19. Dezember 2019 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Positionen

Altersvorsorgepflicht für Selbständige


Stellungnahme des Deutschen Kulturrates

Berlin, den 19.12.2019. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode die Altersvorsorgepflicht für Selbständige auf den Weg bringen will. Damit wird die Idee der Solidargemeinschaft gestärkt und der Weg geöffnet, um mehr Erwerbstätige in die Solidargemeinschaft einzubeziehen. Geklärt werden muss noch die Einbeziehung der Beamten und Abgeordneten.

 

Für im Kultur- und Medienbereich Tätige ist die Altersvorsorgepflicht für Selbständige ein wichtiges Element zur Schließung bestehender Defizite in der Altersvorsorge. Einige Selbständige aus dem Kultur- und Medienbereich bauen eine Altersvorsorge in berufsständischen Versorgungswerken auf. Für sie wird sich nichts ändern. Andere Selbständige, die zum überwiegenden Teil künstlerisch oder publizistisch arbeiten, sind über die Künstlersozialversicherung in die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Für sie wird sich ebenfalls nichts ändern. Hingegen soll für jene Gruppe der Selbständigen aus dem Kultur- und Medienbereich, die von den bisherigen Systemen nicht oder nur unzureichend erfasst sind, nun eine Altersvorsorge verpflichtend eingeführt werden. Sie werden von der Gesetzesänderung betroffen sein.

 

Hybride Arbeit

 

Viele im Kultur- und Medienbereich Tätige wechseln häufig zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit, teilweise wird beides parallel ausgeübt, was als hybride Arbeitsformen bezeichnet wird. Bei der künftigen Altersvorsorgepflicht muss diesen Besonderheiten Rechnung getragen werden und der Wechsel flexibel möglich sein.

 

Vertrauensschutz und Optionsmodell

 

Selbständige, die bereits eine private Altersvorsorge aufbauen, müssen Vertrauensschutz genießen. In der Übergangszeit ist eine größtmögliche Flexibilität erforderlich. Dazu gehört auch, dass jene Selbständigen, die bereits längere Zeit selbständig sind, noch in die gesetzliche Rentenversicherung optieren können. Nach Einführung der Altersvorsorgepflicht sollten für neue Selbständige die dann geltenden Vorschriften eng ausgelegt werden, um Altersarmut zu vermeiden.

 

Einkommen

 

Einkommen von Selbständigen sind klassischerweise schwankend. Über längere Zeiträume können Verluste gemacht werden. Den Einkommensschwankungen sowie den möglichen Verlusten muss hinsichtlich der Beiträge bei der künftigen Altersvorsorgepflicht Rechnung getragen werden. Generell muss bei der Verbeitragung Flexibilität bestehen, um den Anforderungen der selbständigen Tätigkeit gerecht zu werden. Ebenfalls müssen hinsichtlich der Beitragshöhe die teils sehr geringen Einkommen von Selbständigen aus dem Kultur- und Medienbereich berücksichtigt werden. Insgesamt muss ein ausgewogenes Finanzierungsverhältnis gefunden werden.

 

Der Deutsche Kulturrat erinnert in diesem Zusammenhang an seine Forderung, dass die öffentliche Hand in der Vergütung freiberuflicher kreativer Leistungen mit einem guten Beispiel vorangehen und angemessen vergüten muss. Empfehlungen oder Beispielrechnungen der Kultur- und Medienverbände bieten Anhaltspunkte für die Vergütung unterschiedlicher Leistungen von Selbständigen.

 

Hinterbliebenenschutz und Erwerbsminderungsrente

 

Die Altersvorsorgepflicht muss auch Regelungen zum Hinterbliebenenschutz und zur Erwerbsminderung einbeziehen.

 

Besonderheit der Künstlersozialversicherung

 

Die in Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz garantierte Kunstfreiheit gebietet den besonderen Schutz von Kunst und Kultur sowie der Künstlerinnen und Künstler. Mit der Künstlersozialversicherung besteht seit 1983 ein Modell zur Einbeziehung von freiberuflichen Künstlern und Publizisten in die gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Dieses Modell hat sich bewährt. Eine Altersvorsorgepflicht weiterer Selbständiger bzw. deren Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung macht die Künstlersozialversicherung nicht obsolet, sondern schafft für andere Gruppen an Selbständigen endlich den dringend benötigten sozialen Schutz. Dabei sollte geprüft werden, inwiefern die Künstlersozialversicherung Anregungen zur Beitragsfinanzierung von anderen Selbständigen aus dem Kultur- und Medienbereich bietet.

 


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