4. Juni 2020 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Corona NL

Corona versus Kultur - Newsletter Nr. 18


Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der vom Deutschen Kulturrat dringend erwünschte Kulturinfrastrukturfonds kommt. (siehe PM von heute „Erfolg: Kulturinfrastrukturfonds kommt!„)

 

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (BKM) nennet den Fonds „Neustart Kultur“. In einer Pressekonferenz hat die Kulturstaatsministerin heute Mittag die Rahmenbedingungen für den mit einer Milliarde Euro ausgestatten Fonds vorgestellt.

 

Der Kulturinfrastrukturfonds gliedert sich im Wesentlichen in vier Teile:

 

1. Pandemiebedingte Investitionen in Kultureinrichtungen zur Erhaltung und Stärkung der bundesweit bedeutenden Kulturlandschaft

 

Mit diesem Baustein, der mit bis zu 250 Millionen Euro finanziert wird, geht es darum, Kultureinrichtungen fit zu machen für die Wiedereröffnung. Unabhängig davon, ob es sich um Kulturzentren oder Musikclubs, Theater oder Kinos, Messen oder Literaturhäuser handelt: Sie alle müssen Hygienekonzepte und Abstandsregeln umsetzen. Dazu zählen Online-Ticketing-Systeme, die Modernisierung von Belüftungssystemen, eine andere Besucherführung und Bestuhlung. Die Gelder kommen vor allem Einrichtungen zugute, deren regelmäßiger Betrieb nicht überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert wird.

 

2. Erhaltung und Stärkung der Kulturinfrastruktur und Nothilfen

 

Im Zentrum dieses Teils des Programmes stehen die vielen kleineren und mittleren Kulturstätten und -projekte, die vor allem privatwirtschaftlich finanziert sind. Ihnen sind die Einnahmen weggebrochen, sie müssen aber dennoch Personal bezahlen, um an neuen Programmen zu arbeiten. Durch die BKM-Hilfen sollen Kreative aus der Kurzarbeit herausgeholt werden und ihrer künstlerischen Arbeit nachgehen können.

 

Außerdem wollen wir die Möglichkeiten eröffnen, neue Aufträge an freiberuflich Tätige und Soloselbständige zu vergeben. Insgesamt stehen für diesen größten Baustein des Programms bis zu 450 Millionen Euro zur Verfügung.

 

Die Mittel sind nach Sparten aufgeteilt:

  • Für die Musik, also Livemusikstätten, -festivals, -veranstalter und -vermittler, gibt es 150 Millionen Euro.
  • Für Theater und Tanz stehen ebenfalls 150 Millionen Euro bereit. Das betrifft Privattheater, Festivals, Veranstalter und Vermittler.
  • Dem Filmbereich wird mit 120 Millionen Euro geholfen. Daraus werden vor allem Kinos unterstützt und Mehrbedarfe bei Filmproduktion und Verleih finanziert.
  • Für weitere Bereiche wie zum Beispiel Galerien, soziokulturelle Zentren sowie Buch- und Verlagsszene sind 30 Millionen Euro vorgesehen.

 

 

3. Förderung alternativer, auch digitaler Angebote

 

Dafür werden bis zu 150 Millionen Euro bereitgestellt. Die Bereitstellung der Mittel für einzelnen Projekte soll auch vor dem Hintergrund der branchenspezifischen Kompetenz durch die Bundeskulturfonds erfolgen. Darüber hinaus wird die Digitalisierungsoffensive der BKM verstärkt. Dazu zählen “Museum 4.0“ sowie viele neue Formate und Projekte, die der Vermittlung, Vernetzung und Verständigung im Kulturbereich dienen.

 

4. Pandemiebedingte Mehrbedarfe regelmäßig durch den Bund geförderter Kultureinrichtungen und -projekte

 

Um bei diesen Einrichtungen die durch die Corona-Pandemie bedingten Einnahmeausfälle und Mehrausgaben auszugleichen, die nicht anderweitig gedeckt werden können, werden bis zu 100 Millionen Euro bereitgestellt. Bei gemeinsam mit Ländern bzw. Kommunen getragenen Einrichtungen und Projekten wird der Bund seinen Anteil an der Kofinanzierung leisten.

