Corona versus Kultur – Newsletter Nr. 2

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

täglich erreichen uns inzwischen zahlreiche Mails und Anrufe von Künstlerinnen und Künstler, die wissen wollen, wie sie Geld beim Notfallfonds, den die Bundesregierung versprochen hat (siehe auch Forderung des Kulturrates vom 11. März), beantragen können. Viele sind in der ersten Woche bereits vom Ausfall von Veranstaltungen betroffen, viele wissen, dass in der nächsten Zeit Veranstaltungen, Aufführungen usw. ausfallen werden, viele befürchten Absagen. Der Ansturm an Anfragen ist also mehr als verständlich.

 

Zumal viele Künstlerinnen und Künstler ohnehin nicht auf Rosen gebettet sind, sondern nur ein sehr geringes Einkommen aus ihrer künstlerischen Arbeit erzielen.

 

  • So meldeten die 188.332 in der Künstlersozialversicherung versicherten selbständigen Künstlerinnen und Künstler im Jahr 2019 ein Jahresdurchschnittseinkommen von 17.852 Euro.
  • Männer meldeten 20.367 Euro an Jahresdurchschnittseinkommen und Frauen 15.128 Euro.

 

Dabei sind die verschiedenen Berufsgruppen bei einem insgesamt geringen Einkommen unterschiedlich betroffen.

 

  • In der Berufsgruppe Wort meldeten männliche Versicherte für 2019 ein Durchschnittseinkommen von 25.276 Euro/Jahr und weibliche von 18.298 Euro/Jahr.
  • In der Berufsgruppe Bildende Kunst sind es bei Männern ein Durchschnittseinkommen von 20.737 Euro/Jahr, bei Frauen von 14.899 Euro/Jahr.
  • In der Berufsgruppe Musik bei Männern ein Durchschnittseinkommen von 16.241 Euro/Jahr, bei Frauen von 12.222 Euro/Jahr.
  • In der Berufsgruppe Darstellende Kunst wird als Durchschnittseinkommen von Männern 22.272 Euro/Jahr angegeben und von Frauen 14.078 Euro/Jahr.

 

Jeder Euro, der fehlt, ist schmerzlich. Zumal gegenwärtig noch gar nicht abzusehen ist, wie sich die Lage weiterentwickeln wird.

 

Die einmalige Situation der Corona-Pandemie verschärft also die ohnehin schwierige wirtschaftliche und soziale Lage selbständiger Künstlerinnen und Künstler extrem. Dennoch wird ein Notfallfonds nicht das grundsätzliche Problem geringer Honorare lösen können. Auch wird der Notfallfonds auf Bundesebene voraussichtlich nicht alle Honorarausfälle kompensieren können. Und: die Planung und die Einrichtung eines Notfallfonds braucht Zeit. Alle Beteiligten arbeiten unter Hochdruck, aber Wunder sind nicht möglich.

 

Doch nicht nur selbständige Künstlerinnen und Künstler haben Einbußen durch die Corona-Pandemie. Von den 256.624 Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft ist der übergroße Teil ebenfalls betroffen. Das gilt für Clubs, die nicht mehr öffnen dürfen, ebenso wie für Buchhandlungen, wenn die Einschränkungen zur Ladenöffnung greifen, das trifft auf Film- und Fernsehproduktionsfirmen zu, die ihren geplanten Dreh nicht durchführen können. Das betrifft Designfirmen, die Messeauftritte planen und hierfür Materialien erstellen. Das geht Galerien an, die schließen müssen, deren Messeauftritte ausfallen. Das geht Verlage an, die Messeauftritte geplant und teils finanziert haben, die nun nicht stattfinden. Und noch viele andere Beispiele ließen sich nennen.

 

  • Im Jahr 2018 wurden 1.195.035 Kernerwerbstätige, also Selbständige und abhängig Beschäftigte, in der Kultur- und Kreativwirtschaft im Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft ausgewiesen.
  • Darunter sind 938.411 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Auch sie sind von den Auswirkungen der Corona-Pandemie für das öffentliche Leben betroffen.

