühne: Was machte das Theater in DDR und BRD aus? Wie entwickelte sich eine gesamtdeutsche Theaterszene?

 

Weitere Themen: Berliner Theatertreffen, Urheberpersönlichkeitsrecht, Arterhaltung: Citizen Conservation, Debatte um Achille Mbembe, Deutsche Auslandsschulen, Goethes Welt: Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit im Tanz, Andrea Rothaug im Porträt, Audioboom: Hörfunk und Podcasts u.v.m.

 

  • Politik & Kultur ist die Zeitung des Deutschen Kulturrates. Sie wird herausgegeben von Olaf Zimmermann und Theo Geißler.
  • Sie erscheint zehnmal jährlich und ist erhältlich in Bahnhofsbuchhandlungen, an großen Kiosken, auf Flughäfen und im Abonnement: Einzelpreis: 4,00 Euro, im Abonnement: 30,00 Euro (inkl. Porto), im Abonnement für Studierende: 25 Euro (inkl. Porto).
  • Die Juni 2020-Ausgabe von Politik & Kultur mit den Schwerpunkten „Vom Grenzstreifen zum Kulturerbe: Das Grüne Band“ und „Corona vs. Kultur“ steht für die Newsletter-Abonnementen als kostenfreies E-Paper (pdf-Datei) zum Herunterladen bereit.

 


 

09. Juni Digitalkonferenz: Wirtschaftliche Folgen der Corona-Pandemie und Perspektiven für die Kultur- und Kreativwirtschaft des Wirtschaftsforums der SPD e. V.

 

Mit ihrer Kultur-, Kreativ- und Innovationsleistung sind die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft Zukunftsgestalter und wichtiger Akteur des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Umso wichtiger ist es, auch perspektivische Ideen zu entwickeln, die es den Unternehmen der Kultur- und Kreativbranche ermöglichen, künftig Marktakteure zu bleiben.

 

Die bereits auf den Weg gebrachten Maßnahmen zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sowie notwendige Anpassungen sollen diskutiert werden und auch die Frage nach wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für eine starke und zukunftsfähige Kultur- und Kreativwirtschaft werden adressiert.

 

Wann: Dienstag, den 09. Juni 2020, von 16:00 Uhr bis 17:00 Uhr

 

16:00 Uhr: Einwahl der Teilnehmer*innen

 

16:05 Uhr: Begrüßung – Heiko Kretschmer, Schatzmeister des Wirtschaftsforums der SPD e. V.

 

16:10 Uhr: Impuls – Dr. Carsten BrosdaSenator für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg

 

16:20 Uhr: Impuls – Olaf Zimmermann Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates e. V.

 

16:30 Uhr: Moderierte Diskussion mit den Teilnehmer*innen

 

17:00 Uhr: Ende der Digitalkonferenz

 

Die Zugangsdaten sowie eine detaillierte Anleitung erhalten die angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einer separaten E-Mail am Vortag der Veranstaltung vom Wirtschaftsforum der SPD e. V.. Hier kann man sich anmelden.

 


 

Zur Subskription: Frauen und Männer im Kulturmarkt – Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage

 

Corona hat alles verändert und Corona hat vieles sichtbar gemacht. Dass die Seuche innerhalb von wenigen Tagen die ökonomischen Bedingungen der Künstlerinnen und Künstler und der kleinen kulturwirtschaftlichen Unternehmen zum Zusammenstürzen bringen konnte, zeigt wie dünn das
Eis der ökonomischen Absicherung der Frauen und Männer, die im Kulturmarkt arbeiten, ist. Die neue Studie „Frauen und Männer im Kulturmarkt“erscheint deshalb genau zu richtigen Zeitpunkt, um mehr Klarheit zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in den Kulturberufen zu schaffen.

 

Nach den Studien „Arbeitsmarkt Kultur“ (2013) und „Frauen in Kultur und Medien“ (2016) legen die Autoren nun die dritte umfängliche Untersuchung zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Kulturberufen vor.

 

Die neue Studie weitet den Blick auf den gesamten Bereich der Kulturberufe.

 

So zum Beispiel auf die Angestellten im Buchhandel, Verlags- und Medienwirtschaft, Medien-, Informations- und Dokumentationsdienste, Redaktion und Journalismus, Öffentlichkeitsarbeit, Produkt- und Industriedesign, Technische Mediengestaltung, Innenarchitektur, Kunsthandwerk – Bildende Kunst, Kunsthandwerkliche Glas- und Keramikgestaltung, Kunsthandwerkliche Metallgestaltung, Musikinstrumentenbau, Theater-, Film- und Fernsehproduktion, Veranstaltungs-, Kamera- und Tontechnik, Bühnen- und Kostümbildnerei, Musik-, Gesangs- und Dirigententätigkeit, Schauspiel-, Tanz- und Bewegungskunst, Moderation und Unterhaltung, Ausstellen und Präsentieren in Museen und Lehren außerhalb der Schule

 

Und auf die Selbständigen in den Bereich Musikwirtschaft, Buchmarkt, Kunstmarkt, Filmwirtschaft, Rundfunkwirtschaft, Markt für darstellende Kunst, Designwirtschaft, Architekturmarkt, Pressemarkt, Werbemarkt und Software-/Games-Industrie sowie weiter auf die in der Künstlersozialkasse Versicherten in den Berufsgruppen Wort, Bildende Kunst, Musik und Darstellende Kunst.

