9. April 2008 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Positionen

Kultur-Enquete: Zuwendungsrecht und bürgerschaftliches Engagements


Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zu den engagementpolitischen Handlungsempfehlungen im Schlussbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“

Berlin, den 09.04.2008. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt, dass die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ einen deutlichen Akzent auf das bürgerschaftliche Engagement im Kulturbereich gelegt hat. Die Enquete-Kommission hat ihrem Bericht unterstrichen, dass das kulturelle Leben in Deutschland durch das bürgerschaftliche Engagement, den öffentlichen Kulturbetrieb sowie die Kulturwirtschaft geprägt ist. Erst aus dem Zusammenwirken dieser verschiedenen Akteure entsteht das kulturelle Leben in Deutschland. Als besonders wichtig erachtet der Deutsche Kulturrat den Appell an Bund und Länder, die Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement so zu gestalten, dass sich die Bürger unabhängig von ihrem sozialen Status engagieren können. Bürgerschaftliches Engagement ermöglicht im Kulturbereich vielen Menschen den Zugang zu Kultur. Der Laienkultur wird dabei vom Deutschen Kulturrat ein besonderer Stellenwert eingeräumt.

 

Mit dem klaren Bekenntnis zur Zeitspende als einer tragenden Säule des Engagements im Kulturbereich eröffnet die Enquete-Kommission eine neue Sichtweise auf die Leistungen bürgerschaftlich Engagierter und zivilgesellschaftlicher Organisationen. Die im Bericht angesprochene monetäre Bewertung der Zeitspende eröffnet die Chance zu einer realistischeren Bewertung der Eigenleistung von Vereinen und Verbänden.

 

Im Folgenden nimmt der Deutsche Kulturrat zu einzelnen Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission (Bundestagsdrucksache 16/7000) Stellung. Er bezieht sich dabei auf:

  • die Handlungsempfehlungen 1 bis 7, Seite 171,
  • die Handlungsempfehlungen 1 bis 7, Seite 189 sowie
  • die Handlungsempfehlung 3, Seite 199.

 

In der vorliegenden Stellungnahme konzentriert sich der Deutsche Kulturrat auf die engagementpolitischen Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission. Diese Stellungnahme steht im Kontext der weiteren Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates zu Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“.

 

Handlungsempfehlungen zum Zuwendungsrecht

Vereine und Verbände im Kulturbereich finanzieren ihre Arbeit neben dem bürgerschaftlichen Engagement sowie den Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen teilweise zusätzlich aus Zuwendungen der öffentlichen Hände. Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass sich die Enquete-Kommission ausführlich mit dem Zuwendungsrecht befasst hat und hier konkrete Vorschläge unterbreitet, wie durch ein angepasstes Zuwendungsrecht bürgerschaftliches Engagements unterstützt werden kann. Die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission zielen neben einer Entbürokratisierung insbesondere darauf ab, die Rahmenbedingungen zur Eigenerwirtschaftung von Mitteln bei Zuwendungsempfängern zu stärken. Dieses ist zu begrüßen. Insbesondere fordert der Deutsche Kulturrat von den öffentlichen Zuwendungsempfängern in Bund, Ländern und Gemeinden die Umsetzung der Handlungsempfehlung,

  • dass ein ausgewogenes Verhältnis von institutioneller Förderung und Projektförderung hergestellt wird,
  • dass stärker das Instrument der Festbetragsfinanzierung genutzt wird, um Anreize zur Erwirtschaftung von Eigenmitteln zu schaffen und dass diese Umstellung zu keiner Reduzierung der Förderung führen soll,
  • dass, wenn Fehlbedarfsfinanzierungen gewährt werden, gewährleistet wird, dass Leertitel eingerichtet werden, damit zusätzliche Mittel von möglichen Spendern nicht zu Rückforderungen bei Zuwendungen führen,
  • dass vermehrt Mittel zur Selbstbewirtschaftung zugewiesen werden,
  • dass vermehrt vereinfachte Verwendungsnachweise als Beleg für die ordnungsgemäße Mittelbewirtschaftung ausreichen,
  • dass das Besserstellungsverbot gelockert wird,
  • dass die Zeitspende als geldwerte Leistung bei Förderungen als Eigenleistung anerkannt wird sowie Abrechnungsmodalitäten besser abgestimmt werden,
  • dass die Zuwendungsgeber über die rechtlichen Verpflichtungen aus der Künstlersozialversicherung informieren,
  • dass ein Teil der öffentlichen Zuschüsse für Fundraising verwandt werden kann.

