6. Mai 2022 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Kulturpolitischer Wochenreport

KW 18: Modeindustrie: Zwischen Ausbeutung + Nachhaltigkeit, P&K-Schwerpunkt: Mode - Von Haute Couture bis Massenproduktion, ...


... IkI-Jahrestagung: „Zusammenhalt gegen Rassismus“, Dossier 20 Jahre Kulturstiftung des Bundes, Einladung: Müssen, Können, Wollen - Ein Gespräch zum Green Deal im Theater, Diversität in Kulturinstitutionen, Text der Woche

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Mode ist nicht gleich Bekleidung und Bekleidung noch lange keine Mode, wie der Schwerpunkt in der Mai-Ausgabe von Politik & Kultur anschaulich zeigt.

 

Mode ist schon immer mehr als der Schutz des Körpers vor Sonne, Wind und Regen. Sie ist immer schon ein Distinktionsmerkmal und in früheren Gesellschaften gab es klare Bekleidungsverbote oder -gebote. Die Rocklänge, das Tragen von Hosen, Farben, Uniformen, Kopfbedeckungen – Hut, Kopftuch oder Perücke – sind mehr als nur modische Erscheinungen. Sie waren in der Vergangenheit Ausdruck der gesellschaftlichen Stellung. Sie sind bereits seit einigen Jahrzehnten Ausdruck von Individualität oder auch Religiosität – etwa, wenn muslimische oder jüdische Frauen ihr Haar bedecken und Kopftuch oder Perücke tragen.

 

Bekleidung oder besser die Bekleidungsindustrie ist auch ein Treiber der technologischen, industriellen Entwicklung und der weltwirtschaftlichen Verflechtungen. Die Wirkungen der industriellen Revolution waren im Textilwesen sehr früh zu studieren.

 

Heinrich Heine beschreibt im Weberlied (1844) das Elend der Weber und verbindet es mit dem politischen Aufruf nach Freiheit:

 

Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch –
Wir weben, wir weben!

 

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt –
Wir weben, wir weben!

 

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpresst,
Und uns wie Hunde erschiessen lässt –
Wir weben, wir weben!

 

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt –
Wir weben, wir weben!

 

Das Schifflein fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht –
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch –
Wir weben, wir weben!

 

Heute werden Textilien vielfach in Asien produziert und das im 19. Jahrhundert literarisch beschriebene Elend der Weber trifft heute auf Näherinnen in Asien zu. Unter ausbeuterischen Bedingungen fertigen sie Kleidung, die in den Industrienationen für wenig Geld verkauft oder aufgrund der Überproduktion ungetragen vernichtet wird. Oft wird die Billigkleidung nach wenigen Wäschen weggeworfen.

 

Ein Umdenken beginnt allerdings. Nachhaltigkeit gewinnt in der Textilwirtschaft an Bedeutung, das betrifft sowohl die Herstellung der Garne und Stoffe als auch die Produktion. Vieles ist noch zu tun, doch das Bewusstsein, dass jeder und jede einzelne durch sein oder ihr Kaufverhalten Einfluss auf die Produktion von Bekleidung nehmen kann, wächst.

 

Mode ist, wie gesagt, viel mehr als Bekleidung. Am Anfang der gesamten Wertschöpfungskette in der Mode- und Bekleidungsindustrie stehen die Designerinnen und Designer, die Modekünstler. Ihre Individualität und ihre Schöpferkraft findet in der Mode ihren Ausdruck – egal, ob Haute Couture, Prêt-à-porter oder Bekleidung „von der Stange“. Ohne ihre Inspiration hätten wir keine Mode, sondern nur Bekleidung und das wäre auf Dauer schon sehr langweilig.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 

PS. Eine kleine Auswahl von Texten und Kommentaren zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

 


 

Mode: Von Haute Couture bis Massenproduktion

Aktueller Schwerpunkt in Politik & Kultur 5/22

 

Mode ist eine Form des kulturellen Daseins. Sie ist Sprach- und Ausdrucksform sowie kulturelle Teilhabe. Entsprechend widmet sich die aktuelle Ausgabe 5/22 von Politik & Kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates, im Schwerpunkt dem Thema „Von Haute Couture bis Massenproduktion: Wie tickt die Modeindustrie?“.