 

Weiterhin sind in dem Paket Bundeshilfen in Höhe von 20 Millionen Euro für private Hörfunkveranstalter vorgesehen. Diese sind durch den Einbruch von Werbeeinnahmen schwer getroffen und haben angesichts des enormen Informationsbedarfes der Öffentlichkeit weiterhin hohe Personalkosten.

 

Der Deutsche Kulturrat hat in einer Stellungnahme seine Wünsche an den Kulturinfrastrukturfonds klar beschrieben.

 

Weitere Förderungen

 

Neben dieser direkten Förderung aus dem BKM kommen dem Kultur- und Medienbereich weitere geplante Vorhaben zugute. Dazu zählen unter anderem:

  • Senkung des Mehrwertsteuersatzes für sechs Monate von 19% auf 16%. Im Kulturbereich gilt auch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, beispielsweise für Bücher, der den Planungen zufolge von 7% auf 5% gesenkt werden soll
  • die Ermöglichung des steuerlichen Verlustrücktrags für die Jahre 2020 und 2021, der unmittelbar bei der Steuererklärung 2019/2020 finanzwirksam nutzbar gemacht werden soll, dies ist gerade auch für Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft wichtig
  • ein Programm für Überbrückungshilfen in Höhe von 25 Mrd. Euro, hier werden als Beispiele aus dem Kulturbereich namentlich aufgeführt Clubs, Träger von Jugendeinrichtungen, Unternehmen der Veranstaltungslogistik
  • die Verlängerung des vereinfachten Zugangs zur Grundsicherung bis zum 30.09.2020
  • ein Programm zur Stabilisierung gemeinnütziger Einrichtungen, hier werden u.a. Einrichtungen der Jugendbildung namentlich genannt
  • Ausbau der Digitalisierung, dazu zählt auch der Breitbandausbau, der für Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft, Kultureinrichtungen und gemeinnützige Kulturinstitutionen im ländlichen Raum vordringlich ist

 

 

Zentral ist für uns auch die Stärkung der Kommunen. Die Kommunen tragen 45 % der öffentlichen Kulturfinanzierung. Es ist daher wichtig, dass die Kommunen finanziell entlastet werden, damit sie nicht in den kommenden Jahren an der Kulturfinanzierung sparen müssen, sondern auch hier investieren können.

 

Natürlich ist das gestern Abend von der Bundesregierung beschlossene Hilfspaket nicht die Lösung all unserer Probleme, aber es ist eine deutliche Hilfe.

 

Enttäuscht zeigen sich Soloselbständige aus dem Kulturbereich, dass ihre Forderung nach einem fiktiven Unternehmerlohn bei den Hilfsprogrammen nicht berücksichtigt wurde. Das ist verständlich, wenn auch die Umsetzung der Forderung nicht einfach ist. Im Kulturbereich gibt es rund 436.000 Soloselbständige. In der allgemeinen Wirtschaft sind es rund 2.300.000 Soloselbständige. Wenn der Bund ein Programm zur Erstattung des fiktiven Unternehmerlohns auflegt, müssen die Gleichbehandlungsgrundsätze eingehalten werden. Bei einer monatlichen Berücksichtigung von nur 1.000 Euro als fiktiver Unternehmerlohn kämen sehr große Unterstützungsbeträge zusammen.

 

Auch sollen die von der Koalition geplanten Maßnahmen gerade auch dazu dienen, dass Aufträge an Künstlerinnen und Künstler sowie andere im Kulturbereich Tätige wieder vergeben werden können und damit wieder Einnahmen erwirtschaftet werden können.

 

Aber, das neue Hilfspaket der Bundesregierung muss ja noch durch das Parlament laufen, und kann dort natürlich auch verändert werden. Ich bin gespannt auf die Vorschläge aus den Fraktionen.

