9. Dezember 2013 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Positionen

Konsultationspapier der EU-Kommission Überprüfung bestehender MwSt-Rechtsvorschriften zu öffentlichen Einrichtungen und Steuerbefreiungen für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten (TAXUD/CI): Stellungnahme des Deutschen Kulturrates


Berlin, den 09.12.2013. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat sowohl zum „Grünbuch der EU-Kommission über die Zukunft der Mehrwertsteuer. Wege zu einem einfacheren, robusteren und effizienteren Mehrwertsteuersystem KOM (2010) 695 endgültig“ als auch zum Konsultationspapier der EU-Kommission „Überprüfung bestehender Rechtsvorschriften zu ermäßigten Mehrwertsteuersätzen“ Stellung genommen.

 

Der Deutsche Kulturrat unterstreicht, dass dem Gemeinwohl dienende Einrichtungen im Kultur- und Mediensektor der Daseinsvorsorge dienen. Kulturangebote von gemeinwohlorientierten öffentlichen Einrichtungen befinden sich zwar mit privatwirtschaftlichen Einrichtungen in einem Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Qualität, aber in keinem ökonomischen Wettbewerb. Insofern sieht der Deutsche Kulturrat auch kein dringendes Erfordernis, weitere regulierende Maßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer zu ergreifen.

 

Der Deutsche Kulturrat konzentriert sich im Folgenden auf die im Fragebogen unter F3 bis F5 gestellten Fragen, in denen es um die unter Punkt 5 des Konsultationspapiers vorgestellten Reformoptionen geht.

 

Zu F3 – Punkt 5.1 – Vollbesteuerungsmodell

Ausdrücklich lehnt der Deutsche Kulturrat das unter 5.1 genannte Vollbesteuerungsmodell ab. Es würde bedeuten, dass die bestehenden Mehrwertsteuerbefreiungen für den auch namentlich erwähnten Kultursektor per se wegfallen würden, was der Deutsche Kulturrat für den falschen Weg hält.

 

Zu F3 – Punkt 5.5 – Punktuelle Änderungen – steuerliches Optionsrecht

Für zielführend hält der Deutsche Kulturrat hingegen die unter Punkt 5 „Punktuelle Änderung der geltenden Vorschriften“ genannte erste Möglichkeit eines steuerlichen Optionsrechts für die jeweilige kulturelle Einrichtung. Bereits seit mehreren Jahren fordert der Deutsche Kulturrat die Einführung eines solchen Optionsrechts, mit dem den kulturellen Einrichtungen der Verzicht auf eine Umsatzsteuerbefreiung für kulturelle Dienstleistungen und damit der Anspruch auf Vorsteuererstattung ermöglicht wird. Bereits die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ hat in ihrem Schlussbericht (Bundestagsdrucksache 16/7000) ein solches Optionsrecht empfohlen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche dem Gemeinwohl dienende Kultureinrichtungen gibt, die – entgegen dem eigentlichen Sinn und Zweck einer Entlastung der Kosten kultureller Dienstleistungen von der Umsatzsteuer – de facto umsatzsteuerlich belastet werden, weil sie aufgrund der Umsatzsteuerbefreiung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Vor diesem Hintergrund wäre es sehr zu begrüßen, wenn Art. 137 Abs. 1 um den in Art. 132 Abs. 1 Buchstabe n) genannten Bereich der kulturellen Dienstleistungen erweitert würde.

 

Zu F3 – Punkt 5.5 – Punktuelle Änderungen – Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für E-Books und Kunstgegenstände

Da sowohl E-Books als auch Werke der Bildenden Kunst insbesondere auch von dem Gemeinwohl dienenden Kultur- und Bildungseinrichtungen erworben werden, die aktuell regelmäßig nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, ist es umso wichtiger, dass diese beiden Kulturgüter uneingeschränkt in den Anwendungsbereich des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes fallen. In diesem Zusammenhang erinnert der Deutsche Kulturrat an seine Forderung für E-Books, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz einzuführen. E-Books sind in der Regel weitgehend mit dem gedruckten Buch inhaltsgleich. Es ist deshalb unverständlich, wenn das gedruckte Buch mit dem ermäßigten und das digitale Buch mit dem vollen Mehrwertsteuersatz belegt werden.

 

Der Deutsche Kulturrat sieht darüber hinaus weiteren punktuellen Änderungsbedarf mit Blick auf die Bildende Kunst. Er ist zum einen der Auffassung, dass nicht nur die in Anhang IX Teil A der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie genannten Kunstgegenstände unter dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz fallen, sondern insbesondere auch die Foto- und Videokunst, der künstlerische Siebdruck und die künstlerischen Designleistungen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese – nicht mehr ganz neuen – künstlerischen Ausdrucksformen derzeit noch vom ermäßigten Mehrwertsteuersatz ausgenommen werden. Zudem sollte die bildende Kunst unabhängig davon, von wem sie erworben wird, dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen. Die derzeitige sachlich nicht nachvollziehbare Unterscheidung danach, ob der Erwerb der bildenden Kunst direkt vom Urheber erfolgt (also im Atelier des Künstlers, dann ermäßigter Mehrwertsteuersatz) oder von einem Galeristen (dann Regelsteuersatz), verkennt nicht nur die für die kulturelle Bildung und Vermittlung wichtige und notwendige Arbeit des Kunsthandels, sondern führt im Ergebnis auch dazu, dass insbesondere die Ankäufe zeitgenössischer Kunst durch öffentliche Kultureinrichtungen regelmäßig nicht dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen. Vor diesem Hintergrund sollte die bildende Kunst in den Anhang III der Europäischen Mehrwertsteuersystem-Richtlinie aufgenommen und damit generell für die bildende Kunst ein ermäßigter Umsatzsteuersatz gewährt werden.


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