Kultur ist der Schlüssel

Museen bringen wieder Leben in den öffentlichen Raum

Die aktuelle Schließung der Kultureinrichtungen bedeutet für die Museen jeden Tag eine weitere Verschärfung ihrer seit Monaten angespannten Situation. Viele Häuser sind wegen ausbleibender Einnahmen in ihrer Existenz bedroht, Planungsunsicherheit behindert wichtige Arbeitsprozesse, und fehlende Perspektiven stellen nicht nur Institutionen, sondern auch Menschen vor zunehmende Herausforderungen. Die Lage ist ernst.

 

Die Coronakrise wirkt wie ein Brennglas, sie verschärft bestehende Herausforderungen für Museen und löst wichtige Debatten aus, wie die Frage nach der gesellschaftlichen Rolle der Museen, aber auch des gesamten Kulturbereichs. Wir haben erlebt, dass der gesamte Kultursektor von der Politik als Freizeitbereich subsumiert wird. Viel zu oft werden Kultureinrichtungen auf eine unterhaltende Funktion reduziert und erfahren nicht die angemessene Wertschätzung. Dabei sind sie als Erlebnis- und Bildungsorte für eine positive gesellschaftliche Entwicklung unverzichtbar.

 

Wir beobachten ein fehlendes Verständnis für die Rolle der Museen und ihre Aufgaben. Daher ist es unsere Verantwortung, Lobbyarbeit zu betreiben, den Fokus auf aktuelle Herausforderungen zu legen und eine Öffnungsperspektive für die Museen zu fordern. Dabei hat die Gesundheit der Bevölkerung selbstverständlich oberste Priorität. Wir sind jedoch überzeugt, dass Museen keine Orte mit einem erhöhten Infektionsrisiko sind.

 

Museen können, wie viele andere Kultureinrichtungen auch, auf langjährige Erfahrungen beim Besuchermanagement zurückgreifen, sie bieten vielfach Online-Tickets für festgelegte Zeitfenster, eine Begrenzung der Besucherzahlen, verfügen über große Räume, kluge Wegführungen, Lüftungsanlagen. Mit strengen Abstands- und Hygieneregeln sowie Maßnahmen zur Kontaktnachverfolgung ermöglichen Museen sowohl Besucherinnen und Besuchern als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen sicheren Aufenthalt. Dies belegen auch Studien, wie die aktuelle Modellberechnung der Technischen Universität Berlin (siehe bit.ly/3dH1qx5). Forscher des Hermann-Rietschel-Instituts haben für verschiedene Innenräume eine Ansteckungsrate berechnet.

 

Das Ergebnis belegt – bei der Einhaltung von strengen Hygiene- und Abstandsregeln – für u. a. Museen, Opern und Theater eine geringe Ansteckungsrate. Wir fordern von den politischen Entscheidungsträgern, diese Daten bei den Öffnungsstrategien zu berücksichtigen und auch dem besonderen Schutz der Kultureinrichtungen nach dem neuen Infektionsschutzgesetz Rechnung zu tragen. In diesem Sinne muss der aktuelle Vorschlag, die Öffnung von Kultureinrichtungen an die Wiederöffnung des Handels und der Gastronomie zu koppeln, noch einmal geprüft werden.

 

Es geht schließlich um weit mehr als um die schnellstmögliche Wiedereröffnung der Kulturinstitutionen. Es geht um die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Denn nach der Krise wird es eine Diskussion geben, wie wir wieder Leben in die Städte und Gemeinden, in den öffentlichen Raum bringen, wie wir wieder eine lebendige Gemeinschaft fördern. Und ein Schlüssel dafür heißt: Kultur!

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 3/2021.

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Sylvia Willkomm ist Leiterin der Kommunikation des Deutschen Museumsbundes.
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