Sachsen: Solidarische Kulturfinanzierung

Sachsen: Kulturpolitik und deren Zukunft

Sachsen

  • Landeshauptstadt: Dresden
  • Gründung: 3. Oktober 1990
  • Einwohner: 4,07 Mio.
  • Fläche: 18.420,15 km²
  • Bevölkerungsdichte: 221 Einwohner pro km²
  • Regierungschef: Stanislaw Tillich (CDU)
  • Regierende Parteien: CDU und SPD
  • Nächste Wahl: Sommer 2019
  • Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst: Eva-Maria Stange (SPD)
  • Öffentliche Ausgaben für Kultur:  666,9 Mio. Euro/Jahr
  • Kulturausgaben je Einwohner: 164,50 Euro/Jahr
  • Kommunalisierungsgrad: 47,8 %

Der Zwinger, das Gewandhaus, die Semperoper … Ohne Zweifel ist Sachsen Kulturstaat! Dass Kultur Staatsziel ist, steht in der Landesverfassung des Freistaates. Und dass man eine „Kultur der Weltoffenheit, Pluralität und Toleranz“ als Voraussetzung für eine lebendige Kulturpolitik schafft, steht im sogenannten Kultur-Kompass. Diesen Wegweiser für die Kulturentwicklung in Sachsen hatte das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst 2009 herausgegeben, damals auf Anregung der Bundestags-Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“. Ohne Zweifel ist Sachsen aber vor allem ein Kulturstaat, der neben seinen beispielsweise eingangs genannten Leuchttürmen eben auch die Fläche im Blick hat.

 

„Wir sind ja gesegnet mit dem Kulturraumgesetz“, stellt Franz Sodann, kulturpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, grundsätzlich fest. Das Kulturraumgesetz stellt sicher, dass der Freistaat auch die „ländlichen Kulturräume“ mit Kulturförderung versorgt und tatsächlich konnte nach der Wende durch das Kulturraumgesetz vieles erhalten und gerettet werden. Seit 2008 ist das Gesetz nun landespolitisch entfristet. Es gilt sozusagen „für alle Zukunft“ und wenn man von kulturpolitischen Herausforderungen im Freistaat Sachsen sprechen will, dreht sich früher oder später eigentlich alles um dieses solidarische Prinzip der Kulturraumfinanzierung. Franz Sodann hat beim Blick in die Zukunft berechtigte, weitblickende Sorge, was das Kulturraumgesetz, kurz KRG, anbelangt. Doch fairerweise muss man sich zunächst einmal die Vorzüge vergegenwärtigen, die mit dem kulturpolitischen Kurs der Kulturräume einhergehen.

 

Weil nichts auf ewig hält, wurde beim Kulturraumgesetz eine verpflichtende Evaluierung festgeschrieben, die im Turnus von sieben Jahren zu erfolgen hat. Eine solche Evaluierung ist vor Kurzem erst abgeschlossen worden und in den Fraktionen werden derzeit die Ergebnisse dieser Bewertung diskutiert. Mehr Geld… das zumindest erscheint parteiübergreifend einhellig. „Im Koalitionsvertrag haben wir dazu schon Aussagen gemacht. Die Summe muss erhöht werden“, sagt Aline Fiedler, Sprecherin für Wissenschaft, Kultur und Medien der CDU-Fraktion im Landtag. Derzeit stehen 91,7 Millionen Euro zur Verfügung. Davon bekommen etwas mehr als die Hälfte die urbanen Zentren, also Leipzig, Chemnitz und Dresden, die andere Hälfte wird auf die fünf ländlichen Kulturräume ausgeschüttet. Dies sind Vogtland-Zwickau, Erzgebirge-Mittelsachsen, Leipziger Raum, Meißen-Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Oberlausitz-Niederschlesien. Die letzte Erhöhung der KRG-Mittel fand im Doppelhaushalt 2015/16 statt, damals um fünf Millionen Euro. Und Aline Fiedler verweist stolz darauf, dass nun abermals weitere drei Millionen Euro anvisiert seien. So gesehen: Die Zeichen stehen gut. Aber stehen sie auch gut genug, wenn man an die längerfristige Zukunft denkt?

 

Aline Fiedler geht die Frage recht pragmatisch an und verweist auf das Stichwort »Mobilität«. Die Möglichkeiten, die Menschen aus der Fläche, das Publikum zum Beispiel via Theaterbus zu den Spielstätten zu bringen, seien in Sachsen längst nicht ausgeschöpft. Oder umgekehrt, dass Ensembles mehr Gastspielvorstellungen in der unmittelbaren Region geben. Fiedler: „Oft gibt es das Problem etwa im Kinder- und Jugendtheaterbereich. Da bestehen tolle Angebote. Aber niemand finanziert den Bus, der die Kinder vom Land dort hinbringen würde.“ Wie sich sowas kulturpolitisch konkret regeln lässt, überlegt sich Aline Fiedler. Wirklich spruchreife Lösungen gibt es noch nicht, was – nachgefragt nach Herausforderungen der Zukunft – vollauf ok ist. Sie und die CDU-Fraktion arbeiten sich momentan an der Diskussion ab, ob das Thema kulturelle Bildung ins Kulturraumgesetz mit aufgenommen werden soll. In den letzten Jahren wurde viel über die weitreichende Bedeutung der kulturellen Bildung debattiert und ohne besondere gesetzliche Reglementierung haben auch viele Kulturinstitutionen oder Gruppierungen bereits von sich aus Angebote dazu ins Leben gerufen. Fiedler: „Wir haben in der Fraktion noch keine abschließende Meinung dazu. Ich persönlich hätte eine große Sympathie dafür, so eine Formulierung für die kulturelle Bildung im Kulturraumgesetz mit aufzunehmen.“

Sven Scherz-Schade
Sven Scherz-Schade ist freier Journalist in Karlsruhe und arbeitet unter anderem zu den Themen Kultur und Kulturpolitik für den Hörfunk SWR2.
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