Galerievertretung und Digitalisierung

Ergebnisse der Umfrage „Von der Kunst zu leben“

Seit 1994 führt der Bundesverband Bildender Künstler und Künstlerinnen (BBK) im Abstand von etwa fünf Jahren eine Umfrage durch, um fundierte und empirisch belastbare Informationen zur sozialen und wirtschaftlichen Situation von Bildenden Kunstschaffenden in Deutschland zu gewinnen. Die Resultate aus der Befragung aus dem Frühjahr 2020 mit insgesamt 2.612 Teilnehmern vermitteln erneut ein vielschichtiges und differenziertes Bild.

 

Im Rahmen des breiten Fragespektrum zur Einkommenssituation und sozialen Sicherung wurde auch die Vertretung durch Galerien und die Rolle der Digitalisierung im künstlerischen Schaffen untersucht.

 

Nahezu alle Befragten können über Ausstellungserfahrungen berichten – neun von zehn (90,2 %) hatten Einzelausstellungen, fast alle (97,9 %) waren an Gruppenausstellungen beteiligt. Einen wichtigen Platz nehmen im Ausstellungsgeschehen Galerien ein, denn es ist der Wunsch vieler Künstlerinnen und Künstler die Ergebnisse ihres Schaffens in renommierten Kunstgalerien auszustellen. Für die Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit sowie für die Vermarktung ihrer Werke kommt Galerien ein hoher Stellenwert zu. Sie sind nicht nur eine gute Plattform, Kunstwerke zu präsentieren, sondern bieten in besonderer Weise Möglichkeiten, diese auch zu verkaufen.

 

Insofern ist mit der Vertretung durch Galerien eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit verbunden. Allerdings zeichnen die Befragungsergebnisse ein eher desillusionierendes Bild. Insgesamt gaben nur 17,4 Prozent der Befragten an, dass sie von einer Galerie, 11,8 Prozent von mehreren und 70,8 Prozent von keiner Galerie repräsentiert werden. Während es keine Unterschiede bei der Vertretung durch eine Galerie zwischen Männern und Frauen gibt, ist der Anteil der Männer (16,0 %) bei der Vertretung durch mehrere Galerien fast doppelt so hoch wie bei den Frauen (8,8 %). Frauen werden zudem häufiger durch keine Galerie vertreten.

 

Bei der Betrachtung der einzelnen Altersgruppen zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Vertretung durch Galerien mit zunehmendem Alter. Während bei den Befragten ab 50 Jahren jeder Dritte durch eine oder mehrere Galerien vertreten wird, ist es bei jenen unter 30 Jahren gerade einmal jeder Zehnte und bei der Altersgruppe unter 40 Jahren jeder Fünfte.

Ein weiterer Bereich, der für die wirtschaftliche Situation Bildender Künstlerinnen und Künstler zunehmend Bedeutung erhält, ist die Digitalisierung. Heutzutage ist die Digitalisierung in allen Bereichen unseres Lebens zu spüren, und auch die Bildende Kunst kommt um die Befassung mit Digitalisierung nicht herum. Deren technische Fortschritte beeinflussen die künstlerische Tätigkeit selbst, ermöglichen die Speicherung und Archivierung von Kunstwerken und können neuartige Informationsmöglichkeiten zur Kunst oder bei ihrer Vermarktung eröffnen.

 

Die Nutzung digitaler Mittel gehört den Umfrageergebnissen zufolge bereits heute zum Alltag Bildender Künstlerinnen und Künstler. Fast jeder dritte Befragte (31,2 %) nutzt digitale Mittel sehr umfangreich, mehr als jeder zweite (52,2 %) zumindest teilweise. Die Digitalisierung ist für viele Künstlerinnen und Künstler zum wesentlichen Bestandteil ihres Schaffens geworden. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen, aber auch zwischen den einzelnen Altersgruppen sind relativ gering und widerlegen Annahmen, dass sich Frauen weniger und Jüngere stärker der Digitalisierung bedienen.

 

Den größten Zuspruch finden digitale Mittel zurzeit zur Informationsgewinnung zum Kunstgeschehen: Mehr als jeder zweite (54,1 %) Befragte nutzt sie gegenwärtig sehr umfangreich, und weitere 41,2 Prozent setzen sie zumindest teilweise dafür ein. Nur ein geringer Anteil von 4,7 Prozent verwendet dafür gar keine digitalen Medien.

 

Ein beachtlich hoher Anteil nutzt digitale Mittel zur Vermarktung ihrer Kunstwerke. So erfolgt der Austausch mit Interessenten, Nutzern und Käufern von 30,2 Prozent sehr umfangreich und von 56,3 Prozent teilweise, jener mit Museen und Galerien zu 25,7 Prozent sehr umfangreich und zu 50,9 Prozent zumindest teilweise.

 

Bei den digitalen Medienformen steht die Nutzung einer oder mehrerer (eigener) Webseiten an der Spitze der Nennungen: 86,5 Prozent aller Befragten verweisen auf eine solche Anwendung. Selbst bei den 70-Jährigen und Älteren liegt der Anteil jener, die Webseiten nutzen, noch bei 73,2 Prozent.

 

Relativ wenig werden bislang digitale Plattformen zum Verkauf von Werken eingesetzt. Von der Altersgruppe unter 30 Jahren wird diese Möglichkeit nur von jedem Fünften (19,0 %) genannt. Sogar in der Altersgruppe 70 Jahre und älter setzt mit 21,7 Prozent ein etwas höherer Anteil digitale Plattformen zum Verkauf von Werken ein.

 

Insgesamt belegen die Ergebnisse, dass das Thema Digitalisierung bei den Bildenden Künstlern und Künstlerinnen keine Frage des Alters oder des Geschlechts ist. Die Digitalisierung nutzt inzwischen ein breiter Personenkreis, und es kommt dabei ein breites Spektrum von unterschiedlichen Formen zum Einsatz.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2020-01/2021.

Eckhard Priller
Eckhard Priller ist Wissenschaftlicher Koordinator der Maecenata Stiftung und Autor der Expertise „Von der Kunst zu leben“.
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