 

Die Bundesregierung hat eine Reihe von Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft bereits erarbeitet, die im Eiltempo vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet wurden. Dazu gehören beispielsweise Änderungen im Kurzarbeitergeld, die nun auch für Unternehmen mit wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelten. Dazu zählen mögliche Stundungen für Steuerzahlungen sowie Kreditprogramme bei der KfW. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat angekündigt, zusätzlich spezielle Maßnahmen für kleine Unternehmen aufzulegen.

 

Aber auch viele Vereine und Projekte aus dem gemeinnützigen Sektor sind von der Corona-Krise betroffen. Veranstaltungen können nicht stattfinden, Konzerte fallen aus, Aufführungen müssen gestrichen werden. Viele haben für die Durchführung der Maßnahmen öffentliche Mittel erhalten. Hier hat der Bund und haben einige Länder bereits angekündigt, dass sie die Ermessensspielräume im Haushaltsrecht ausschöpfen werden, um Zuwendungen  nicht zurückfordern zu müssen.

 

Dieser Newsletter enthält neben Meldungen aus Verbänden und von Maßnahmen der Länder auch einige Tipps, was bereits passiert, was Künstlerinnen und Künstler oder Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft jetzt tun können. Ebenso finden Sie einige gute Nachrichten, was aus dem Kultur- und Medienbereich für den Kultur- und Medienbereich bereits geschieht.

 

Wer den Corona versus Kultur – Newsletter noch nicht regelmäßig bekommt, kann sich einfach in den Newsletterverteiler des Deutschen Kulturrates (www.kulturrat.de) eintragen.

 

 

Bleiben Sie gesund

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 

 

PS. Aktuelle Handlungsempfehlungen des Robert Koch Institutes finden Sie hier!

 


 

Aktuelle Meldung:

 

Der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda sagte gestern im NDR: „Bei den Solokünstlerinnen und -künstlern, die in Schieflage geraten, müssen wir die Instrumente der Grundsicherung, die der Sozialstaat hergibt, so weit öffnen, dass es möglich wird, eine schnelle und unbürokratische Hilfe zu schaffen. Ideen wie die Schaffung eine bedingungslosen Grundeinkommens würde viel, viel zu lange dauern. Wir brauchen eine Infrastruktur, die jetzt funktioniert. Und daran arbeiten viele Menschen hier und auch in Berlin unter Hochdruck.“

 


 

Was können selbständige Künstlerinnen und Künstler direkt tun?

 

  • Selbständige in der Künstlersozialversicherung versicherte Künstlerinnen und Künstler sollten jetzt, wenn sie absehen können, dass sie das im Voraus gemeldete Einkommen nicht erreichen, direkt eine neue Einkommensschätzung an Künstlersozialkasse senden. Die Künstlersozialkasse hält hierfür eine Reihe an Formularen bereit.
  • Sollten Sie sich in einer akuten Notlage befinden, ist das örtliche Sozialamt bzw. die örtliche Stelle der Bundesagentur für Arbeit für Sie der richtige Ansprechpartner. Warten Sie nicht auf den Notfallfonds auf Bundesebene, sondern wenden Sie sich an die zuständigen Stellen vor Ort.
  • Dokumentieren Sie Ihre Einnahmeausfälle.

 

Was können Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft direkt tun?

 

  • Der Zugang zu Kurzarbeitergeld wurde deutlich erleichtert. Informieren Sie sich von den Möglichkeiten, Kurzarbeitergeld zu beantragen und nutzen Sie die Möglichkeiten.
  • Nutzen Sie die Möglichkeiten zur Stundung von Steuerschulden bzw. zur Absenkung von Steuervorauszahlungen.

 

Was können geförderte Vereine oder Projekte direkt tun?

 

  • Sprechen Sie mit Ihrem Zuwendungsgeber, wenn sich derzeit Projekte nicht realisieren lassen. Schildern Sie die Situation und versuchen Sie gemeinsam Lösungen zu finden, in dem Fördermittel übertragen werden, Projekte verändert werden und weiteres mehr.

 

Was kann jeder oder jede direkt tun?