 

Bleiben Sie gesund

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 

 

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Pressemitteilungen des Deutschen Kulturrates

 

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Maßnahmen des Bundes

 

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Maßnahmen der Länder

 

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Hilfen aus dem Kultur- und Medienbereich

 

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Aus der Mitgliedschaft des Deutschen Kulturrates

 

Die Seiten mit Informationen aus den Mitgliedsverbänden des Deutschen Kulturrates wurden aktualisiert. Wenn Sie sich ein Bild von den vielfältigen Aktivitäten der Mitglieder des Deutschen Kulturrates machen wollen, informieren Sie sich hier.

 


 

Das gute Beispiel in der Krise

 

Auf Anregung von Johann Hinrich Claussen, Kulturbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), und von Hannes Langbein, Kunstbeauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO, startet der Aufruf: „Kirchen für Künstler – Künstler für Kirchen“

 

Seitdem Gottesdienste wieder möglich sind, gehören die Kirchen zu den wenigen öffentlichen “Veranstaltungsorten“. Das ist eine Chance auch für die Kunst. Vielen ist das nicht bewusst – weder den Kirchen noch den Künstlern. Dabei könnten Kunst- und Religionsfreiheit sich gerade jetzt wechselseitig helfen.

 

Die Corona/COVID19-Pandemie hat vor allem die Künstlerinnen und Künstler schwer getroffen: Insbesondere freiberufliche Musikerinnen, Schauspieler, Schriftsteller, Tänzerinnen, Performer, die von öffentlichen Auftritten leben, haben in der Krise binnen weniger Tage so gut wie alle Einnahmemöglichkeiten verloren. Sie haben aber auch kaum noch Chancen, ihre Kunst anderen zu zeigen. Seither warten sie auf die Wiedereröffnung von Theatern, Konzerthäusern, die auf sich warten lässt und allenfalls schrittweise erfolgen wird.

 

Dass die Kirchen mit ihren Gottesdiensten jetzt ein wunderbarer Ort für künstlerische Darbietung jeder Art wären, ist vielen noch nicht bewusst. Dabei könnte die Religionsfreiheit nun der Kunstfreiheit aufhelfen, indem Künstler die Chance erhalten, in Gottesdiensten „aufzutreten“: Musik, Lesung, auch szenische und performative Vollzüge. Man müsste ihnen dafür nur einen Freiraum im Gottesdienst geben.

 

Kirchen und Künstler könnten dieses Potential ohne allzu großen Aufwand nutzen. Kirchengemeinden könnten Künstlerinnen und Künstler verstärkt in ihre Gottesdienste einladen: Musiker/innen für instrumentale Zwischenspiele, kleine konzertante Interventionen, Schauspieler/innen und Sprecher/innen für Schriftlesungen oder szenische Elemente.

 

Als Gastgeberin kann die Kirche die großen Probleme vor allem freiberuflicher Künstler natürlich nicht lösen, zumal viele Kirchengemeinden nur ein kleines Budget zur Verfügung haben. Aber ein Zeichen dafür wie wichtig gerade jetzt die Künste sind, können sie setzen.

 

Eine wichtige Frage aber sollte vorher offen geklärt werden: Künstler haben ein Anrecht auf ein faires Honorar. Viele Kirchengemeinden haben hierfür nur ein geringes Budget. Doch es müsste möglich sein, Förderer zu finden.

 

Eine solche Kooperation könnte beiden Seiten aufhelfen: Den Künstlerinnen und Künstlern, die mehr denn je auf Auftrittsmöglichkeiten angewiesen sind. Und den Kirchen, die ohne Gesang mehr denn je auf eine ansprechende ästhetische Gestaltung von Gottesdiensten angewiesen sind. Idealerweise entstehen auf diese Weise bleibende Verbindungen und neue Vertrautheiten, die auch nach der Krise fruchtbar sein könnten.

 


 

Geschäftsstelle

 

Auch die Geschäftsstelle des Deutschen Kulturrates ist im Krisenmodus. Zum Schutz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Bevölkerung wird die Präsenz in der Geschäftsstelle teilweise verringert und soweit möglich auf mobiles Arbeiten von zuhause umgestellt. Sie erreichen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Zeit am Besten per Mail.


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