 

Über die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission hinausgehend regt der Deutsche Kulturrat an, dass die Haushaltstitel von Zuwendungsempfängern gegenseitig deckungsfähig sein sollten.

 

Der Deutsche Kulturrat lehnt die Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission, dass die Kooperation und Vernetzung von Zuwendungsempfängern zu einer Bedingung der öffentlichen Förderung gemacht wird, ab. Eine solche Bedingung ist ein Eingriff in die Trägerautonomie. Kooperation und Vernetzung können nicht verordnet werden, sondern müssen auf einer freiwilligen, vertrauensvollen Zusammenarbeit beruhen.

 

Ebenso lehnt der Deutsche Kulturrat die Empfehlung ab, dass Fördermodelle entwickelt werden sollen, nach denen eine Förderung erst dann gewährt wird, wenn weitere Mittel aus anderen Quellen gewonnen werden. Auch hier wird die Frage der Trägerautonomie berührt. Der Deutsche Kulturrat ist der Auffassung, dass es Vereinen und Kultureinrichtungen offen stehen sollte, mit einem oder mehreren Förderern zusammenzuarbeiten. Die Vorgabe einer Zusammenarbeit mit mehreren Förderern führt teilweise zu einem Dominoeffekt, dass, wenn eine Förderung nicht gewährt wird, auch die anderen zurückgezogen werden und damit ein Vorhaben als solches gefährdet wird. Darüber hinaus bedeutet eine Zusammenarbeit mit mehreren Förderern generell eine Erhöhung des Verwaltungsaufwands, da zumeist unterschiedliche Anforderungen gestellt werden.

 

Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass Bund und Ländern empfohlen wird, im Kulturfinanzbericht private Spenden und Sponsoring zu erfassen, um so eine noch aussagekräftigere Kulturstatistik zu erhalten. Der Deutsche Kulturrat fordert darüber hinaus, dass auch die Zeitspende und Mitgliedsbeiträge in der Kulturstatistik berücksichtigt werden. Sowohl die Zeitspende als auch die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen stellen eine verlässliche Größe bei den Eigeneinnahmen von Vereinen dar und sollten daher Bestandteil einer verbesserten Kulturstatistik werden.

 

Der Deutsche Kulturrat begrüßt die Forderung der Enquete-Kommission, einen eigenen Fonds für Laienkultur einzurichten und sieht hier die Bundesregierung in der Pflicht.

 

Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Forderung an den Bundesrechnungshof, dass er in seinen Berichten eine geprüfte Institution in Gänze würdigt und vor der Kritik zunächst die gelungenen Aspekte der Arbeit herausstellt. Ebenso teilt der Deutsche Kulturrat die Empfehlung der Enquete-Kommission, dass Vorberichte der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden dürfen und mögliche Verstöße gegen diesen Vertrauensschutz geahndet werden müssen.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert wie die Enquete-Kommission die Länder auf, dass in den Sparkassengesetzen die Kulturförderung verankert bzw. beibehalten werden sollte.

 

Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Forderung, dass ähnlich Bund, Ländern und Gemeinden auch Stiftungen stärker das Instrument der institutionellen Förderung nutzen sollten, um die kontinuierliche Arbeit im Kulturbereich zu unterstützen.

 

Der Deutsche Kulturrat teilt die Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission, dass die Künstlersozialkasse Kulturvereine spezifiziert über die Abgabepflicht informieren und dabei auch auf die Möglichkeit von Ausgleichsvereinigungen hinweisen sollte.


Copyright: Alle Rechte bei Deutscher Kulturrat

Adresse: https://www.kulturrat.de/positionen/kultur-enquete-zuwendungsrecht-und-buergerschaftliches-engagements/