 

Lesen Sie hier alle Beiträge des Schwerpunktes:

 

 


 

Jetzt anmelden: Fünfte Jahrestagung der Initiative kulturelle Integration „Zusammenhalt gegen Rassismus“

 

  • Wann: Donnerstag, den 02.06.2022, 10.00 bis 15.45 Uhr
  • Wo: Tagungszentrum Hotel Aquino, Hannoversche Str. 5B, 10115 Berlin

 

„Rassismus ist ein gesamtgesellschaftliches, strukturelles Phänomen“, auf diese Feststellung haben sich die Mitglieder der Initiative kulturelle Integration in ihrer gemeinsamen Resolution „Gegen Rassismus und Ausgrenzung! Für Zusammenhalt in Vielfalt!“ geeinigt. Die Resolution entstand kurze Zeit nach dem rassistisch motivierten Attentat am 19. Februar 2020 in Hanau.

 

Zwei Jahre später lädt die Initiative kulturelle Integration in Anwesenheit der Kulturstaatsministerin Claudia Roth sowie der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung Staatsministerin Reem Alabali-Radovan zu ihrer fünften Jahrestagung „Zusammenhalt gegen Rassismus“ am Donnerstag, den 2. Juni 2022 in Berlin ein.

 

In das Tagungsthema wird am Vormittag durch Impulse und die Diskussion mit der Kulturwissenschaftlerin und Autorin Dr. Mithu M. Sanyal und dem Soziologen und Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani eingeleitet.

 

Der Nachmittag dient der vertiefenden Diskussion in vier Arbeitsgruppen zu den Themen „Rassismus und (Aus-) Bildung“, „Alltagsrassismus“, „Rassismus in den sozialen Medien“ und „Rassismus in der Kultur“. Die Jahrestagung wird eingerahmt von einer Ausstellung verschiedener Projekte und Initiativen rund ums Tagungsthema.

 

Wir laden Sie herzlich ein, an der fünften Jahrestagung der Initiative kulturelle Integration in Berlin teilzunehmen, mitzudiskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen.

 

 


 

Neuerscheinung: Dossier 20 Jahre Kulturstiftung des Bundes

 

Innovationen zu fördern, Neues anzustoßen, Veränderungen auf den Weg zu bringen, sind der Kern der Arbeit der Kulturstiftung des Bundes seit zwei Jahrzehnten. Sie verwirklicht dies in der Projektförderung und in ihren Programmen wie beispielsweise „Jedem Kind ein Instrument“, „Kulturagenten für kreative Schulen“, „Schrumpfende Städte“, „360°“, „Trafo“, „Zero“.
 
Die Kulturstiftung des Bundes ist dabei selbst Treiberin für Veränderungen, für Innovationen in Kultureinrichtungen, in der Freien Szene und in der kulturpolitischen Themensetzung.

 

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums reflektiert Politik & Kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates, die Geschichte der Bundeskulturstiftung im Dossier „On the Road – 20 Jahre Kulturstiftung des Bundes“. Dabei werden einige Programme hervorgehoben, Gelungenes wird gelobt und Leerstellen benannt.

 

Ein wesentliches Merkmal der Stiftungsarbeit ist der Dialog, das Gespräch mit den verschiedenen Kulturakteuren, das Ausloten der Förderbedarfe und das Abwägen von Wünschen und eigenen Ideen. Die Kulturstiftung des Bundes ist dabei stets „On the Road“. Sie hat ihr Ohr an der Kulturszene.

 

Auf 72 Seiten schildern 47 Autorinnen und Autoren ihren Blick auf und ihre Position zur Bundeskulturstiftung – klar, kulturpolitisch, lobend und kritisch.

 

  • Das Dossier „On the Road – 20 Jahre Kulturstiftung des Bundes“ liegt der Ausgabe 5/22 von Politik & Kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, bei. Es wird herausgegeben von Olaf Zimmermann und Theo Geißler.
  • Lesen Sie das Dossier jetzt kostenlos im PDF-Format oder kaufen Sie es für 4,20 Euro als gedruckte Ausgabe hier. Natürlich kann das Dossier auch über jede Buchhandlung (ISBN: 978-3-947308-50-7) bestellt werden.

 


 

Einladung: Müssen, Können, Wollen – Ein Gespräch zum Green Deal im Theater

 

Eine kulturpolitische Gesprächsrunde diskutiert Maßnahmen und Hindernisse auf dem Weg zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit im Theater.