 

  • Überlegen Sie, ob Sie gekaufte Eintrittskarten für Veranstaltungen, Aufführungen oder Lesungen zurückgeben. Verschiedene Veranstalter werben dafür, dass Eintrittskarten gespendet werden, um das Überleben zu sichern.
  • Nutzen Sie die online-Angebote von Buchhandlungen und Verlagen, um Bücher oder Musikalien zu kaufen.

 


 

Leitfäden für Kulturschaffende:

 

 


 

Meldungen aus den Ländern:

 

 

Weitere Meldungen aus den Ländern finden Sie im Corona versus Kultur – Newsletter Nr. 1.

 


 

Meldungen von Kulturverbänden:

 

 

Weitere Meldungen von Kulturverbänden finden Sie im Corona versus Kultur – Newsletter Nr. 1.

 


 

Presseartikel + Rundfunksendungen mit Nennung der Aktivitäten des Deutschen Kulturrates (Auswahl):

 

 

Weitere Presseartikel + Rundfunksendungen finden Sie im Corona versus Kultur – Newsletter Nr. 1.

 


 

Gute Nachrichten

 

Die ARD hat gestern Sofortmaßnahmen für Auftragsproduktionen beschlossen. Es wurden Sonderregelungen bis zum 30.04.2020 beschlossen. Konkret meldet die ARD:

 

  • Die geschlossenen Verträge gelten fort und die Auftragsproduktionen sollen fertig gestellt werden. Wir brauchen gerade in dieser Zeit vielfältige Qualitätsinhalte.
  • Kommt es zu Drehverschiebungen und entstehen dadurch Kosten, soll der jeweilige Produzent einerseits alle staatlichen Maßnahmen zur Schadensminderung in Anspruch nehmen, andererseits werden sich die ARD-Sender an den nachgewiesenen Mehrkosten nach einer Entscheidung im Einzelfall freiwillig mit 50 Prozent beteiligen.
  • Mehr dazu finden Sie hier.

 

Das ZDF hat gestern erklärt, dass es als größter Einzelauftraggeber der deutschen TV-Produktionswirtschaft auch in der Corona-Krise seine Verantwortung wahrnimmt und die Kreativwirtschaft in Form von freiwilligen Leistungen unterstützt.

 

  • „Das ZDF verspricht schnelle Lösungen bei der Abwicklung der Unterstützung. Wir werden die Hälfte der Mehrkosten tragen, die uns Produzentinnen und Produzenten nachweisen“, so Programmdirektor Dr. Norbert Himmler. Mehr dazu finden Sie hier.

 

Die Deutsche Orchesterstiftung hat einen bundesweiten Spendenaufruf für freischaffende MusikerInnen gestartet.

 

  • Aus Anlass der Corona-Krise startet die Deutsche Orchester-Stiftung eine bundesweite Spendenkampagne zugunsten freischaffender BerufsmusikerÍnnen. Fast alle Orchester, Chöre, Opern- und Konzerthäuser, die Musikfestivals, die öffentlichen und privaten Musikveranstalter in Deutschland und Europa haben den Betrieb eingestellt.

 

Die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL) hat eine Nothilfe für ihre Wahrnehmungsberechtigten  gestartet.

 

  • Für Berechtigte in finanzieller Notlage hat die GVL Hilfsmaßnahmen im Rahmen ihrer sozialen Zuwendungen aufgesetzt. Wahrnehmungsberechtigte, die ausschließlich freiberuflich tätig sind und durch Covid-19-bedingte Veranstaltungs- oder Produktionsabsagen Honorarausfälle erlitten haben, können eine einmalige Hilfe in Höhe von 250 Euro im Rahmen der sozialen Zuwendungen der GVL erhalten.

 

Die Verwertungsgesellschaft Wort (VG WORT) verweist auf die Unterstützungsmöglichkeiten für Wortautoren und Verleger in aktuellen Notlagen.

 

  • Zu beachten sind hier die Richtlinien des Sozialfonds. Nähere Infos finden Sie hier.

 


 

Zum Schluss:

 

  • Auch die Geschäftsstelle des Deutschen Kulturrates ist im Krisenmodus. Zum Schutz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Bevölkerung wird die Präsenz in der Geschäftsstelle drastisch verringert und soweit möglich auf mobiles Arbeiten von zuhause umstellen. Sie erreichen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Zeit nur per Mail.
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