Freiberufliche Leistungen im Kulturbereich angemessen vergüten

Berlin, den 26.06.2015. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, sieht die öffentliche Hand in der Verantwortung, mit gutem Bespiel bei der angemessenen Vergütung freiberuflicher Leistungen im Kulturbereich voranzugehen.

 

In diesem Jahr wurde mit der Verabschiedung des Mindestlohngesetzes für abhängig Beschäftigte eine unterste Grenze der Bezahlung gesetzlich festgelegt. Selbständige und freiberufliche Arbeit folgt aber anderen Grundsätzen als abhängige Beschäftigung. Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Arbeit ist die Weisungsunabhängigkeit. Die freiberufliche Tätigkeit im Kultur- und Medienbereich zeichnet sich insbesondere durch hohe Professionalität und Qualität sowie fachliche Unabhängigkeit aus.

 

Nur in wenigen freien Berufen des Kultur- und Medienbereichs, wie beispielsweise bei den Architekten, bestehen gesetzliche Vorgaben zur Honorierung der Leistungen. Für die Mehrzahl der Freiberufler im Kultur- und Medienbereich gibt es keine vergleichbaren Vorgaben. Verschiedene Berufsverbände haben daher für ihr spezifisches Arbeitsfeld Honorarempfehlungen oder Handreichungen zur Berechnung der freiberuflichen Leistungen erstellt. Diese Empfehlungen und Handreichungen tragen den unterschiedlichen Leistungen bzw. Honorarbestandteilen der freiberuflichen Arbeit Rechnung und erläutern die Kalkulation freiberuflicher Arbeit (siehe Anhang). Der Deutsche Kulturrat fordert die Verbände und Organisationen, die noch keine entsprechenden Empfehlungen formuliert haben, auf, dies nachzuholen.

 

Darüber hinaus sieht der Deutsche Kulturrat die öffentliche Hand in der Verantwortung, bei der Prüfung von Anträgen auf Zuwendung sowie bei den Kosten- und Finanzierungsplänen auf eine angemessene Vergütung freiberuflicher Leistungen und auf die Berücksichtigung der Künstlersozialabgabe für Kulturveranstalter zu achten und nur Zuwendungen für Anträge zu gewähren, die dies auch vorsehen.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert daher Bund, Länder und Kommunen auf, ihre Kultureinrichtungen finanziell so auszustatten, dass diese freiberufliche Leistungen angemessen vergüten können.

 

Anhang

Übersicht zur Mindestvergütung im Kulturbereich
(Stand: 26.06.2015, diese Zusammenstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit)

 

Gesetzliche Vorgaben

Honorarordnung für Architekten
Grundlage ist hier, dass Architekten zu den Freien Berufen gehören und daher die Honorare vom Gesetzgeber in einer Gebührenordnung festgelegt werden. In der novellierten Gebührenordnung aus dem Jahr 2009 wird ein Mindest- und Höchstsatz für Leistungen angegeben. Die Berechnung erfolgt anhand von Honorartafeln, in denen sowohl die einzelnen Leistungen als auch deren Komplexität abgebildet werden.

 

Mindestlohn

Mit dem im Jahr 2014 verabschiedeten „Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie“ wurde ein allgemeiner flächendeckender Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro/Stunde eingeführt. Der Mindestlohn gilt seit dem 01.01.2015.

 

Tarifliche Vereinbarungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern
Arbeitgeber und Gewerkschaften schließen Tarifverträge, in denen sowohl Arbeits- und Erholungszeiten als auch das Arbeitsentgelt sowie weitere die Arbeit betreffende Aspekte behandeln werden. Die Tarifverträge sind für die Mitglieder der jeweiligen Gewerkschaft bzw. Arbeitgeberorganisation maßgeblich. Haustarifverträge, die vor allem an Theatern geschlossen sind, gelten nur für die Beschäftigten des jeweiligen Hauses.

 

Für den Kulturbereich einschlägig sind:

  • Tarifverträge, die ver.di vor allem für das nicht-künstlerische Personal mit den Arbeitgeberorganisationen von Bund, Ländern und Gemeinden schließt; hierzu gehören z.B. auch Vergütungen für Lehrer an öffentlichen Musikschulen, für Bibliothekare oder auch Vergütungen für Mitarbeiter in Institutionen, die von der öffentlichen Hand gefördert werden,
  • Tarifverträge, die die kunstspartenspezifischen Gewerkschaften (Deutsche Orchestervereinigung, Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger, Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer) mit dem Deutschen Bühnenverein schließen,
  • Tarifvertrag des Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler sowie ver.di mit der Produzentenallianz

Gemeinsame Vergütungsregeln

Vergütungsregeln knüpfen an § 32, § 36 und § 36a des Urheberrechtsgesetzes an. Hier geht es um Vergütungen sowie um Erlösbeteiligungen bei erfolgreichen kulturwirtschaftlichen Produkten.

 

Beispiele für gemeinsame Vergütungsregeln sind:

  • gemeinsame Vergütungsregeln zwischen Verlagen und dem Verband deutscher Übersetzer
  • gemeinsame Vergütungsregeln zwischen dem Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler und ProSiebenSat1

Honorarempfehlungen

Orchestermusiker

  • Die Deutsche Orchestervereinigung hat für freiberufliche Orchestermusiker Honorarempfehlungenzusammengestellt, die sich auf Probensatz, Tagessatz/Aufführungssatz, Fahrtkosten beziehen. Geplant ist die Ausarbeitung eines Standardhonorarvertrags.
  • Weitere Informationen: http://www.dov.org/

Bildende Künstler

  • Leitlinie Ausstellungsvergütungen des Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler mit Honorarempfehlungen.
  • Weitere Informationen: http://www.bbk-bundesverband.de/

Kunsthistoriker

Lektoren

  • Beispielkostenkalkulation für Lektorentätigkeit mit Erläuterung der verschiedenen Kostenbestandteile vom Verband freiberuflicher Lektorinnen und Lektoren.
  • Weitere Informationen: http://www.vfll.de

Illustratoren

  • Broschüre erfolgreich arbeiten mit Illustratoren mit Preisbeispielen der Illustratorenorganisation.
  • Weitere Informationen: http://www.io-home.org

Kommunikationsdesigner

  • BDG Gründerfibel mit Beispielen zur Honorarberechnung. BDG-Honorar Widget sowie BDG-Stundensatzkalkulator.
  • Weitere Informationen: http://bdg-designer.de

Modedesigner

  • differenzierte Honorarempfehlungen je nach Aufwand bei Kundenbetreuung.
  • Weitere Informationen: http://www.vdmd.de

Textil- und Papierdesigner

  • differenzierte Honorarempfehlungen je nach Aufwand bei Kundenbetreuung.
  • Weitere Informationen: http://www.vdmd.de

Selbstverpflichtungserklärung
art but fair

  • Selbstverpflichtungserklärung für faire Arbeitsbedingungen.
  • Weitere Informationen: http://artbutfair.org
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