 

  • Wann: Samstag, 14.5.2022, 14:30—16:00
  • Wo: Haus der Berliner Festspiele, Oberes Foyer
  • Eintritt frei

 

Der Transformationsprozess hin zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit im Theater hat längst begonnen. Während auf politischer Ebene neue Rahmenbedingungen ausgehandelt und Förderkonzepte auf den Weg gebracht werden, engagieren sich Mitarbeitende in den Institutionen auf ihre je eigene Weise, bilden sich weiter, setzen Umdenkprozesse in Gang und stoßen dabei auch auf Herausforderungen und Widerstände.

 

Der Deutsche Kulturrat, 3sat und das Theatertreffen greifen diese Entwicklungen auf und diskutieren gemeinsam:

 

  • Wieviel Nachhaltigkeit ist in der Kultur realistisch?
  • Führt sie womöglich zur Einschränkung der künstlerischen Freiheit?
  • Was müssen, was wollen Politik und Kulturförderung leisten?
  • Welche Erwartungen gibt es vonseiten der Theatermacherinnen und Theatermacher?

 
Es diskutieren:

 

  • Erhard Grundl MdB Kulturpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
  • Kirsten Haß Verwaltungsdirektorin Kulturstiftung des Bundes
  • Wiebke Leithner Stellvertretende Kaufmännische Direktorin Burgtheater (Wien) / Green Ambassador
  • Natalie Müller-Elmau Koordinatorin 3sat
  • Olaf Zimmermann Geschäftsführer Deutscher Kulturrat
  • Cécile Schortmann Moderation 3Sat

 
Weitere Informationen finden Sie hier.

 

PS. Vorankündigung: Zum ähnlichen Thema findet am Dienstag, 24.05.2022, 19:00 Uhr,  ein öffentliches Zoom-Gespräch mit Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates unter dem Titel “ Nachhaltigkeit Sozial-ökologische Transformation und die Kultur??“ statt. Weitere Informationen finden Sie hier.

 


 

Diversität in Kulturinstitutionen 2018-2020

 

Diversität in Kultureinrichtungen ist ein zentrales Thema. In diesem Band werden die Ergebnisse einer erstmaligen Befragung von bundesgeförderten Kultureinrichtungen und -institutionen zur Diversität in ihren Einrichtungen vorgestellt. Es geht darum, wie viele Frauen und Männer in den Einrichtungen arbeiten, wie die Altersstruktur der Beschäftigten aussieht, wie hoch der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund ist und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer Behinderung beschäftigt werden.
 
Weiter wird untersucht, wie divers das Publikum und das Programm sind. In abschließenden Handlungsempfehlungen wird aufgezeigt, was die Einrichtungen und was die Kulturpolitik leisten kann, um mehr Diversität zu ermöglichen.

 

Eckhard Priller, Malte Schrader, Gabriele Schulz & Olaf Zimmermann
Diversität in Kulturinstitutionen 2018-2020
ISBN 978-3-947308-34-7, 104 Seiten, 12.80 Euro

 

 


 

Text der Woche: Klaus-Dieter Lehmann „Architektur in der Verantwortung“

 

Erstmals gewinnt in der 40-jährigen Geschichte des Pritzker-Preises mit Diébédo Francis Kéré ein Afrikaner diesen Preis. Es ist die höchste Auszeichnung auf dem Gebiet der Architektur. Kéré ist einer der innovativsten Architekten der Welt und ein Pionier für soziale Architektur. Sein Lebensweg ist bemerkenswert. Geboren 1965 in einem kleinen Dorf in Burkina Faso, verlässt er sein Land, um in Berlin Architektur zu studieren. Es war ein harter Weg, der ihn geprägt hat, bei dem die Traditionen und Bedürfnisse seiner Heimat und die technologischen Erkenntnisse gleichermaßen zur Geltung kommen. Er steht für einen deutlichen Paradigmenwechsel des Bauens, bei dem das soziale, ökonomische und politische Umfeld essenzieller Teil der Planung ist, zugleich Vertreter der Avantgarde und eines überzeugenden Pragmatismus, Stadtplanung mit menschlichen Dimensionen, gesellschaftliche Verantwortung, lokale Wertschöpfung und partizipatives Verhalten.

 

Klaus-Dieter Lehmann ist Kulturmittler. Er war Präsident des Goethe-Instituts und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie Generaldirektor der Deutschen Bibliothek.

 


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