 

Gabriele Schulz, Olaf Zimmermann
Frauen und Männer im Kulturmarkt – Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage
400 Seiten; Großformat,
ISBN 978-3-947308-20-0

 

  • Die Studie kann bis zum 14.06.2020 zur Subskription zum Preis von nur 19,80 Euro (inklusive Porto und Verpackung) hier vorbestellt werden.
  • Danach kostet sie 24,80 Euro.
  • Der Versand erfolgt ab dem 15.06.2020.

 


 

Vorankündigung: 19.06.2020 Digitaltag 2020 online

 

Am 19. Juni findet der diesjährige Digitaltag ganztägig im digitalen Raum statt. Damit reagiert die Initiative „Digital für alle“, die den Digitaltag trägt und der auch der Deutsche Kulturrat angehört, auf die aktuellen Entwicklungen um die Covid-19-Pandemie. Die geplanten Veranstaltungen finden online statt, dabei soll der Hashtag #digitalmiteinander helfen, Menschen in ganz Deutschland miteinander zu verbinden.

 

Ziel ist es, verschiedenste Aspekte der Digitalisierung zu beleuchten, Chancen und Herausforderungen zu diskutieren, einen breiten gesellschaftlichen Dialog anzustoßen und damit die digitale Teilhabe zu fördern.

 

Der Deutsche Kulturrat ist von Beginn an Teil des Partnernetzwerkes der Initiative „Digital für alle“. Privatpersonen, Vereinen, Unternehmen und der öffentlichen Hand steht es offen, mit eigenen Aktionen und Online-Events am Digitaltag teilzunehmen. Mögliche Formate sind Webcasts, Webinare, Live-Streams, Online-Beratungen, virtuelle Führungen, Tutorials oder Hackathons. Aktionen können unter www.digitaltag.eu angemeldet werden.

 


 

Aktualisiert! Corona-Krise: Was wird für die Kultur getan, was muss noch getan werden?

 

Einschätzungen, Auswirkungen, Maßnahmen, Forderungen: Wie ist der Kulturbereich von der Corona-Pandemie betroffen?

 

Hier finden Sie alle Pressemitteilungen des Deutschen Kulturrates im Zusammenhang mit der Corona-Krise, den Newsletter Corona versus Kultur sowie weitere nützliche Informationen und Meldungen.

 

Newsletter Corona versus Kultur

Newsletter des Deutschen Kulturrates für alle von Einschränkungen betroffenen Künstler, kulturwirtschaftlichen Unternehmen, öffentlichen und privaten Kultureinrichtungen.

 

Pressemitteilungen

Hier finden Sie alle Pressemitteilungen, die der Deutsche Kulturrat im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie veröffentlich hat.

 

Kulturratsmitglieder zur Corona-Krise
Viele Mitgliedsverbände der Sektionen informieren ihre Mitglieder über spezifische Herausforderungen in der jeweiligen künstlerischen Sparte oder im Arbeitsbereich. Hier kommen Sie zu den Informationen der Verbände und Institutionen.

 

Hilfsmaßnahmen des Bundes

Finden Sie hier Informationen zu den Maßnahmen des Bundes für Solo-Selbständige und Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft.

 

Hilfsmaßnahmen der Länder

Finden Sie hier Informationen zu den Maßnahmen der einzelnen Bundesländer im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

 

Hilfen aus dem Kultur- und Medienbereich

Hier finden Sie Informationen zu den Hilfsmaßnahmen des Kultur- und Medienbereichs für den Kultur- und Medienbereich.

 


 

Text der Woche: Johann Michael Möller „Die Zerreißproben stehen bevor“

 

Von Herfried Münkler, dem bekannten Politikwissenschaftler, stammt der Satz, große Teile des Volkes seien einfach nur dumm. Er hat ihn über die Wähler von Donald Trump gesagt und ist dafür zu Recht kritisiert worden. Aber sind wir doch ehrlich. Bei vielen Äußerungen auf den aktuellen Anti-Corona-Demonstrationen ertappt man sich selbst bei solchen Gedanken. Es ist viel wirres Zeug, was man zu hören bekommt. Und die meisten Leute, die es verbreiten, sind es wohl auch.

 

Wo, muss man sich inzwischen fragen, ist die Aufklärung der letzten Jahrhunderte eigentlich geblieben? Der Lack einer vernünftigen Moderne, er blättert erschreckend schnell ab. Was aber sagen solche Hirngespinste über unsere Zeit und diese Gesellschaft aus? Eine befriedigende Erklärung habe ich nicht gefunden. Nicht bei der Politik und nicht bei den Sozialpsychologen, die uns derzeit erklären, dass auch Wahnsysteme echte Geborgenheit bieten. Doch das hilft uns nicht weiter.

 

Johann Michael Möller ist Ethnologe und Journalist. Er war langjähriger Hörfunkdirektor des MDR.

 

Lesen Sie den Text hier!

 

 


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