23. März 2022 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Positionen

Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zum Diskussionspapier von BMFSFJ und BMI für ein Demokratiefördergesetz


Berlin, den 23.03.2022. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, dankt für die Möglichkeit zum „Diskussionspapier von BMFSFJ und BMI für ein Demokratiefördergesetz“ Stellung nehmen zu können.

 

Der Deutsche Kulturrat begrüßt das Vorhaben eines Demokratiefördergesetzes ausdrücklich. Die Vorlage eines Diskussionspapiers vor dem eigentlichen Gesetzgebungsprozess und damit die frühzeitige Einbindung der Zivilgesellschaft, die einen spezifischen Beitrag zur Förderung der Demokratie leistet und an die das Demokratiefördergesetz adressiert wird, wird vom Deutschen Kulturrat als sehr positiv erachtet. Mit diesem Vorgehen wird unterstrichen, dass das Einstehen für die Demokratie und ihre Stärkung alle angeht – die Bürgerinnen und Bürger, die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die Kommunen, die Länder und den Bund.

 

Die Demokratie wird in Deutschland jeden einzelnen Tag gelebt, in den Vereinen, in Jugendgruppen, in Netzwerken, in der Schule, in Elternbeiräten, in der Kommune und an vielen anderen Orten. Sie beruht auf bürgerschaftlichem Engagement. Demokratie unterliegt keiner eng gefassten oder festgeschriebenen Gesetzmäßigkeit, sondern sie fordert eine stete und lebendige Wertediskussion. Demokratie entsteht im Kleinen, im Miteinander in zivilgesellschaftlichen Organisationen, in der Verantwortung für die Gesellschaft im Allgemeinen und in der Übernahme von spezifischen Aufgaben im Besonderen. Gerade die Alltagsdemokratie ist eine wesentliche Ressource für das aktive Leben und Erleben von Demokratie.

 

Zivilgesellschaftliche Organisationen sind Teil des demokratischen Aushandlungsprozesses. Sie können zuspitzen, sie können sich auch für partikulare Anliegen einsetzen, sie können widerstreitend sein, sie bündeln verschiedene Anliegen. Gerade darin kann ihr spezifisches Potenzial für die Demokratie bestehen, die auf gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen besteht. Zivilgesellschaftliche Organisationen sind nicht der Staat und sie sind auch keine Dienstleister für staatliche Anliegen. Sie verfolgen ihre eigene Agenda und sind damit ein wichtiger Partner in demokratischen Prozessen.

 

Der Deutsche Kulturrat ist Teil der Zivilgesellschaft. Er steht für den gesamten Kulturbereich in seinen verschiedenen Ausprägungen und künstlerischen Sparten. Seine Mitgliedschaft ist lokal verankert. Kultur als Handlungsfeld und Kunst als Medium sind Teil des demokratischen Diskurses bzw. bieten Anlässe der gesellschaftlichen Auseinandersetzung.

 

Aus Sicht des Deutschen Kulturrates muss ein Demokratiefördergesetz die gesamte Zivilgesellschaft in den Blick nehmen. Eine Verengung auf die Extremismusprävention greift zu kurz, vielmehr muss es darum gehen, die zivilgesellschaftlichen Akteure und Infrastrukturen bürgerschaftlichen Engagements nachhaltig zu fördern und zu unterstützen, damit sie ihre demokratiefördernde Wirkung entfalten können. Gerade Kunst und Kultur können hier Impulse setzen und Verantwortung übernehmen.

 

Zu den vorgeschlagenen Regelungsbereichen im Einzelnen positioniert sich der Deutsche Kulturrat folgendermaßen:

 

Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für den Bund

 

Der Deutsche Kulturrat begrüßt ausdrücklich, dass mit dem Demokratiefördergesetz eine gesetzliche Grundlage für eine Bundesförderung im Bereich der Demokratieförderung geschaffen werden soll. Das Sammeln von positiven Demokratieerfahrungen sollte eine wichtige Zielsetzung des Demokratiefördergesetzes werden, damit die Ausrichtung über die reine Extremismusprävention hinaus erweitert wird. Ein wesentlicher Aspekt sollte dabei die proaktive politische sowie kulturelle Bildung sein.

 

Sicherstellung einer angemessenen Finanzierung nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsgesetzes

 

Das Demokratiefördergesetz sollte als neues Förderinstrument die Strukturförderung implementieren. Demokratieförderung lässt sich nicht nach Haushaltsjahren oder Kassenlage sinnvoll umsetzen. Demokratieförderung bedarf verlässlicher Infrastrukturen, die entweder von zivilgesellschaftlichen Organisationen selbst oder in Verbindung mit zivilgesellschaftlichen Organisationen gestellt werden. Nur eine auf mindestens fünf Jahre angelegte Strukturförderung mit der Option auf eine Verlängerung macht es möglich, demokratiefördernde Strukturen tragfähig zu verankern. Hierfür müssen die entsprechenden Vorkehrungen in der Bundeshaushaltsordnung geschaffen werden. Wesentlich ist ferner, dass die Weiterleitung von Mitteln von vorneherein vorgesehen ist, um bis zu den Kommunen die Förderung diffundieren zu lassen.

 

Ermöglichung einer bedarfsorientierten, längerfristigen und altersunabhängigen Förderung

 

Der Deutsche Kulturrat begrüßt den Ansatz einer längerfristigen und altersunabhängigen Förderung. Die Auseinandersetzung und die Identifikation mit der Demokratie sind nie abgeschlossen, es gilt vielmehr auch jene, die der Demokratie kritisch gegenüberstehen oder sich abgewandt haben, wieder für den demokratischen Diskurs zu gewinnen. Seine Grenze muss dies bei Hass und Hetze finden.

 

Der Deutsche Kulturrat schlägt vor, bei der Entwicklung von Förderrichtlinien den Sachverstand aus der Zivilgesellschaft zu nutzen, um, wie beabsichtigt, bedarfsorientiert agieren zu können. Die Zusammenführung der Akteure ist eine zivilgesellschaftliche Aufgabe.

 

Ausführung des Gesetzes, Zusammenarbeit

 

Wie bereits oben ausgeführt, ist die Zivilgesellschaft kein Dienstleister des Staates, um Demokratieförderung umzusetzen. Der Deutsche Kulturrat fordert daher, dass die Zivilgesellschaft bzw. Dachverbände der verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche in den Bund-Länder-Austausch auf Augenhöhe einzubeziehen. Der Deutsche Kulturrat befürwortet, dass die verschiedenen Ebenen zusammenarbeiten. Dies kann zu Reibungsverlusten führen und würde dem Sinn einer Förderung von Demokratie zuwiderlaufen.

 

Wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung der Fördermaßnahmen

 

Der Deutsche Kulturrat sieht das Erfordernis, dass insbesondere mit Blick auf die wissenschaftliche Begleitung und die Evaluierung der Fördermaßnahmen eine Abgrenzung zur Arbeit der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt erfolgt, um Doppelarbeit bzw. Reibungsverluste zu vermeiden. Weiter sollte die Zivilgesellschaft ebenfalls in die wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung einbezogen werden.

 

Berichterstattung an den Deutschen Bundestag

 

Neben der Berichterstattung an den Deutschen Bundestag hält der Deutsche Kulturrat die regelmäßige Information der Bürgerinnen und Bürger für unerlässlich. Ihr Engagement für die Demokratie gilt es hervorzuheben, gute und nachahmenswerte Beispiele bekanntzumachen und wertzuschätzen.


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